Dynamischer Rollwiderstand: Ursache?

Hier wird der Rollwiderstand vor allem mit der Hysterese des Gummis erklärt, d.h. dass er nicht sofort zurückspringt, sondern zeitlich etwas verzögert.
Hysterese ist für den beschriebenen Vorgang (viskose Reibung im Gummi) eigentlich der falsche Begriff. Bei echter/reiner Hysterese ist die Fläche zwischen den Kurven der Hin- und Rückbewegung konstant, bei Reibung wird sie mit zunehmender Geschwindigkeit größer. Das Ergebnis ist ähnlich, nur ist es von der Verformungsgeschwindigkeit abhängig.

Wie sich die Verformung in der Aufstandfläche gestaltet und auswirkt, hängt von der Karkasse ab. Im Video wird der Reifen unten einfach flacher, d.h. die Lauffläche müsste sich verkürzen. Das kann man bei Stahlgürtelreifen aber ausschließen, oder? Es müsste sich ein leichter Wulst vor der Aufstandsfläche bilden (in geringerem Maße auch dahinter), und die Seitenwand wird nicht nur ausgebeult, sondern auch leicht diagonal verzerrt. Bei Diagonalreifen dagegen ist eine Verkürzung der Lauffläche bei gleichzeitiger Verbreiterung möglich.
 
Wenn ich @ChristianW richtig verstanden habe, geht es beim Diagonalreifen nicht nur um die Walgung an den Aufstandsflächenrändern, sondern auch noch um die Walgungen innerhalb der Aufstandsfläche und dann auch einer zusätzlichen Reibung mit dem Asphalt, innerhalb der Aufstandsfläche.
Genau. Wobei ich über mögliche Reibung durch Verformung des Gummis mit dem Asphalt noch gar nicht nachgedacht hatte.
Könnte aber auch noch dazu kommen.
 
Hier mal eine bebilderte Erklärung der Unterschiede beide Reifentypen bei Motorrädern (Englisch):
Interessant der Vergleich der Aufstandsflächen.
 
wieso sollte sich ein fahradreiffen gleich oder ähnlich verhalten wie ein auto reiffen ?
ich denke das kann hier nicht als vergleich herangezogen werden weil ja ganz andere geschwindigkeiten im spiel sind und der autoreiffen
eine metallgewebe einlage hat.
des weiteren sind ja für velo/motorad, weil man sich neigt, ganz andere ansprüche an die verformung des reiffens gegeben.
da aber ein velomobil sich in der regel nicht neigt, gibt es sicher nicht die "idealen reiffen" auf dem markt.
ergo hat es da sicher entwicklungspotentiahl, im behindertensport werden ja jeweils extra reiffen hergestellt für die olympiade und WM,
für die mehrspurigen rennvelovariationen.
 
Sind das denn Radialreifen? Ich habe versucht, etwas über den Aufbau zu finden - leider erfolglos.
Ich sehe nur die Abflachung der Lauffläche - aber das kann sich ja auch einfach auf das Gummi beziehen.
Ganz sicher keine Radialreifen. Wären es welche würde Schwalbe damit werben. Außerdem waren die Tryker nie als schnell bekannt.
 
Ein Effekt, dem hier bisher noch keine Beachtung geschenkt worden ist, ist die einseitige Belastung unserer Reifen durch den grossen Sturz unserer Vorderräder. Durch die Einseitigkeit komplizieren sich die physikalischen Vorgänge noch einmal zusätzlich.
Bei Radialreifen sollte sich diese Asymmetrie eigentlich weniger auswirken, oder liege ich falsch? Was sicher eine Rolle spielt, ist die Steifigkeit der Karkasse.

Bei meinen UPs habe ich die Erfahrung gemacht, dass der Rollwiderstand bei breiten Schlauchlosreifen - auch bei tiefen Drücken - klar kleiner ist, als bei schmalen Schlauchreifen mit höheren Drücken. Allerdings bin ich dabei oft auch Strecken mit schlechtem Belag oder unbefestigte Strecken gefahren und dort ist das dann sowieso logisch. Bei durchweg guten Strassenbelägen wäre ich möglicherweise zu anderen Schlüssen gelangt.
Schmale Schlauchlosreifen und Latexschläuche bin ich leider nie gefahren.
 
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Außerdem hatte ich mich ja mal gefragt, warum Fahrradreifen im Vergleich zu Autoreifen so schlecht sind:
" ... Klasse C1 (PKW): Effizienzklasse A = Rollwiderstandskoeffizient <= 0.0065 ..."

Der Wert lag 2015 bei besten PKW Reifen noch bei 0.008 , ich glaube nicht das die inzwischen besser geworden sind.
Quelle: Dr. Glaeser BaSt

Ich denke, die LKW Reifen gehen an gute Fahrradreifen heran, sind aber nicht besser.

Vorschlag, rufe doch <hier> an und frag Dich durch, da gibt es viele Profis, welche gern ihr Wissen teilen.

Und vielleicht findest Du hier noch zusätzliche Infos : https://bast.opus.hbz-nrw.de/solrse...r/desc/searchtype/simple/query/rollwiderstand

Klar, die eingeschlossene Fläche der Hysteresekurve ( Kraft * Weg ) ist eine Energie bzw. Verformungsarbeit, welche sich Geschwindigkeitsabhängig vergrößert. Das dies hauptsächlich zum dynamischen Rollwiderstand beiträgt, ist wohl allgemein anerkannt.

Gruß Leonardi
 
Eine einfache Erklärung könnte sein, dass bei einem Autoreifen im Wesentlichen die Karkasse und ein ringförmiges flaches Band verformt werden müssen. Beim Radreifen wird ausser der Karkasse eine gewölbte Fläche verformt, das braucht viel mehr Energie.
Die Carrosserien unserer VMs sind nur deshalb so steif, weil sie gewölbt sind. Ein flach laminiertes Carbonstück ohne Wölbung oder Verstrebung ist viel einfacher zu verbiegen.
 
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Die Rollwiderstandswerte werden ja auf Prüfständen ermittelt. Wie wird denn da der Anteil für den Luftwiderstand herausgerechnet? Um das einigermaßen genau abzubilden sollten sich dazu ja Reifen und Rolle quasi mit null Last berühren.
 
Wenn ich davon ausgehe, dass das geprüfte Rad im Prüfstand stationär ist, sollten die Anteile des Luftwiderstandes bei allen Reifen annähernd glech sein. Damit können sie als Konstante herausgerechnet werden.
Allenfalls kann das Reifenprofil den Messwert ein klein wenig beeinflussen.

Rolle und Reifen müssen sich unbedingt mit einer klar definierten Last berühren, sonst wird der Reifen nicht veformt und es ergibt sich kaum Widerstand. Interessant wären sicher Testreihen mit verschiedenen Luftdrücken und verschiedenen Lasten. Noch interessanter wären aber Kombinationen mit verschiedenen Schlauchtypen (und natürlich schlauchlos). Auch hier kann ich mir vorstellen, dass sich nicht jeder Reifen gleich verhält.
Hat da jemand Daten?
 
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Der Luftwiderstand ist selbst bei offenen Fahrradreifen kein entscheidender Faktor. Noch weniger im Radkasten oder im Prüflabor.
Wer es genau wissen will:
Besser als mit Modellrechnungen geht es auf dem Prüfstand mit Messungen: kleine Vakuumkammer oder Überdruckkammer drumherum und mit /ohne Luft die gleichen Messungen durchführen. Für's Vakuum reicht ein Werkstattstaubsauger.
 
Der Druckverlust in einem Reifen ist bei geringer Geschwindigkeit (Felge hat Bodenkontakt) deutlich wahrnehmbar, bei höherer Geschwindigkeit stabilisiert die Fliehkraft den Reifen.
Stimmt. Allerdings kann es, wie @Kettcar richtig schreibt, auch an der Verformung liegen, die bei hohen Geschwindigkeiten dann einfach zu langsam erfolgt – wenn fast keine Luft im Reifen ist, muss dieser nicht um Millimeter, sondern um Zentimeter verformt werden, und das geht nicht beliebig schnell.
Wenn ich mir vorstelle, die zu biegen (in Längs- oder Querrichtung), dann geht das relativ leicht, da nur jeweils in einer Richtung die Stege innen leicht gestaucht und außen gestreckt werden.
Genau das meinte ich, diese zweidimensionale Verformung bei Diagonalreifen vs. (vorwiegend) eindimensionale Verformung bei Radialreifen.
Sind das denn Radialreifen? Ich habe versucht, etwas über den Aufbau zu finden - leider erfolglos.
Keine Ahnung. Irgendwann kam hier im Forum die Behauptung auf, der Tryker sei ein Radialreifen. Aber eine offizielle Aussage dazu habe ich nie gelesen. Kann also gut sein, dass das vollkommener Unsinn ist. Von den Herstellern erfährt man sowieso keine technischen Details, nur lauter schwammige Superlative. Falls jemand einen verschlissenen Tryker hat, kann er den ja mal aufschneiden und nachschauen, dann wüssten wir es.
Wie sich die Verformung in der Aufstandfläche gestaltet und auswirkt, hängt von der Karkasse ab. Im Video wird der Reifen unten einfach flacher, d.h. die Lauffläche müsste sich verkürzen. Das kann man bei Stahlgürtelreifen aber ausschließen, oder? Es müsste sich ein leichter Wulst vor der Aufstandsfläche bilden (in geringerem Maße auch dahinter), und die Seitenwand wird nicht nur ausgebeult, sondern auch leicht diagonal verzerrt. Bei Diagonalreifen dagegen ist eine Verkürzung der Lauffläche bei gleichzeitiger Verbreiterung möglich.
Schwierig, sich das vorzustellen. Die Lauffläche wird sicher nicht verkürzt. Und die leichte Scherung der Seitenwand bei einem Radialreifen sollte kein großes Problem sein, weil das nicht in Richtung der Karkasse erfolgt – sollte also mit wenig Widerstand verbunden sein.
Ein Effekt, dem hier bisher noch keine Beachtung geschenkt worden ist, ist die einseitige Belastung unserer Reifen durch den grossen Sturz unserer Vorderräder. Durch die Einseitigkeit komplizieren sich die physikalischen Vorgänge noch einmal zusätzlich.
Daran hatte ich auch gedacht, aber mir ist nicht eingefallen, wie man das berechnen könnte. Abgesehen davon: Auf dem Prüfstand werden die Reifen ja ohne Sturz gemessen, d.h. für die diskutierten Rollwiderstandszahlen sollte das überhaupt keine Rolle spielen.
Die Rollwiderstandswerte werden ja auf Prüfständen ermittelt. Wie wird denn da der Anteil für den Luftwiderstand herausgerechnet? Um das einigermaßen genau abzubilden sollten sich dazu ja Reifen und Rolle quasi mit null Last berühren.
Indem man mit und ohne Last misst. @carbono hat das nach meiner Erinnerung genau so gemacht. Da braucht man gar keine Vakuumkammer, sondern muss einfach nur den Nullwert abziehen.

Ich gehe hier von sorgfältig gemessenen Rollwiderstandskoeffizienten aus, wo diese ganzen Effekte keine Rolle spielen. Denn ein Rollwiderstandskoeffizient, der vom Luftwiderstand abhängt, ist nichts wert. Und ich gehe davon aus, dass zumindest professionelle Reifenhersteller und -prüflabore in dieser Hinsicht wissen, was sie tun, denn sonst wären deren Zahlen überhaupt nichts wert.
" ... Klasse C1 (PKW): Effizienzklasse A = Rollwiderstandskoeffizient <= 0.0065 ..."

Der Wert lag 2015 bei besten PKW Reifen noch bei 0.008 , ich glaube nicht das die inzwischen besser geworden sind.
Quelle: Dr. Glaeser BaSt
Da muss man einfach nur mal nachschauen, welche Effizienzklasse ein käuflicher Reifen erreicht. Ich habe einfach mal bei Continental geschaut, und finde dort für den EcoContact 6 ein Reifenlabel mit der Effizienzklasse A. Und das war jetzt nur eine Stichprobe bei einem Hersteller.
 
Sorry, ich hatte nicht realisiert, dass schon wieder Einträge vorgenommen worden sind, während ich meinen letzten Eintrag stark verändert habe.
 
Der Luftwiderstand ist selbst bei offenen Fahrradreifen kein entscheidender Faktor. Noch weniger im Radkasten oder im Prüflabor.
Wer es genau wissen will:
Besser als mit Modellrechnungen geht es auf dem Prüfstand mit Messungen: kleine Vakuumkammer oder Überdruckkammer drumherum und mit /ohne Luft die gleichen Messungen durchführen. Für's Vakuum reicht ein Werkstattstaubsauger.
Interessant, ich hätte jetzt darauf getippt, dass man den Reifen mit minimalem Andruck laufen lässt, oder dass man ihn auf Touren bringt und dann den Geschwindigkeitsverlauf beim Auslaufen ohne Berührung aufnimmt.
Dann hat man allerdings nicht nur den Luftwiderstand drin, sondern auch die Lagerung.
 
Rollwiderstand ohne Berücksichtigung der Lagerreibung?
Damit könnte ich gut.

Luftwiderstand nur auf den Reifen bezogen, in der abgeschlosssenen Kammer ohne Anströmung durch den Fahrtwind?
Scheibenräder oder Speichen? Bisher nicht definiert, oder hab' ich's übersehen?
Das halte ich für sehr akademisch.
Aber das passt ja auch für eine akademische Diskussion...

Ich erwarte davon halt auch ein Ergebnis, das genau diese Messung beschreibt.
Wie so eine Messung in Bezug auf die Praxis zu interpretieren ist, wäre ein interessanter Beitrag. :)

Gruß, Harald
 
All diese oben beschriebenen Einflüsse (Lagerreibung, Luftwiderstand usw.) Spielen bei der Messung des dynamischen Rollwiderstandes praktisch keine Rolle, weil sie jedes Mal, egal mit welchem Reifen praktisch gleich bleiben. Deshalb können sie als Konstante aus der Messung herausgerechnet werden.

Interessant bei der Berechnung des dynamischen Rollwiderstandes sind die Unterschiede unter den gemessenen Reifen. Dabei würden mich aber auch die Unterschiede bei verschiedenen Auflasten, Luftdrücken und Schläuchen aber auch Reifenbreiten interessieren. Ich vermute sogar, dass es eine nicht unerhebliche Rolle spielt, wieviel Talkum man bei Schlauch-Montage in den Reifen gegeben hat.
 
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