Professionelle Unterstützung für Förderungen gibt's
auch bei den Projektträgern. Die Bekanntmachung der Förderung sollte üblicherweise auch die verantwortlichen Mitarbeiter beim beauftragten Projektträger benennen. Diesen Menschen darf man beliebig viele Fragen stellen (wovon meiner Erfahrung nach erheblicher Gebrauch gemacht wird). Dafür sind die da.
Zum Thema "Verbrennen von Geldern" bei der Projektförderung ein paar grundsätzliche Gedanken (ich versuche allgemeingültig und mit möglichst wenig Fachjargon zu schreiben):
1) wie kommt es überhaupt zu Projekt XY? Da hat doch die Autoindustrie ihre Hand im Spiel, oder?
In der Regel wird eine Forschungs- / Entwicklungsidee an jemanden im Ministerium / beim Projektträger (PT) herangetragen. Wenn die Aussicht darauf besteht, dass ein politisches Ziel der Regierung abgedeckt werden kann (die finden sich z.B. in Koalitionsverträgen, internationalen Verträgen, ...), wird jemand beauftragt, ein Papier zusammenzustellen, das aussagt, wie man das fördern sollte, damit die Ziele optimal erreicht werden. Dafür wird wahrscheinlich noch ein externes Expertengremium zusammengestellt, um up-to-date Expertise einzubringen. Die Auswahl dieses Gremiums entscheidet idR über die Art und Weise der Ausschreibung/Bekanntmachung der Förderrichtlinien (neben Erfordernissen des Haushaltsrechts und der Förderregularien [darunter fallen z.B. die Förderquoten der KMU]). Dabei muss man sagen, dass üblicherweise weder im Ministerium, noch bei den PTs Leute sitzen, die ein Interesse daran haben eine Antragsstellergruppe per se auszuschließen. Klar will das BMWi die Autoindustrie unterstützen, klar wird das BMG die Pharmafirmen nicht behindern wollen. Aber schaut Euch mal das Volumen der Forschungsförderung des Bundes an (das ist viel Geld und einer der größten nationalen Pötte auf der Welt) und dann vergleicht das mit den Forschungsbudgets von Big-Pharma, Chemie und Autoindustrie. Die liegen einige Größenordnungen darüber. Mit anderen Worten: Wenn das BMWi eine Förderung für Serienfertigung von Velomobilen ausschreiben würde und da 10 Mio € aus dem Bundeshaushalt über 5 Jahre investieren würde, darauf würden sich dann 40 KMU (wenn es denn soviele gäbe*g*) mit jeweils einem Uni-Partner drauf bewerben. Final würden dann - sagen wir mal - 8 Verbundprojekte zu je 1,25 Mio € gefördert. Die Uni bekäme davon 150.000 pro Jahr und das KMU 100.000 (für das es aus eigenen Mitteln nochmal 100.000 aufbringen muss). Jetzt ist also Uni-seitig ein bis zwei Post-Doc oder zwei bis drei Doktoranden an dem Projekt beteiligt und ein bis zwei MA beim KMU. Die müssen jetzt 5 Jahre lang ihr Projekt voranbringen, alle 6 Monate einen Bericht einreichen und einmal im Jahr zu einem Statusseminar fahren. Dabei kommt am Ende dann in 6 der 8 Projekte etwa das raus, was im Projektantrag vorgeschlagen wurde, ein Projekt lief in Probleme, konnte daraus Schlüsse ziehen und andere wichtige Ergebnisse machen und eins hat seine Ziele nicht erreichen können, präsentiert aber was es halt hat. In jedem Fall wird das KMU bei guter Planung und Durchführung des Projektes was von der ganzen Arbeit haben. Es kommt voran. Wird es den Tesla unter den VMs innerhalb des Projektes entwickeln, von der Basis eines Cabbikes? Eher nicht. Wird Volkswagen Angst vor Umsatzeinbußen durch das Projekt haben? Nein! Würde der Bereich sie interessieren, forschten sie selber in die Richtung (tun sie vllt sogar) mit Mittelansätzen in zehn bis fünzigfachem Bereich. Kann sogar sein, dass die VW-Stiftung sich zu Förderung überzeugen lassen würde. Was ich nur sagen will: Es geht nicht umbedingt um perfekte Produkte in diesen Förderungen. Vielmehr kann das Anschieben von Entwicklungen (gerade bei KMU) das Ziel der Politik sein. Und Einmischung der großen Industrie ist in diesem Bereich eher seltener als man denken mag, würde ich behaupten.
2) schlechte Ergebnisse sind auch Ergebnisse...
Man unterscheidet in der Projektförderung high and low hanging fruits. Mit low hanging fruits sind Projektanträge gemeint, die notwendige Entwicklungen oder Forschungsansätze beantragen, die im Falle ihrer Förderung ziemlich sicher genau das vorgeschlagene ergeben. Mit high hanging fruits bezeichnet man Projekte, die zwar eine Aussicht auf Erfolg haben, bei denen aber schon ein bisschen Glück dazu gehört, man einen sehr langen Atem braucht, die grundlegende Methodik unterwegs noch angepasst werden soll, ein sehr großes Konsortium notwendig wird o.ä. bei denen aber im Falle des Erfolgs der Impakt der Ergebnisse enorm hoch ist. Man spricht im Venture Capital Bereich auch von High-Risk-Projects. Die stellen aber nur einen Teil der High-Hanging Fruits dar.
Auf jeden Fall wird bei solchen Projekten fast immer ein Risikomanagement vorgenommen. Neben Evaluierungsschritten zur Freischaltung einer weiteren Förderphase sind dies oft auch Rückfalllinien in der Entwicklung. Und so kann u.U. am Ende etwas rauskommen, was man auch günstiger hätte erforschen / entwickeln können. Dann hätte man aber keine Chance auf das nicht erreichte Ziel gehabt. Ohne die Rückfalllinien wäre aber das gesamte eingesetzte Budget ohne Ergebnis weg gewesen. Tatsächlich ist es so, dass wenn man nur low-hanging-fruits fördert, man auch kaum zu bahnbrechenden Ergebnissen kommt. Die Musik für systemumwälzende Entwicklungen und Nobelpreise spielt in der anderen Liga. Oder anders formuliert: Wer nix wagt, der nix gewinnt. Immer nur wagen ist aber auch nicht drin, weil am Ende Frau Lisa Müller an der Lild-Kasse schon noch erklärbar sein muss, warum ihr Steuergeld für Forschung und Entwicklung ausgegeben wird.
3) wie kann ich dafür sorgen, dass "meine" Themen gefördert werden, ich also überhaupt eine Chance auf Förderung habe?
Dafür gibt es kein generelles Rezept. Überzeugt den MdB Eures Wahlkreises von Eurer Idee (am besten wenn der in der gleichen PArtei wie der Minister des zuständigen Ministeriums ist) und lasst ihn beim Ministerium was vorschlagen. Nutzt es, wenn Ministeriumspersonal (vom MinisterIn bis runter zum Referenten) in Eure Uni / KMU-Verein / IHK-Treffen / Grundsteinlegung kommt und überzeugt die von Eurer Idee. Je höher in der Hierarchie umso wahrscheinlicher das Durchkommen der Idee. Bietet Euch bei PTs als Gutachter/ext. Experte an, wenn Ihr wg. Projektanträgen anruft (so à la "nee, das passt nicht gut auf uns, aber wir sind Experten für XY, wenn Sie mal jemanden in dem Bereich als Gutachter brauchen..."). Wer einmal Gutachter ist, wird es immer mal wieder sein. Ist zwar idR unbezahlt, gibt aber Kontakte zu den Entscheidern und manchmal die Möglichkeit in einem Expertengremium Ausschreibungen mitzubestimmen (s.o.)
4) Fördergelder zu bekommen ist viel zu aufwändig!!!
Kann sein. Von nix kommt nix, aus nix wird nix und viel hilft viel... Du musst investieren, wenn Du was haben willst. In jedem Fall kann man nicht gleichzeitig sagen, dass die Beantragung zu aufwändig ist und außerdem man selbst besser entwickelt hätte, als der, der da gefördert wurde. Der hatte in jedem Fall beim Beantragen die Nase vorn. Dass Du es besser gemacht hättest, muss in genau dem Setting erstmal bewiesen werden.
Wir reden hier von nicht gerade kleinen Summen, die aus Steuergeldern finanziert werden. Was müsst Ihr denn so vorlegen, wenn Ihr das Geld für einen Kredit von der Bank haben wollt? Und den müsst ihr zurückbezahlen. Was müsst Ihr bei Venture Capital Banken machen? Und die wollen einen Anteil am Geschäft! Förder- und Haushaltsrecht ist kompliziert. Damit soll einerseits erreicht werden, dass alle Antragsteller möglichst fair behandelt werden, andererseits kommt es daher, dass nationale Förderinteressen oft andere sind als die der EU. So möchte die nationale Regierung z.B. gerne die nationale Industrie unterstützen, besser am Markt zu bestehen, damit heimische Arbeitsplätze gesichert sind, die EU möchte aber verdeckte Subventionen vermeiden (daher überigens die Förderquoten bei KMU, die aus dem "Beihilferahmen" der EU abgeleitet sind.)
5) Vernetzung hilft.
Vernetzt Euch besser. Nehmt Kontakte nicht nur zu Förderern auf, sondern auch zu Technischen Hochschulen / Fachhochschulen. Als KMU müsst Ihr etwa 40-60% der Kosten des Projektes selbst aufbringen. In-Kind-Beiträge wie bei manchen EU-Projekten gehen nicht. Als Unterauftragnehmer einer Uni werdet ihr voll bezahlt. Und die Uni erhöht ihre Projektpauschale damit. Allerdings wird das Gesamtprojekt teurer und ihr fallt durchs Raster, wenn es ein ähnliches Projekt mit höherer Eigenbeteiligung gibt. Die Profs sitzen in jedem Fall enger an den Entscheidern als Ihr. Sei es in der Wissenschafts-/Wirtschaftsförderung von Bund oder Land, sei es in der Industrie, die vllt INteresse an Kontakt hat (ob zur Entwicklung von Komponenten, als Ökofeigenblatt oder um Euch als Mitarbeiter zu rekrutieren...) Außerdem könnt Ihr so u.U. Werkzeuge und Verfahren nutzen, an die Ihr außerhalb der Uni kaum rankommt.
Das waren erstmal ungeordnet einige Gedanken zu dem Themenkomplex. Nein, ich kann Euch nicht helfen, ich habe mit Fahrzeug- oder Mobilitätsförderung beruflich nichts am Hut...
Schönes WE!