den Rest erzähl ich später.
So, jetzt ist es was später, also möchte ich Euch meine Sicht auf den 400er Brevet, auch bekannt als 4-Startpunkte-Runde ab Venray darlegen:
Am Samstag den 24.9. wurde, vielleicht zum letzten Mal, der 4-Startpunkte-Brevet ab Venray veranstaltet. Dieser Brevet stand schon seit Anfang des Jahres auf meinem Plan, denn er sollte mir zum ersten Mal in meiner Radler Laufbahn den Abschluß einer Super-Randonneur Serie ermöglichen. Da ich mit dem VM anreise, kamen nicht viele alternative Veranstaltungen in Frage und terminlich passten die Touren im Umkreis leider nicht.
Die Vorzeichen für meine Planung standen allerdings ziemlich schlecht, denn nur zwei Wochen vor diesem Termin durfte ich das Bett hüten und war nicht in der Lage ein Rad zu fahren. Die Zeit in der Waagerechten wurde natürlich zum Grübeln genutzt, ob ich aus dem Stand heraus überhaupt fähig wäre, die insgesamt knapp 500km Strecke inklusive An- und Abfahrt zu stemmen. Die Tracks waren schon auf dem Garmin vorbereitet, im Original einmal auf sechs Einzelteile verteilt und gesamt auf einer Runde verbunden zur einfacheren Navigation. (dazu kommt noch was...)
Mit meiner Frau hatte ich am Freitag Abend dann die Übereinkunft, ich fahre zum Einstieg die Strecke von ca. 45km nach Venray und begrüße die Szene. Auf der Strecke sollte ich merken können, ob ich wieder fit bin, und sollte ich nicht starten, könnte ich ja Brötchen zum Frühstück mitbringen. Tja, meine Frau sollte erstmal hungern müssen... Obwohl der Start für 09:00 Uhr angezeigt war, klingelte mein Wecker um 05:30 Uhr. Mir blieb noch Zeit, den Inhalt der Taschen zu prüfen, Getränke, Werkzeug usw. ein paar Reserve-Klamotten mussten reichen, Futter bekommt man ja quasi überall eingekauft. Auf leisen Sohlen bin ich also gegen 06:00 Uhr in die Garage geschlufft. Schnell noch zwei Reservereifen in das Strada gepackt, den Luftdruck nochmals kontrolliert und mit leicht flauem Gefühl im Bauch um 06:15 Uhr losgerollt. Zeit sollte ich ausreichend eingeplant haben, mein Track meldete mir knappe 45km Anfahrt inklusive einer Fähre, was selbst mit einer kleinen Panne zu schaffen sein sollte. Allerdings wollte ich es auch betont gemütlich angehen lassen, nur kein Risiko eingehen. Außerdem war die Sicht ziemlich bescheiden, Nebel mit Sichtweiten von manchmal knapp 50-100m war angesagt.
Ziemlich zeitig um 08:00 Uhr traf ich dann, an der mir bis dahin unbekannten Tankstelle an der A73 ein und konnte aus der Ferne schon
@RaptoRacer ausmachen. Ich war also nicht alleine so früh aufgestanden, ein paar andere Verwegene hatten die gleiche Idee verfolgt. Auch Jan, der Veranstalter traf kurze Zeit später ein und ein paar nette Gespräche später mit
@RaptoRacer,
@Landradler, Hermann vom RC Leverkusen, Boris aus Rüdesheim und noch einigen mehr ging es ziemlich pünktlich um 09:00 Uhr auf die Piste. Wie beim letzten Mal war erstmal Einfühlen angesagt. Gerne rolle ich das Feld von hinten auf, lasse erstmal die anderen losfahren und beobachte deren Verhalten, damit ich nicht noch ein zusätzliches Loch in die Hülle bekomme. Nach ein paar Kilometern strecke löste sich aber eine Gruppe aus drei Rennradlern und
@RaptoRacer, die eine Schlagzahl von über 30km/h vorgaben. Einige Male standen auch über 40km/h auf dem Tacho, die ich in diesem Moment auch gerne mitgerollt bin. Da ich im Strada nicht ganz so sehr auf Windschatten angewiesen bin, hielt ich mich ein wenig im Hintergrund, wollte die Kollegen nicht noch mehr anspornen. Einer der Renner fiel kurze Zeit später etwas zurück und verschwand im Nebel.
@RaptoRacer schob dann elegant nach knapp 40km eine P-Pause ein, die Renner waren mir über einen schmalen Waldweg entkommen, da viele Spazierfahrer und Fußgänger unterwegs waren und ich mit dem Strada-Schwertransporter keinen Platz zum Überholen hatte. Ein paar Kilometer später hing ich aber wieder an den Ups dran und folgte unauffällig, vom Rappeln auf Kopfsteinpflaster mal abgesehen. Aber an der Steigung zur Thompson Brug über die Maas, verlangsamten die Kollegen plötzlich drastisch und schauten recht fragend umher, hatten nämlich Probleme mit dem Track, endete doch einer davon mitten auf der Piste bei Kilometer 47. Meiner Aufforderung mir zu folgen, da ich alle Tracks zu einem verbunden hatte, kamen die beiden nicht nach, also zog ich von dannen und näherte mich schnell dem Kontrollpunkt 1 bei KM105 in Scherpenzeel.
Wer mich an KP1 begrüßte, kann ich leider nicht mehr sagen, dort war ich jedenfalls als Erster angekommen und wurde mit einem Kaltgetränk und einer Waffel und Kuchen versorgt. Und scheinbar hatte man zuviel Kaffee aufgeschüttet, denn dazu wäre ich fast genötigt worden. Nur kurze Zeit später trafen dann auch die beiden RR ein und auch der dritte war wieder dabei. Ich verabschiedete mich also in Richtung Zwolle, welches nach 194km zu erreichen war. Da es bis zu diesem Zeitpunkt so gut gelaufen war, war ich guter Dinge und wollte auch den Rest zügig fahren. Bis zum Sonnenuntergang wäre zwar nicht mein Plan gewesen, aber 400km mit einem Schnitt von 30km/h zu fahren zumindest nicht ganz abwegig (und noch weit von z.B.
@jostein entfernt) Aber ich wurde schmerzhaft an meine Verletzlichkeit erinnert, denn nach 130km begannen plötzlich beide Knie zu ziepen. Also habe ich den Druck von den Pedalen genommen und bin gemütlich mit 25-30km/h durch die Lande gerollt, was aber leider nicht von Erfolg gekrönt wurde. Als dann bei ungefähren 160km auch noch der Track auf dem Garmin verschwand und nur noch sichtbar werden wollte, wenn ich das Display auf 12km ausgezoomt hatte, war meine Laune auf einem Tiefpunkt. Hätte mir jemand an der Stelle einen Transport für das VM zugesagt, ich hätte aufgegeben.
Den Track habe ich innerhalb von 10 Minuten nicht wieder sichtbar bekommen, konnte mir nur damit behelfen und Garmin aus dem Track eine Route erstellen lassen. Zum Glück hatte ich auch ein paar Schmerztabletten in der Tasche, damit verfolgte ich den Plan bis nach Zwolle zu fahren und ggf. einen Notruf zu tätigen und vielleicht in Zwolle zu übernachten. Als die Wirkung der Tabletten so langsam einsetzte, war mir zumindest die Möglichkeit gegeben, dass ich die Knie bewegen konnte. Also möglichst OHNE Druck fahren, dafür aber große Gänge und wenig Kurbelumdrehungen. Eigentlich fahre ich immer mit hoher Kadenz um und über 90 U/min, somit schon ziemlich ungewohnt und blöd schmerzhaft. Kurze Zeit später hatte ich eine Pause nötig und war sicherlich von allen restlichen Startern eingeholt worden und quälte mich nach Zwolle. Dort traf ich überrascht auf Allert von velomobiel.nl und Eva aus dem selben Hause gehörte wohl mit zum Starterfeld, hab sie aber später nicht mehr gesehen. Auf jeden Fall wurde ich herzlich in Zwolle willkommen, die Wasserflaschen wurden aufgefüllt, Kaffee und Cola getrunken und eine längere Pause von gut 20 Minuten eingelegt. Das Laufen klappte mit den Knien überraschend gut, die Schmerzen ließen ein wenig nach und so fasste ich den Entschluss den Brevet zu Ende zu fahren. Die Entscheidung fiel mir auch relativ leicht, denn bis zu Hause wäre die Strecke wohl exakt so lang gewesen.
Beim Auschecken traf ich dann auf Hermann aus dem RC Titan Leverkusen, dem ich von meiner Einschränkung erzählte. Wir machten uns also zusammen auf den Weg zu KP3 in Boekelo, bei jetzt schönstem Herbswetter am Overijssels Kanaal entlang. Leider ist der Weg zu schmal um nebenher zu fahren, aber Sonne, Wasser und Wind um die Ohren... was braucht man mehr? Ganz auf dem Schirm habe ich die Uhrzeit nicht mehr, aber kurze Zeit später näherte sich der Sonnenuntergang und damit auch ein wenig Kälte. Natürlich hatte ich nicht mit dieser Schleichfahrt gerechnet, eigentlich sauniere ich im VM täglich, und jetzt bei knappen 20km/h wurde mir ziemlich kühl, was wohl auch der Müdigkeit geschuldet war. Ohne den Schaumdeckel hätte ich mir bestimmt auch noch eine Erkältung zugezogen, das hätte ich vermeiden können. Zwischen KP2 Zwolle und KP3 in Boekelo liegen 90km, die mit der Ablenkung und moralischer Unterstützung meines Mitradlers recht schnell erledigt waren. Schnell allerdings nicht auf die Geschwindigkeit bezogen, sondern auf die Zeit. Bergauf bzw. Hügelauf standen bei mir nämlich nur noch um die 5km/h auf dem Tacho... nur leichte Gefällstrecken waren entspannend, da konnte ich die Kiste schön rollen lassen. Allerdings hat ich der Heuvelrug in einem Nationalpark auch einige Tränen gekostet. Einige Anstiege mit ca. 3-5% konnte ich noch schlucken, aber nach einer 10%igen Gefällstrecke folgte eine senkrechte Wand für mich. Selbst mit 30 auf 32 Zähne musste ich auf alle Zähne beißen, damit ich nicht rückwärts wieder runter rollte.
Noch am Samstag gegen 21:00 Uhr trafen wir zusammen in Boekelo ein und haben es uns in der Kneipe erstmal gemütlich gemacht. Wir genossen das niederländische Nationalgericht, Frikandel und Friet Spezial mal wieder mit Cola und hielten uns dort für eine Stunde auf. Wasser in die Flaschen, Wasser ins Gesicht, noch eine Tablette in den Kopf, mal eben einen Ölwechsel gemacht und wieder rein ins VM. Ein paar anwesende Niederländer hatten solch ein Ufo auch noch nie gesehen und stellten die üblichen Fragen. Die typisch ungläubigen Gesichter, wenn man erzählt, dass man erst 300km von 500km gefahren ist... unbezahlbar.
Also auf zur letzten Etappe, mit 120km das längste Stück des Tages. Dunkel, kalt, nebelig... müde... bäh, schon wieder ein Tiefpunkt. Auf dunklen, schlecht erkennbaren Wegen folgten wir dem Track in Richtung Deutschland. Hin und wieder waren nun auch andere Randonneure auf den Wegen zu sehen, allerdings konnte ich durch die unterschiedlichen Startpunkte nicht mehr unterscheiden, ob ich jemanden vorher schon mal gesehen hatte. Kurze Zeit später durften wir durch eine Baustelle stapfen, die Fahrbahn war nicht mehr vorhanden, eine Umleitung wurde zwar angesagt, aber ein Schild habe ich nicht finden können. Ab 24:00 Uhr nutzen wir häufig nur noch die Fahrbahn, da auch niederländische Radwege im Dunkel und Nebel nicht so gut erkennbar sind. Das erweckte aber auch gleich die Aufmerksamkeit der Politie und die verscheuchte uns (kostenlos) wieder auf den Fietspad. Hätten die uns vorher bei unser Raserei in der nächtlichen Fußgängerzone gesehen... hmmm... das hätte eine Maut kosten können.
Um 0:50 Uhr gönnten wir uns noch eine warme Mahlzeit in Isselburg. McDoof hat dort am Freitag und Samstag wohl rund um die Uhr geöffnet. Scheinbar hatte die Belegschaft aber nicht mit größerem Andrang gerechnet, war doch nur eine Kasse geöffnet und dort eine Schlange von locker 20 Mann anstehend. Eigentlich halte ich ja nicht viel von McD, aber nach 340km schmeckte das Zeug einfach göttlich... und da die Tabletten ihre Arbeit leisteten, war ich guter Dinger, auch nach Hause zu kommen. An die Kilometer von McD nach Venray kann ich mich aber kaum noch erinnern, über den Rhein, viele Male das Schild Uedem gelesen, am Weezer Flughafen vorbei und wieder in Richtung Niederlande. Tja, und um 03:50 Uhr trafen wir dann auch endlich in Venray ein. Trotz Schmerzen war der Brevet nach knappen 19 Stunden geschafft. Es wartete schon Jan, der mich eigentlich viel früher erwartet hatte und uns herzlich begrüßte. Es war vollbracht, damit hab ich den Super-Randonneur erfahren und hab eine komplette Medaillen-Reihe im Regal stehen.
Gegen 04:30 Uhr machte ich mich dann glücklich auf den Rückweg, hab den Track nach Hause geladen, welcher wegen fehlender Fähre nun 50km lang sein sollte. Tja, und dann schaut man im müden Kopf zur falschen Zeit in die falsche Richtung und folgt dem falschen Track... also bin ich Pannemann erstmal 30km der Brevet-Strecke rückwärts gefolgt. Natürlich fand ich das komisch, aber ich hatte im Brouter extra die vierte Strecke ausgewählt, damit ich nicht immer die selben Strecken zu sehen bekäme. Und das kostete mich jetzt die letzten Körner, denn erst bei einer weiteren P-Pause habe ich den Garmin um Rat gefragt und habe eine neue Strecke nach Hause errechnen lassen. Tja, nach 30km sollten es jetzt nochmal 47,2km werden. Schöne ScheiXXe... aber zu spät zu fluchen, langsam fallen mir die Augen zu.
Kurz vor 08:00 Uhr traf ich also am Sonntag morgen wieder am Heimatort ein, und konnte somit also doch noch meine Familie mit frischen Brötchen überraschen – wenn auch einen Tag und gute 520km später.
Bestimmt hab ich ne ganze Menge vergessen... genau wie Fotos auf der Tour. Ganze drei Bilder hab ich mit dem Handy gemacht... vielleicht kommt ich demnächst auch noch dazu, diese hier zu zeigen. Jetzt ist es so spät, dass ich mich nach der Waagerechten sehne...