Aus dem Leben eines EVO-R

Das war eine lange Etappe. 150 km, 2000 hm rauf, dafür 2500 hm runter. Das Training von 3 Wochen hat bei Dynamik doch etwas gefruchtet.

Sargans, 30.6.19

Ueber die Alpen

Bereits Kaiser Augustus hat gemerkt, dass der Reschenpass die niedrigste und dadurch einfachste Ueberquerung der Alpen ermöglicht. Deshalb hat er auch die Via Claudia Augusta bauen lassen. Diesem Weg folgt auch die heutige Fahrradroute. Die Autostrasse liegt weiter östlich. Die Soldaten von Augustus hatten es natürlich einfach. Die mussten nicht ein Velomobil hochschieben.

In Burgeis war der erste Halt fällig, mit Kaffe und Nussgipfel. Da erklingt plötzlich Militärmusik und der ganze Dorfplatz füllt sich - nicht mit römischen - sondern mit österreichischen Soldaten in schönen grünen Uniformen. Mehrere Blaskapellen geben ihr Bestes. Dann wird stramm exerziert. Der Bläser neben mir meint trocken: "Wegen mir brauchens nit so schreien".

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Historische Blaskapelle in Burgeis

Das schönste am Reschenpass ist die Passhöhe, wenn man sie einmal erreicht hat. Über ganze 10 km erstreckt sie sich, mit einem wunderschönen See mit einem versunkenen Kirchturm. Das kommt davon, wenn man einen Stausee dort anlegt, wo die Leute schon ein Dorf gebaut haben.

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Reschenstausee

Die Fahrt geht weiter und nach 7 Serpentinen erreiche ich Martina im Inntal, das erste Schweizer Dorf nach mehr als 3 Wochen. Und jedes mal, wenn ich nach einer langen Reise zurück komme, beschleicht mir derselbe Gedanke: Und sie sind doch viel schöner, die Berge bei uns.

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Im Unterengadin kurz vor dem Veteinatunnel

Es geht weiter dem Inn entlang (und zwar aufwärts) und dann durch den Vereinatunnel (der einmal das Thema meiner Diplomarbeit war) und schliesslich der Landquart entlang (diesmal glücklicherweise abwärts).

Um 9 Uhr erreiche ich Sargans. Damit habe ich in zwei Tagen den ganzen Alpenkranz über- und durchquert. Zwar an der einfachsten Stelle aber dafür mit einem Velomobil. Und in Sargans wohnen auch Alois und Reni, Freunde aus der Jugendzeit. Auf ihre Gastfreundschaft ist immer Verlass.
 
Bereits Kaiser Augustus hat gemerkt, dass der Reschenpass die niedrigste und dadurch einfachste Ueberquerung der Alpen ermöglicht.
Kommt halt auch darauf an wo er hin wollte. Sonst ist ja der Brenner mit 1370m niedriger als der Reschen (1507m).

Edit: Was ist das eigentlich an der rechten Schanierhalterung für das Top? Hast du die ursprüngliche Halterung modifiziert?
 
Zuletzt bearbeitet:
So jetzt habe ich auch noch das letzte Tagebuchblatt gefunden. Und wie immer hat Dynamik die lustigsten Begebenheiten ausgelassen. Aber vielleicht finder er das gar nicht so lustig. In Küsnacht war nämlich grosse Bauerei mit entsprechenden Umleitungssignalen über den Berg. Berge hatte Dynamik genug gesehen, also schwupp auf das breite Trottoir. Und alles wäre gut gegangen, wenn nicht am Schluss ein Fahrzeug mit Blaulicht gewartet hätte. Macht 30 Fr für Fahren auf dem Trottoir und 40 Fr für Befahren einer Einbahnstrasse in falscher Richtung. Ein neuer Bussenrekord.

Zürich, 1.7.19

Schlussetappe

Die Tour neigt sich dem Ende zu. Von Sargans bis Zürich sind es gerade noch 100 km. EVA saust durch die Ebene von Sargans dem Walensee entlang und schliesslich dem Zürichsee entlang nach Zürich. Nennenswerte Steigungen hat es hier keine mehr. So macht VM-Fahren Spass.

LRG_DSC01567.JPG Fahrradroute entlang dem Walensee

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Eine letzte Pause kurz nach Rapperswil am Zürichsee

Aber es braucht auch die Herausforderungen eines Logara-Passes in Albanien mit seinen 1000 müM und mehrheitlich 10 % Steigung oder eines Reschenpasses mit seinen 1500 müM, und ebenso viel Schiebeetappen, damit eine Langfahrt als gelungen bezeichnet werden kann. Aber 2 Pässe genügen vollumfänglich. Der Hauptteil der Route sollte für ein Velomobil topfeben sein, wie z.B. die Poebene.

Die Reise nach Korfu mit dem Velomobil war ein einmaliges Erlebnis. Fast 3000 km in 25 Tagen durch die schönsten Gebiete Europas zu radeln ist ein lohnendes Abenteuer. Und dabei ist gar nichts gefährliches dabei, wenn man in den Kurven zeitig bremst.

Alle Leute, denen ich unterwegs begegnet bin, waren ausserordentlich freundlich. Auch EVA (mein Velomobil) hat sich bestens bewährt. Man könnte noch lange weiterfahren, aber nach 25 Tagen kommt man auch gerne wieder heim.
 
Alle Achtung vor dieser Leistung und vielen Dank, dass du und Eva hast uns teilhaben lassen! (y):)
Am Zürichsee war ich schon mehrmals.
 
Hallo Dynamik, ich hätte diesem Sbirren (ital.: Büttel; abschätzig gebraucht) 200 Franken gegeben mit dem Hinweis, sich mit seiner Frau/Freundin eine vergnügliche Zeit zu machen anstatt in griesgrämiger Weise harmlose Radfahrer durch Wegelagerei zu belästigen und zu erpressen! Wo bleibt da der Geist von Uri, Schwyz und Unterwalden? Es wird Zeit, sich gegen die neuen Gesslerhüte massiv zur Wehr zu setzen. Ich kenne Küsnacht und auch die Nachbargemeinde Erlenbach, seit ich dort mit dem Rennvelo auf Partnerschaftsfahrt gewesen bin, und weiss daher, dass jede Umleitung in Küsnacht und Erlenbach mit zweistelligen Prozenten bestückt ist. Auch wenn es keine Alpenpässe sind, nach der langenReise tut´s doch weh, zumal´s nicht nottut. Für 70 Fränkli wäre ich allerdings auch bereit gewesen, meine EVA nochmal zu führen anstatt sie zu treten, wissend, dass die Schweizer Sbirren so aggressiv sind.
Aus Erlenbach (am Main) grüsst der Lonesome Rider. Bei uns interessiert sich die Polizei für sowas einen Dreck, sofern keiner belästigt oder gar gefährdet wird:)!
 
Danke Dynamik, diese (Deine) Berichte sind etwas vom besten, was es zum lesen gibt in diesem Forum. Ich hoffe klammheimlich für mich, dass ich zu gegebener Zeit die mir noch verbleibende Zeit ebenfalls finde, um solcherlei Dinge auch mal erleben zu dürfen (y)
 
In Küsnacht war nämlich grosse Bauerei mit entsprechenden Umleitungssignalen über den Berg.

In diese Baustelle bin ich auch schon geraten, für mich der Clou an der Sache:

Die Veloroute 66 führt eine Etage höher oberhalb der Bahngleise quasi flach auf guten Quartierstrassen direkt nach Zürich.

Die Umleitung ist aber nur für Autos ausgeschildert und führt zu massiv Zusatzhöhenmetern. Die Velos gingen wiedermal vergessen.

Die Umleitung wird so geführt, dass die "Zufahrt" zum Veloweg nicht offensichtlich ist.
 
So jetzt hat EVA vorne auch eine vernünftige Service-Öffnung. Die Verleimung der Scheibe hatte sich in Korfu bei der starken Hitze gelöst. Ich werde die Scheibe nicht mehr anleimen sondern mit M3 Schräubchen anschrauben.

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Ich habe die unteren zwei Stormstrips entfernt und keine Verschlechterung festgestellt. Der Test mit dem oberen Stormstrip (über die Glaskuppel) ist noch ausstehend.
 
Grundsätzlich ist bei der hohen Seitenfläche nicht die gleiche Unempfindlichkeit erreichbar wie bei niedrigeren und kantigeren Karossen.
Viel liegt aber auch an der ursprünglichen Lenkgeometrie des Evo-R und Evo-K. Die sehen auch an Daniels heutigen VM ganz anders aus.
 
wie war das Ergebnis?
Heute habe ich die Wirkung des Storm-Strips geprüft. Auf einer gemütlichen Fahrt entlang dem Neuenburgersee habe ich für etwa 5 km den Storm-Strip weggenommen. Ich hatte leicht Gegenwind von ca. 20 bis 30 kmh. Das Ergebnis war eindeutig. Bis zu einer Fahrgeschwindigkeit von 30 kmh ist kein Unterschied zu merken. Aber bei 40 kmh ist das EVO-R ohne Storm-Strip wirklich nervös. Vor allem wenn man von einem LKW überholt wird, wird man richtig abrupt hin- und hergerüttelt. 50 kmh traute ich mich gar nicht zu fahren. Mit Storm-Strips ist alles viel gutmütiger. Natürlich spürt man die Querkräfte, aber sie setzen nicht so abrupt ein. 50 bis 60 kmh sind mit Storm-Strip kein Problem. In der Regel fahre ich aber nie über 60 kmh. Das habe ich meiner lieben Gattin versprochen. Schliesslich wollen wir ja den Lebensabend gemeinsam geniessen.
 
In der Regel fahre ich aber nie über 60 kmh. Das habe ich meiner lieben Gattin versprochen. Schliesslich wollen wir ja den Lebensabend gemeinsam geniessen.
Richtig, das ist es einfach nicht wert.
Ich bin mittlerweile der Ansicht, dass 40 bis max. 50km/h völlig ausreichen, um die Vorteile des Velomobils zur Geltung zu bringen.
 
Da reicht ja ein Quest
Das ist wohl das gleiche Missverständnis wie bei den Musikinstrumenten. Da gibt man denen, die es schon gut können, die besten Instrumente und den Anfängern nur ein billiges Modell, auf dem es extrem schwierig ist, schön zu spielen. Man müsste es umgekehrt machen. Denn ein Könner kann auch auf einem billigen Modell virtuos spielen. Deshalb habe ich mir eben ein Alexander-Horn gekauft. Bin halt noch Anfänger.
 
Die Windanfälligkeit ist von Modell zu Modell sehr unterschiedlich. Bei 60 km/h habe ich mich erst ein einziges Mal unsicher gefühlt -- bei einem richtigen Sturm. Da habe ich ordentlich gebremst. Sonst fahre ich oft in Abfahrten über 80 km/h (und an meiner Frau liegt es nicht, sie ist super! :ROFLMAO:).
Das Evo R ist nun mal besonders -- besonders schön und besonders windanfällig …
 
Eigentlich hat DYNAMIK für dieses Jahr eine ganz grosse Reise geplant. Bis zum südlichsten Punkt von Europa sollte es gehen. Mit der Fähre von Savona (neben Genua) nach Tanger, dann zurück nach Gibraltar und von hier aus auf drei Rädern der portugiesischen Küste entlang zurück in die Schweiz. Aber eben mit diesem Virus geht das nicht. Nach Marokko käme man vielleicht noch aber nicht mehr aus Marokko raus. Denn die Gibraltarfähre fährt dieses Jahr nicht mehr. Ist aber noch lange kein Grund auf eine Langfahrt zu verzichten. Schliesslich hat DYNAMIK meinen Antrieb ganz neu gemacht mit Goldkettchen und Igel-Schaltung. DYNAMIK hat den Plan etwas down-sized, wir bleiben in der Schweiz bzw. in dem Bereich, der einmal zur Schweiz gehört hat. Denn die Schweiz war einmal viel grösser. Nur weiss das fast niemand.

Zürich, 30.8.20

Eine Reise durch die verlorenen Länder

Die Schweiz ist klein. Mit dem Velomobil lässt sie sich an einem einzigen Tag durchqueren und in einer Woche hat man schon fast alles gesehen. Das war nicht immer so. Es gab Zeiten, da gehörte "uns" viel mehr mehr. Das Veltlin, Luino am Langensee, das Eschental am Südhang des Griespass und noch einiges mehr waren Teil der Schweiz. Diese "verlorenen" Ländereien werde ich nun mit meinem Velomobil aufsuchen. So quasi eine hypothetische Gross-Tour-de-Suisse.

Natürlich war die Schweiz auch einmal viel kleiner und bestand nur aus den drei Urkantonen. Dass dann mit Morgarten und Sempach weitere Ländereien dazukamen, hat allerdings nicht nur edle Gründe. Die Schlacht von Morgarten um 1315 war von Leopold von Habsburg als Straffeldzug für die Selbstbedienung an Wein und Fleisch im Kloster Einsiedeln durch die Schwyzer Bauernbengel gedacht. Dass es dann in der Nacht geschneit hat und man die Leopoldsche Kampftruppe mit Lawinen eindecken konnte, war eher Künstlerpech (für Leopold). Bei Sempach hat man zumindest tapfer gekämpft. Noch lange konnte man im Museum von Sempach das Kettenhemd von Winkelried, das man angeblich auf dem Grund des Sempachersees gefunden hatte, bewundern. Vor zehn Jahren wurde es allerdings stillschweigend aus der Sammlung entfernt, weil ein unbotmässiger Besucher gemeint hat, es müsssten Löcher von den Speerspitzen zu sehen sein.

Wie dem auch sei, ich werde mal sehen wie die Schweiz aussieht, wenn sie etwas grösser wäre.


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Alte Axenstrasse mit Blick ins Urnertal
 
Eine Etappe zum Angewöhnen. Nur 100 km und fast alles flach. Der Kerenzerberg ist nämlich nur 750 müM, d.h. nur 300 m Anstieg. Uebrigens, seit ich die neue Igel-Schaltung habe mit einer kleinsten Uebersetzung von 38 (vorne) / 50 (hinten) jammert DYNAMIK nicht mehr bei Passfahrten und behauptet auch nicht mehr, ich sei zu schwer.

Sargans, 31. 8. 20

Zürich -Sargans

So jetzt habe ich das erste Etappenziel erreicht. Dem Zürichsee entlang (alles schön flach und entsprechend gut zu fahren), dann zum Walensee, diesmal über den Kerenzerberg (ziemlich steil und entsprechend schlecht zu fahren) mit seinen gewaltigen Ausblicken über den Walensee und zu den Churfirsten und schliesslich durch die Ebene von Walenstadt nach Sargans. In Sargans wohnt nämlich Alois und Renie und hier gibt es immer etwas wunderbares zum Essen und natürlich auch ein warmes Bett. Ganz herzlichen Dank dafür.

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Blick vom Kerenzerberg über den Walensee

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Links im Bild: Burg von Sargans. Rechts im Bild: Berge des Vorarlbergs (das fast zur Schweiz gekommen wäre)

Oestlich von Sargans liegen die Berge des Vorarlberg. Und dieses Gebiet sollte einmal zur Schweiz gehören. Das war vor 100 Jahren. Nach dem ersten Weltkrieg wurde eine Volksabstimmung abgehalten und 80 Prozent der Vorarlberger waren für einen Beitritt zur Eidgenossenschaft. Im Vertrag von St. Germain wurde diese Abstimmung allerdings nicht berüchsichtigt. Die Italiener wollten nämlich, für den Fall dass die Schweiz das Vorarlberg bekommt, als Kompensation sich das Tessin schnappen. Der Bundesrat war übrigens von der Idee "Vorarlberg" auch nicht begeistert. Es würde das Gleichgewicht zwischen Katholiken und Protestanten stören, denn das Vorarlberg war katholisch. Und so ist aus der Expansion in Richtung Osten nichts geworden.
 
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