Lenkrollradius und Momentanpol berechnen

Okisjagut. Ich hab das Paradoxon von der bewegten Drehachse nicht auf die Reihe gekriegt. Aber jetzt wo ich nachgelesen hab dämmerts. Ja es ist dann wohl der Schnittpunkt der zählt.
 
Der Kreuzungspunkt der Stangen wandert ehrheblich beim Einschlagen.

Sollte das das "entlarven" sein? Oha...:rolleyes:

Der Schnittpunkt kann noch so erheblich wandern, zu genau dem Moment, in dem ein bestimmter Punkt irgendwo im Raum der Schnittpunkt zweier Koppelstangen ist, ist das der Punkt, der momentan ortsfest bleibt, wenn sich der durch die Koppelstangen angeschlagene Körper infinitesimal weiterbewegt. Sobald er sich bewegt, ändert sich der Momentanpol auch sofort, aber eben erst mit der Bewegung. Das ergibt dann die Gangpolbahn, also die Raumkurve der Momentanpole. Es gibt Achskinematiken, da machen die diversen bestimmbaren Momentanpole Reisen durchs Universum, von denen Captain Kirk nur träumen kann.

Das ist bei aufgelösten Querlenker übrigens einer der entscheidenden Gründe, warum man es überhaupt macht. Man kann durch eine geschickte Wahl der Anlenkpunkte und eine dadurch mit der Lenkbewegung gekoppelte Verlagerung der Lenkachse diverse Effekte in die Lenkung zurückkoppeln, was mit einer klassischen Drei-Punkt-Aufhängung nicht möglich ist. Ein anderer Aspekt ist schlicht das Packaging, durch die Auflösung des Dreieckslenkers in zwei Koppelstangen kann man das virtuelle Gelenk nach außen drücken, was überhaupt erst einen negativen Lenkrollradius ermöglicht, wenn man in der Felgenschüssel auch noch Radträger, -lager und Bremse unterbringen will. Die Entwicklung einer solchen Achse verschlingt einiges an Ressourcen, wenn man es richtig machen will. Einfach nur mal so drauf losmalen kann klappen, muss aber nicht.

Das wird bei negativem Rollradius (also hier kurzer, schräg stehender Längslenker) sehr deutlich.

Die Skizzen von Christoph zeigen alles mögliche, aber nicht den Lenkrollradius. Hier wird munter mit Fachbegriffen um sich geworfen ist, und es ist offensichtlich, dass die Definition eben nicht allen klar ist, das macht die Diskussion etwas fruchtlos...


Tim
 
Die Skizzen von Christoph zeigen alles mögliche, aber nicht den Lenkrollradius.
Sie zeigen erst einmal nur die Koppelgetriebe und den Verlauf des gedachten Radaufstandspunktes. Die zugehörige Kurve des Momentanpols (oder seiner auf den Boden projizierten Entsprechung) fehlt noch -- und die ggf. interessierenden Aswertungsgrößen, wie etwa Nachlauf und Lenkrollradius, auch. Ich hatte das so interpretiert, dass wir uns hier dem Thema (und den Möglichkeiten verfügbarer Abbildungswerkzeuge) in Stückchen annähern ...

Ich würde noch mal wiederholen, dass man so etwas ein bisschen detaillierter mit GeoGebra modellieren und auswerten kann. Das ist ein halbwegs simpler Geometrie-Baukasten, der unter anderem auch Bewegungsverläufe lösen kann. Wenn man aus der konstruktiven CAD-Richtung kommt, fühlt es sich erst mal komisch an -- man muss das geometrische Problem mathematisch beschreiben ... Geometrie programmieren sozusagen (allerdings mit vielen Hilfestellungen und freundlich verbal gehaltenen Befehlen, die man zum größten Teil anklicken kann). Falls es simplere Alternativen gibt, wäre ich auch für Vorschläge dankbar (ich stecke selbst auch zu sehr in der Skizze--Bauteil--Verknüpfungen/Baugruppe-Denke drin).
 
Zuletzt bearbeitet:
Sie zeigen erst einmal nur die Koppelgetriebe und den Verlauf des gedachten Radaufstandspunktes. Die zugehörige Kurve des Momentanpols (oder seiner auf den Boden projizierten Entsprechung) fehlt noch -- und die ggf. interessierenden Aswertungsgrößen, wie etwa Nachlauf und Lenkrollradius, auch.

Nochmal: Der Momentanpol ist in diesem Fall nur das untere (virtuelle) Gelenk, der wird nie nicht auf gar nix projiziert (der ist höchstens bei räumlich verschränkten Koppelstangen das Ergebnis diverser Projektionen). Die Lenkachse ergibt sich daraus und aus dem oberen Gelenk, das ist der Chassis-seitige Anlenkpunkt des Federbeins. Die Gerade durch diese beiden Gelenke durchstößt irgendwo die Fahrbahn, und um diesen Durchstoßpunkt geht es. Der ist nunmal in Christophs Skizzen nicht drin und kann es auch nicht sein.

Wenn Du das mit GeoGebra simulieren willst, hast Du Dir ganz schön was vorgenommen. Dieses Buch könnte hilfreich sein, an dem Institut hab ich damals auch brav meine Getriebelehre-Klausur geschrieben. Räumliche Getriebe sind ein gar lustig Spielfeld...


Tim
 
Nochmal: Der Momentanpol ist in diesem Fall nur das untere (virtuelle) Gelenk der wird nie nicht auf gar nix projiziert
Danke, aber da gabs gerade gar keinen Erklärbedarf.

Selbstverständlich kann ich einen Momentanpol aus Perspektive des Domlagers auf den Boden projizieren -- selbst dann, wenn er sich nur als scheinbarer Schnittpunkt ergibt. Es ist der scheinbare und virtuelle Schnittpunkt der Lenker, wenn man von diesem einen Punkt aus guckt. Und es ist exakt der Durchstoßpunkt, von dem Du sprichst.

GeoGebra hatte ich angeführt, weil es nix kostet, universell genug für das Problem ist und man den Einstieg ohne Zweitstudium darin in wenigen Tagen hinbekommen kann. Aber, wie schon geschrieben, wäre ich auch für (noch) simplere Alternativen dankbar.
 
Danke @Tintin fur deine erklarungen. Fur mich treffen die ganz gut was passiert. Mit meine doch was limitierte kenntnisse der Deutsche sprache will ich genre noch was zufugen.

Es gibt einen virtuelen drehpunkt, der kein punkt ist sondern eine reihe von punkte jeh nach position und anordnung der drehpunkte und verdrehung vom rad. Es gibt einen aufstandpunkt vom reifen. Mal vom rechten vorderrad ausgehend; Befindet sich das reifenaufstandspunkt links vom virtuelen drehpunkt, hatt mann einen negativen lenkrollradius. Beim einseitiges bremsen rechtsvorn, zieht das velomobil durch die entstehende krafte in der lenkung nach links. Wurde sich das reifenaustandspunkt rechts vom virtuelen drehpunkt befinden hat mann einen positiven lenkrollradius und zieht das velomobil beim bremsen rechtsvorne nach rechts weg.

Einseitiges bremsen zieht das fahrzeug, das velomobil in die richtung vom gebremsten rad. Durch einen leicht negativen lenkrollradius, nahe nul, konnen diese krafte aufgefangen werden.

Eine velomobil lenkung ist eine 3d geschichte die von vielen factoren beeinflusst wird. Es ist unmoglich nur einen komponent herauszu filtern, und damit die lenkung perfect zu machen. Mit einen falschen komponent die lenkung versauen geht aber ganz gut.

Der stummel vom federbeinplatte und seine lange nach vorn hatt auch eine sehr grossen einfluss auf die lenkung. Ich meine das die langslenker nicht nur fur die position vorne-hinten vom federbein verantwortlich sind zugleich aber auch das angrifspunkt sind fur krafte die die platte wieder in die geradeaus position zuruck ziehen. Um so langer der stummel vom federbeinplatte nach vorne ist, um so grosser der hebel mit dem diese krafte arbeiten.

Verlangert mann denn stummel, und platziert mann den etwas kurzeren langslenker weiter nach vorne muss mann auch deren position links-rechts neu wahlen. Denn auch die position vom virtuelen drehpunk im verlangerte dieser langslenker andert sich damit.

Beim die anderungen an meinen velomobil wahr es ziemlich einfach mit stabchen und etwas tape die langs- und Querlenker zu verlangern, damit das virtuele drehpunkt visualisiert wurde. Allerdings geht das am einfachsten ohne rad dran. Dann ist es schwierig die position vom rad aufstandpunkt zu bestimmen. Ich hab wegen die leichte schrag stellung der laufrader das virtuele drehpunkt leicht aussermittig an der achse orientiert und das stimmte dann ziemlich gut.

Grusse, Jeroen.

Grusse, Jeroen
 
Danke, aber da gabs gerade gar keinen Erklärbedarf.

IMHO doch, nicht für Dich, aber für andere Mitlesende. Die Skizzen sind in einer Ebene, die nicht zwingend und eindeutig orthogonal zum Federbein stehen. Wenn Du von Projektion sprichst, musst Du schon klar die Projektionsrichtung benennen, das hast Du erst im zweiten Post getan. So geht man allgemein wohl von einer Orthogonalprojektion aus, und die liefert im vorgegebenen Koordinatensystem der Skizzen, das nicht durch das obere Gelenk bestimmt wird, ein flasches Ergebnis.

Und das ist insofern in einem öffentlich lesbaren Forum IMHO problematisch, weil eben viele, die solche Threads mitlesen und teilweise auch hier posten, offensichtlich nicht über ausreichende Kinematik-Grundkenntnisse verfügen. So entstehen dann Halbwahrheiten und Stammtischmythen (wie dieser unsägliche Blödsinn vor einigen Jahren, dass Felgenbremse keine Reaktionskräfte an der Nabe hervorrufen...)

Open-Source-Tools zur Mehrkörpersimulation gibt es einige, z.B. MBSim von der TUM, aber als ich mir das mal angesehen habe, fand ich die Lernkurve etwas steil für nur mal zum Spielen.


Tim
 
Es gibt einen virtuelen drehpunkt, der kein punkt ist sondern eine reihe von punkte jeh nach position und anordnung der drehpunkte und verdrehung vom rad. Es gibt einen aufstandpunkt vom reifen.

Ja, das ist die erwähnte Gangpolkurve. Der Durchstoßpunkt der Lenkachse im Boden kann ebenfalls als Momentanpol angesehen werden, kinematisch gesehen ist der Reifenaufstandspunkt ein Gelenk (und man kann vortrefflich drüber streiten, was für eins...)


Tim
 
Nachdem ich kürzlich auf diesen interessanten Thread gestoßen bin, habe ich die diskutierten Sachverhalte mal für mich in einer Skizze zusammengefasst, ähnlich der von @Martin auf Seite 1. Vielleicht interessiert es ja den einen oder die andere (Fehlerhinweise sind willkommen).

lenkgeometrie_1430_1065.png

Bezüglich einer einfachen Visualisierung der Gangpolkurve bin ich auch eher skeptisch. Mit zweidimensionalen Skizzen wie oben wäre das meiner Meinung nach nur mittels drastischer bzw. willkürlicher Vereinfachungen machbar. Angenommen L1, L2, Q1, Q2 lägen in einer Ebene, dann läge auch M in dieser Ebene und C könnte als Schnittpunkt der Geraden D1, M mit der XY-Ebene bei Z = 0 ermittelt werden. Dummerweise geht diese einfache orthogonale Sichtweise verloren, sobald sich das ganze aus der Augangslage herausdreht - nicht zuletzt auch deshalb, weil der Abstand von D1 zum Fusspunkt auf der Lenkplatte fest ist und sich die Lenkplatte daher aus der XY-Ebene herausdrehen muss.

Nun könnte man argumentieren, dass der Abstand vom Domlager zur Lenkplatte aufgrund der Federbeine ja tatsächlich nicht fest ist. Auf dieser Basis die verlorengegangene Orthogonlität einfach per Annahme wiederherzustellen ist jedoch willkürlich. Da haben die statischen und dynamischen Kräfte am Federbein ja auch noch ein Wörtchen mitzureden. :cry:

Bleibt man bei der starren Verbindung, wird es meiner Meinung nach auf Basis der analytischen Geometrie auch ziemlich aufwendig, da sich ja die Drehachse kontinuierlich ändert. Aus meiner Sicht naheliegender wäre das Aufstellen eines Gleichungssystems, in das alle bekannten Beschränkungen (feste Längen bzw. Abstände, feste Positionen etc.) eingehen. Wenn das System dann bis auf einen Freiheitsgrad eingeschränkt ist (z.B. den Drehwinkel des Lenkhebels), hat man gewonnen.

Oder man verwendet halt (langweiligerweise) gleich ein CAD-System, das mit 3D-Constraints umgehen kann.
 
@Christian : Schöne Zeichnung! Nur der Nachlauf erscheint mir etwas groß.
Bezüglich einer einfachen Visualisierung der Gangpolkurve bin ich auch eher skeptisch.
Ja, das war wohl auch eine dumme Idee von mir. Da ich mich als Nicht-Ingenieur in dem Bereich nicht wirklich auskenne, hatte ich gedacht, das würde mehr Verständnis bringen. Aber letztendlich zählt v.a. der Momentanpol rund um die Geradeaus-Stellung (alles andere fährt man nicht bei hohen Geschwindigkeiten), und dazu reicht einfach der Schnittpunkt der entsprechenden Befestigungen.

Der zweite Punkt, der mich nach wie vor interessiert, ist, wie sich die Lenkgeometrien der Fahrzeuge unterscheiden. Aber dazu müssten die Leute endlich mal ihre Lenkgeometrie sorgfältig (und vergleichbar!) ausmessen; dann gäbe es vielleicht nicht mehr so ein Geschwurbel wie „Fahrzeug A hat einen viel besseren Geradeauslauf bzw. ist viel weniger windempfindlich als Fahrzeug B“, sondern man könnte klar sagen, an welchen Eigenschaften der Lenkgeometrie es liegt (bzw. wenn man das abzieht, was die Aerodynamik ausmacht). Also weg von der Beschreibung eines Gefühls, hin zu einem echten Verständnis.
 
Schöne Zeichnung! Nur der Nachlauf erscheint mir etwas groß.
Danke. Die gewählte Geometrie ist aber tatsächlich eher darstellungs- als realitätsorientiert.

Ja, das war wohl auch eine dumme Idee von mir
Die Zeichnung ist auch deshalb enstanden, weil ich davor der gleichen Idee anhing. :LOL:

Der zweite Punkt, der mich nach wie vor interessiert, ist, wie sich die Lenkgeometrien der Fahrzeuge unterscheiden. Aber dazu müssten die Leute endlich mal ihre Lenkgeometrie sorgfältig (und vergleichbar!) ausmessen
Das Standard-Dilemma der Simulation ... selbst das beste Modell ist nutzlos, wenn man es nicht parametrieren kann.

Wären denn die Messpunkte beim VM grundsätzlich zugänglich oder verschwinden die auch im Tunnel?

Eine gute Winkelmessung ist ja nicht so einfach. Man sollte daher vielleicht überwiegend den Abstand der Punkte untereinander messen (sofern möglich)?
 
Wären denn die Messpunkte beim VM grundsätzlich zugänglich oder verschwinden die auch im Tunnel?
Teils. Querlenker und Spurstange sind natürlich weit innen befestigt; aber diese dürften auch bei allen Modellen sehr ähnlich sein und ziemlich genau in Querrichtung verlaufen – d.h. wenn man die Befestigungspunkte an der Lenkplatte kennt, sollte das reichen. Beim Längslenker gibt es größere Variationen, aber der ist auch einfacher zu vermessen.

D.h. idealerweise einmal alle Lenkplatten auf einen Flachbettscanner legen und die Befestigungspunkte der Längslenker, des Federbeins und der Abstand von der Lenkplatte zum Radaufstandspunkt vermessen.
 
idealerweise einmal alle Lenkplatten auf einen Flachbettscanner legen
Dazu muss man sie ja ausbauen ...

Was in der Diskussion bislang ein wenig unterging, ist die Abhängigkeit von der Last: durch die Verkürzung des Federbeins entstehen signifikante Änderunen der Radstellung (m.W. "öffnen" sich bei einigen gängigen Geometrien - Quest, Strada und Verwandte - die Vorderräder in Richtung Nachspur); was da mit dem Sturz passiert, weiß ich noch nicht), und überhaupt unterscheidet sich der Sturz bei den gängigen Fahrzeugen zum Teil recht erheblich. Auch das geht ja irgendwie ein und sollte bei einer Gegenüberstellung berücksichtigt werden.
 
Was in der Diskussion bislang ein wenig unterging, ist die Abhängigkeit von der Last: durch die Verkürzung des Federbeins entstehen signifikante Änderunen der Radstellung (m.W. "öffnen" sich bei einigen gängigen Geometrien - Quest, Strada und Verwandte - die Vorderräder in Richtung Nachspur);
Guter Punkt! Da würde ich auch gerne verstehen, warum das so ist. Kann ja nur daran liegen, dass sich beim Einfedern der Querlenker weniger verkürzt als die Spurstange. Muss also alleine aus der Lenkgeometrie erklärbar sein.

Beim DF, das ja grundsätzlich technisch verwandt ist, habe ich das aber noch nicht beobachtet; mit oder ohne Fahrer unterscheidet sich die Spur nicht messbar.
was da mit dem Sturz passiert, weiß ich noch nicht),
Ich denke, das ist vernachlässigbar.

Bei der Spur kommt es ja auf den Unterschied zwischen Querlenker und Spurstange an (und vielleicht auch Längslenker?), und die sind alle nahe am Drehpunkt befestigt, d.h. wirken über einen kleinen Hebel, d.h. die Unterschiede werden verstärkt. Beim Sturz ist der Drehpunkt der Federbeindom; das Lenkgestänge ist weit davon entfernt (= großer Hebel), d.h. eine geringe Längenänderung dessen ändert am Sturz recht wenig.

Trotzdem würde ich gerne verstehen, wie sich der Sturz auf den Rollwiderstand auswirkt. Weiß aber nicht, wie man das beschreiben könnte – möglicherweise sind bei den kleinen Winkeln die Änderungen so klein, dass sie in der Verformung des Reifenlatsches untergehen.
 
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