Erfahrung mit Cruzbike Vendetta

Inzwischen kann ich auch erste Erfahrungen mit dem Cruzbike Vendetta berichten.
Mich interessiert vor allem die Bergtauglichkeit von dem Rad. Wer also lieber im Flachland fährt möge diesen Beitrag überspringen.

Mein erster Aufbau von dem Rad hatte eine 165mm Kurbel, vorne mit 50/34 Zähnen, und hinten 11-32 Zähne. Damit bin ich letze Woche eine Bergtour gefahren und kam zwar überall hoch, aber mir taten danach extrem die Knie weh. Also hab ich die Kurbel auf eine 152mm Kurbel mit 50/30 Zähnen umgebaut. Die niedrigste Gang mit 30/32 hat nun eine leichte Untersetzung, und die kürzere Kurbel fühlt sich auch viel kniefreundlicher an.
Damit bin ich gestern 140km vom Ruhrgebiet aus Richtung Sauerland gefahren, mit 2200 Höhenmetern, und laut Navi-Aufzeichnung maximale Steigungen von 29% (weiss nicht wie genau das ist, aber ein paar Stellen waren schon extrem steil).

Zum Rad: Der Vorderradantrieb funktioniert also auch noch bei extremem Steigungen. Aber: anfahren bergauf erfordert sehr viel Übung, und ist ab einer bestimmten Schräge gar nicht mehr möglich, weil das Vorderrad dann durchrutscht. In den untersten Gängen bekomme ich also beim Anfahren nicht genug Schwung, um dann das Standbein hochzunehmen und das Klickpedal einzurasten. Gestern hatte ich bergauf auf einer sehr engen Serpentinenstrasse ein Auto hinter mir, und ich konnte ohnehin nur mit Mühe überhaupt noch weiterfahren. Ein Anhalten und dann Weiterfahren wäre nicht möglich gewesen, ich hätte den Rest des Berges geschoben. Irgendwann gab es dann aber eine Stelle wo er mich überholen konnte.
Enge Serpentinen sind ohnehin etwas gruselig weil sie manchmal sehr steil sind, und dazu noch eine sehr enge Kurve gefahren werden muss, in der man nicht anhalten kann, ohne hinzufallen. Wenn man nicht sehr gefühlvoll tritt, fängt das Vorderrad an durchzurutschen. Da hilft nur Augen zu und weiterfahren.
Der Verschleiss am Vorderreifen ist nun auch schon deutlich sichtbar (im Vergleich zum noch brandneu aussehenden Hinterreifen). Ab 12km/h bergauf gibt sich das Durchrutschen, bei niedrigeren Geschwindigkeiten muss ich sehr gefühlvoll treten, um das Durchrutschen zu vermeiden. Aber das wird auch schon bei jeder Fahrt besser.
Schwierig wird es aber auch, wenn die Fahrbahn rutschig oder verschmutzt ist. Letzte Woche musste ich an einer Stelle bei über 20% Steigung absteigen, weil das Vorderrad keine Haftung mehr hatte, aber gestern kam ich überall hoch.

Nochwas zum Kurvenfahren: instinktiv raste ich bei sehr engen Kurven noch das innere Pedal aus, weil ich das vom Troytec so gewohnt bin. Auf der Vendetta ist das aber nicht nötig, weil die Füsse ja nicht ins Vorderrad kommen können. Ich musste mich also noch immer daran erinnern, dass es auf der Vendetta sicherer ist, beide Füsse eingerastet zu lassen, weil ich dann weiterhin treten kann, und leichter aus der Kurve rauskomme. Das erfordert aber immer noch etwas innere Überwindung.

Die Belastung der Arme beim Bergauffahren fühlt sich gar nicht so extrem an, und lässt mit wachsender Übung auch nach. Dennoch hatte ich letzte Woche nach der Bergtour noch deutlichen Muskelkater in den Armen, und gestern taten mir irgendwann auch die Handgelenke weh.

Insgesamt ist die Vendetta mit der entsprechenden Ausstattung ein sehr bergtaugliches Rad, solange man auf sauberen asphaltierten Strassen fährt (aber sie ist ja auch als Strassenrennrad gedacht, und nicht als Mountainbike). Mit Rennradkomponenten ist die bergtauglichste Übersetzung standardmäßig 50/34 vorne und 11-32 hinten. Das war für mich nicht ausreichend. Man muss also entweder hinten eine größere Kassette haben und dann den hinteren Umwerfer entsprechend umrüsten, oder das kleine Blatt vorne umbauen. Mit 50/30 vorne kommt der vordere Umwerfer noch klar, aber die Schaltung ist eigentlich nicht für so einen grossen Umfang gedacht.

Die Gepäcklösung von Cruzbike beinhaltet die Tailbox für ein Camelbak, und eine kleine Tasche im Rahmendreieck unter dem Sitz. Die Tailbox ist recht klein, und mit dem 2L Camelbak + Werkzeug + Flickzeug dann auch voll. Evtl. würde noch eine sehr dünne Regenjacke reinpassen, aber das wird schon sehr eng. Zusammen mit der Tasche unter dem Sitz ist aber genug Platz für eine Tagestour, sofern man nicht noch viele Anziehsachen für wechselnde Wetterverhältnisse mitnehmen will. Also ähnlich wie auf dem Rennrad.

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Vielleicht hat jemand einen Tip für mich:
Ich versteh nicht, warum das nicht gerade gebaut wird...
Unbenannt.jpg

Gruß, Harald
 
Der Grund ist der auf der Kettenstrebe sitzende Umwerferhalter, der beim Verstellen der Auslegerlänge irgendwann mit dem Ausleger kollidieren würde.
 
Ich versteh nicht, warum das nicht gerade gebaut wird...
Der Grund ist der auf der Kettenstrebe sitzende Umwerferhalter, der beim Verstellen der Auslegerlänge irgendwann mit dem Ausleger kollidieren würde.
evtl auch noch, dass der Lenker etwas tiefer kommt?

Genau. Die Lenkstange besteht aus zwei Teilen. Der untere Teil ist gebogen, damit der Umwerfer Platz hat. Den oberen Teil gibt es sowohl gerade als auch gebogen. Der gebogene obere Teil wird für kleinere Fahrer (wie mich) empfohlen, damit der Lenker noch etwas tiefer kommt. Er kann auch nach oben gedreht werden, damit der Lenker für sehr dicke Fahrer noch mehr nach oben kommt.
 
Damit bin ich gestern 140km vom Ruhrgebiet aus Richtung Sauerland gefahren, mit 2200 Höhenmetern, und laut Navi-Aufzeichnung maximale Steigungen von 29% (weiss nicht wie genau das ist, aber ein paar Stellen waren schon extrem steil).

29% Steigung ist natürlich Quatsch, und das halte ich mit dem Vorderradantrieb auch nicht mehr für fahrbar. Leider ist es recht schwer, zuverlässige Höhenangaben für seine Strecke zu finden. Jedes online und offline Tool zeigt da was anderes an. Ich schätze mal dass ich mit der Vendetta bislang allenfalls kurz an der 20% Marke gekratzt habe.

In Portland gibt es eine unter Radfahrern sehr bekannte und gut vermessene Stelle, die über 20% Steigung hat, und teilweise sogar bis zu 30%:

Mit dem Troytec bin ich da hochgekommen, aber nur wenn es trocken war, und an Anhalten war auch nicht zu denken. Bloss die kurze Kurve am Schluss mit 28% hatte ich mich nicht mehr getraut.
Ein Liegerad-Highracer mit Klickpedalen ist halt bergauf nur sehr schwer anzufahren, egal ob mit Vorder- oder Hinterradantrieb, weil man nicht genug Schwung bekommt, um das Standbein hochzunehmen und einzurasten. Ausserdem ist das Anhalten auch sehr gruselig, weil man kaum Zeit hat, die Füsse auszurasten und auf den Boden zu bekommen bevor man umkippt. Wenn man die extreme Steigung also einmal angefangen hat, gibt es kein Zurück mehr, weil man nicht mehr anhalten kann, bis man oben ist (ausser es gibt zwischendurch flache Stellen wo man kurz Pause machen kann, so wie in dem Video). Da ist ein normales Fahrrad deutlich im Vorteil, weil die Füsse einfach viel näher am Boden sind.
 
Zuletzt bearbeitet:
In Donaustauf bei Regensburg gibt's eine mit 20%-Steigung ausgeschilderte Straße, was auch im Rahmen dessen ist, was Garmin Edge, Wahoo Bolt bzw Strava-iPhone-App angeben.
Da komme ich mit dem MTB nur rauf, wenn ich mein Gewicht nach vorne verlagere. Sonst hebt mein Vorderrad ab. Auf dem Liegerad stelle ich mir das unmöglich vor, ohne hinten runter zu fallen.
 
Auf dem Liegerad stelle ich mir das unmöglich vor, ohne hinten runter zu fallen.

Das Troytec hat ja einen relativ langen Radstand, und als ich damit die in dem Video gezeigte Strasse in Portland gefahren bin, war es trocken, und ich hatte 28mm breite Reifen drauf. Die Übersetzung war vorne 24 und hinten 28 Zähne. Damit kam ich den Berg hoch, der ja laut Video bis zu 30% Steigung hat.
Mir ist es früher mit dem Kurzlieger (Nöll SL4L) allerdings tatsächlich mal passiert, dass ich am Berg nach hinten umgekippt bin (ich fahr halt gerne sehr steile Berge).
 
Mir ist schleierhaft warum der Umwerfer ein extrarohr (Röhrchen) beim V20 spendiert bekommt. wenn das obere Rohr gerade beim Tretlager rauskäme wäre es doch genau die Geometrie wie beim normalen RR nur gedreht, dann könnte der Umwerferhalter doch ans dicke obere Rohr?
Würde schöner aussehen und wäre doch einfacher herzustellen (keine Biegungen im oberen Rohr nötig)
Wenn ein V20 dann noch maßgeschneidert wäre, könnte auch die Radaufnahme vom VR einfacher gestaltet werden, da Gabel und Kettenstrebe fest verbunden werden könnten so wie bei den MBB Eigenbauten, dann gäbe es eine Achsaufnahme wie beim Up und fertig wär dat janze... Dann könnte man eher eine gute technisch einfache Sitzverschiebung von +- 5cm einbauen. (Das wäre auch nicht zuviel SChwerpunktverschiebung)
Das würde die Blutrachedürstigen Raser doch beim Plattfuß flicken am VR des V20 sicher freuen- Grüße HFKLR
 
Mir ist schleierhaft warum der Umwerfer ein extrarohr (Röhrchen) beim V20 spendiert bekommt. wenn das obere Rohr gerade beim Tretlager rauskäme wäre es doch genau die Geometrie wie beim normalen RR nur gedreht, dann könnte der Umwerferhalter doch ans dicke obere Rohr?

Das wurde im Cruzbike Forum erklärt. Die ersten Vendettas hatten tatsächlich ein gerades Lenkerrohr und den Umwerfer daran befestigt. Das Problem ist nun, dass der Vendetta Rahmen mit einer Rahmengröße für möglichst viele unterschiedlich große Fahrer passen soll. Deshalb ist das Lenkerrohr in der Länge verstellbar, und dabei ändert sich der Winkel zwischen Lenkerrohr und Kettenstrebe. Das hat zur Folge, dass der Umwerfer dann nicht mehr im richtigen Winkel zur Kette steht.
Aus diesem Grund wurde die aktuelle Konstruktion eingeführt, wo Umwerferhalter und Lenkerrohr entkoppelt sind.
 
Auf dem Liegerad stelle ich mir das unmöglich vor, ohne hinten runter zu fallen.
20% sind grade mal 11,3 °. Ich besitze kein Liegerad, das so schnell kippen würde. Am Upright passiert das u.a. deswegen, weil man am Lenker zieht und somit das Vorderrad stark entlastet.
Ich weiß nicht wie das mit Stickbikes ist, aber selbst meinen ersten Kurzlieger bin ich 24% hochgefahren - weil er 28/34 hatte auf 28" :)

Gruß,

Tim
 
Die ersten Vendettas hatten tatsächlich ein gerades Lenkerrohr
Nein, das Röhrchen und den gebogenen Ausleger gab es von Beginn an. Hier die Ur-Vendetta von @pjotr320 , die inzwischen bei mir wohnt.
Bei den Einstiegsmodellen gab es dünnere Rohre mit direkt montierten Umwerfern, oder auch nur mit einem Blatt, weil die Umwerferei so nicht gut funktioniert.
 
Nein, das Röhrchen und den gebogenen Ausleger gab es von Beginn an.

So genau kenn ich mich mit der Geschichte der Vendetta nicht aus. Ich hatte im Cruzbike Forum irgendwo was genau zu der Frage mit dem vorderen Umwerfer gelesen, und da kam die Erklärung, dass die ersten Prototypen eben den Umwerfer direkt am Rohr hatten, und dass dabei eben der Winkel vom Umwerfer zur Kette beim Verstellen des Lenkerrohrs nicht mehr stimmte. Den genauen Beitrag finde ich grad nicht mehr, aber hier ist ein Vendetta Prototyp (also noch ein Modell vor dem was Du dann als Serienmodell hattest):

55_6bba4bd0d7881edf659bd755cdfacb89.jpg
 
Hast recht, der Hauptrahmen scheint tatsächlich noch älter zu sein. Dann hatten sie erst das Vorderteil vom Silvio dran, mit der Federung im Gabelschaft. Meine war allerdings so prototypartig, dass ich nicht den Eindruck hatte, davor könnte irgendwas gewesen sein. Handgesägte Schlitze in den Strebenenden, Schweißnähte im Bereich der hinteren Achsaufnahme, ungleich hoch angebrachte Ausfallenden usw.
Hast Du zufällig ein Datum zu dem Foto?
 
Hast Du zufällig ein Datum zu dem Foto?

Das Foto ist möglicherweise von 2009: https://cyclingexperiences.com/2009/09/25/john-tolhursts-vendetta-prototype/
Das ist aber auch nur ein Blog-Artikel, keine Ahnung ob darin das Originalbild ist, oder ob er das auch nur irgendwo her hat...

Wahrscheinlich ist das hier doch das Original: http://cruzbike.com/forum/threads/vendetta-prototype-first-pic.2241/
[DOUBLEPOST=1523898586][/DOUBLEPOST]Jetzt hab ich doch grad noch wieder den Beitrag gefunden, der erklärt, warum die Banane krumm ist: https://cruzbike.com/forum/threads/why-is-the-adjustable-front-boom-curved-on-the-s40-and-v20.12122/
 
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Inzwischen bin ich schon ein paar hundert Kilometer auf der Vendetta gefahren. Dabei hatte ich inzwischen nicht mehr den Eindruck, dass ich mit den Armen viel mache (ausser am Berg).
Gestern bin ich dann wieder mal mit dem Troytec gefahren, und war überrascht, dass ich auf den ersten paar hundert Metern Schlangenlinien gefahren bin. Meine Hände hatten auf der Vendetta inzwischen gelernt, die Pedalbewegung auszugleichen, und immer auf der gegenüberliegenden Seite vom tretenden Fuss zu ziehen. Das war schon so automatisch, dass ich es nicht mehr bewusst wahrgenommen hab. Auf dem Troytec brauchte ich dann ein paar Minuten, bis ich wieder geradeaus fahren konnte ohne die Lenkerausgleichsbewegung zu machen.
 
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Das mit dem rumeiern nach dem Umstieg aufs heckangetriebene Liegerad hab ich auch schon genossen.
Die Beschreibung mit der gegen Bewegung der arme zu den beinen hat mich aber verwirrt
Ich müsste nochmal nachgucken aber ich meine ich mach es genau anders rum. Wenn ich beim Treten z.B. Linke Seite 12 Uhr Stellung reintrete würde das Rad ja eine Rechtskurve fahren wollen. Diesen Impuls muss ich verhindern, indem ich mit dem linken arm ziehe nicht mit dem gegenüberliegenden...
Sonst würde ich das Ich will um die Kurve fahren noch verstärken oder?
 
Die Beschreibung mit der gegen Bewegung der arme zu den beinen hat mich aber verwirrt
Ich müsste nochmal nachgucken aber ich meine ich mach es genau anders rum.

Ja Du hast Recht. Meine Beschreibung war falsch rum. Ich hatte letztlich beim Fahren der Vendetta nochmal drauf geachtet, und ich ziehe natürlich mit dem Arm auf der gleichen Seite auf der ich trete. Das Rumeiern auf dem anderen Rad hatte mich einfach komplett verwirrt.
 
Wie ist das eigentlich bei Euch MBB-Fahrern, fahrt ihr mit Klickpedalen? Bei den Bikes auf Fotos waren diese ja häufig montiert...

Ich könnte mir vorstellen, dass das sehr belastend für die (Knie-) Gelenke ist... (?)
 
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