AW: Cyclevision - Was ist Renntaktik?
Moin moin,
wie Felix weiter oben schon geschrieben hat, bin ich mit dem Baron unverkleidet unterwegs - und habe allerdings mit 40 mein erstes Rennen bestritten und daher weniger die Ambitionen und Möglichkeiten ganz vorne zu landen. So bin ich jetzt ein paar Mal die Rennen in Köln/Langenfeld sowie die CycleVision gefahren. Für mich interessanter sind die Vergleiche meiner eigenen Ergebnisse zwischen den Jahren.
Ich fahre ohne Puls- und Leistungsmessung und habe heuer auch nicht das Rad mit dem Nabendynamo gewechselt oder die Alltagsausrüstung demontiert.
Zur Taktik ist in den vorherigen Posts ja schon ne Menge drin, was ich volll bestätigen kann.
1. Ich fahre ohne Pausen (Ausnahme Plattfuß in Tilburg).
2. Ich versuche mit gleichmäßiger Leistung zu fahren, durch die Rennatmosphäre eher etwas übermotiviert oberhalb des Ideallevels ;-)
3. Suche mir eine Gruppe, in der ich im Windschatten an meiner Dauerleistungsgrenze bin.
4. Bei längeren Rundkursen, bei denen eine Runde schon ergebnismäßig ins Gewicht fällt, ruhig auch Mal am Anfang versuchen im vorderen Bereich des Feldes fahren, um dann beim Sortieren sich an eine schnelle LowRacer Gruppe dranzuhängen.
Auf der Bahn ist mir das allerdings zu gefährlich. Da fahre ich hinten los, halte mich aus dem Getümmel heraus und schau Mal, wer mich dann überrundet.
Ich habe festgestellt, dass mir das häufige Wechseln der Geschwindigkeit zunehmend schwerer fällt, was dann schwierig ist, wenn eine Gruppe unrythmisch fährt.
Das hat dies Jahr beim 6h Rennen aber sehr gut geklappt, wie man an der von Felix zitierten Geschwindigkeitsgrafik sieht.
Ich habe fast 5l Apfelschorle und Zuckerwasser in 2 am Sitz befestigten Camelbags
mitgenommen (sollte bei gleichmäßiger Geschwindigkeit nicht so ins Gewicht fallen) und 3 Bananen, 4 Riegel in die Trikottasche.
Ich hab mich gleich in der schnellen 4 bis 5-köpfigen Unverkleideten-Gruppe mit auch BernhardB einsortiert und wir sind gleichmäßig zwischen 42 und 43 gefahren.
Vorne 2 unverkleidete (RobertC und ...), die zusammen gefahren sind und den Sieg bei den Unverkleideten angepeilt und auch geschafft haben. Dahinter dann unser singender Spaßvogel Bernhard und ich.
Dann fing er an zu singen und ließ auf Position 3 fahrend abreißen. Bernhard und ich sind dann wieder zu gefahren und waren jetzt zu viert. Dann haben die beiden vorne die Führung an mich abgegeben und eine Runde später hab ich dann Bernhard vorbeigelassen.
Ich hatte mich nun auf eine regelmäßigen Führungswechel z.B. nach jeder Runde eingestellt - wurde aber nichts, da Bernhard jedesmal nach dem Hügel wieder so angezogen hatte, dass ich Mühe hatte hinterher zu kommen.
Dann ein Plattfuß beim Midracer, der sich einen Runde später wieder einsortierte. Und dann haben sich die 2 hinter Hans WesselsQuest geklemmt und die Gruppe gesprengt. Angenehmerweise ist Bernhard auch sitzen/liegen geblieben und wir sind gleichmäßig weitergefahren und haben Ellen noch auchgesammelt.
Zwischen so 2 erfahrenen Rennfahrern wie Bernhard und Ellen zu fahren, ist mir sehr angenehm. Da ist das Risiko von Unfällen deutlich geringer. Da bei solch langen Anstrengungen die Konzentrationsfähigkeit bei allen nachlässt, ist mir hier die Nähe von wild schaukelnden und übermotivierten Mitstreitern eher suspekt.
RobertC und sein Mitstreiter wurden übrigens auch auf der Brücke von Freundin EmmyB versorgt, meine Kinder waren auch vor Ort und haben mich Runde für Runde angefeuert und waren auch froh, mir nach 5 Stunden endlich eine Flasche reichen zu dürfen - hatten sich aber nicht auf die Fahrbahn auf die Brücke getraut. Beim nächsten Mal können Fahrer ohne eigene Supporter sie gerne ansprechen, hier einzuspringen. Das macht das Ganze für sie auch spannender.
Nachdem die 2 ihren Rundengewinn geschafft hatten, gings wieder zu 5. weiter und dann zu 6. nachdem sich Magnus noch angeschlosen hatte. Eine Tempoverschärfung haben wir dann noch Mal gekontert und dann war Ruhe ;-)
Ich hatte in den ersten 4 h nie das Gefühl, über mein Limit zu fahren.
Halbwegs entspannt konnte ich auch gut das spannenden Geschehen an der Spitze und die Entwicklung der Abstände der Spitzenfahrer beobachten insbesondere auch die starken Leistungen von Rene und Wulf.
Leider ereilte mich dann nach 4:15h eine kleine Schwächephase und mir wurde leicht flimmerig als ich den Jungs bergab folgen wollte. Da habe ich dann vernünftigerweise abreißen lassen und bin mit 35-36 weitergefahren, hab noch etwas mehr getrunken und gegessen und auf den 2. Wind gewartet.
Der kam leider nicht, vielleicht hat es auch daran gelegen, dass ich die 2 Wochenenden zuvor lange und schnelle Brevets gefahren bin und noch nicht vollständig regeneriert war.
So bin ich dann die letzten 100 min. mehr oder weniger alleine gefahren und dabei festgestellt, dass RobertC dann irgendwann auch hat abreißen lassen müssen und mein Tempo gefahren ist, d. h. ich habe ihn nicht mehr gesehen. Der Midracer ist mit Bernhard aber noch 2 Mal vorbeigekommen und hat sich dadurch wieder vor mich auf Platz 2 bei den Unverkleideten geschoben.
Was mich am Ende mehr gefreut hat, war der Schnitt von 40,5 km/h (auch begünstigt durch den neuen Streckenbelag) und die Tatsache, dass sich keinerlei Krämpfe oder übermäßiges Erschöpftsein breit machte. Nach Duschen, Siegerehrung und Einpacken - konnte ich die Kinder&Krempel locker und sicher nach Hause kutschieren...
Bis demnächst - Hajo