Unfall Strada - PKW Vorfahrt genommen

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Hallo zusammen,
heute hat es mich erwischt: Bin mit ca. 50 km/h in einen Passat gefahren, der mit die Vorfahrt genommen hat. Glücklicherweise ist mir - und auch dem Unfallgegner - nichts passiert. War sehr erstaunt, wie sehr man offensichtlich doch noch im Velomobil geschützt ist, denn der Aufprall muss doch recht heftig gwesen sein, da der Tretlagermast völlig verbogen ist. Wäre ich mit einem Up gefahren, würde ich jetzt vielleicht nicht mehr schreiben können... Andererseits wäre ich dann auch keine 50 gefahren und auch nicht auf der Straße sondern auf dem Radweg. Und da bin ich auch schon bei meiner Frage: Die Polizei hat den Unfall aufgenommen und meinte, die Sache sei eindeutig: Mein Gegner ist der Unfallverursacher, ABER! mich trifft eine gehörige Mitschuld, da ich den benutzungspflichtigen Radweg nicht benutzt habe. Von daher werde ich wohl einen großen Teil meines Schadens selber tragen müssen. Hat jemand von euch schon ähnliche Erfahrungen gemacht und weiß vielleicht aus eigener Erfahrung, wie die Gerichte da entscheiden?
Weiß vielleicht auch zufällig jemand, ob es im Raum Bremen einen Sachverständigen gibt, den er mit für die Schadenseinschätzung empfehlen könnte. Vielleicht gibts ja einige Leute, die schon vergleichbare Unfälle gehabt haben und mir noch wichtige Tipps geben können?

Gruß
Harald
 
Keine Ahnung zu deinen Fragen. Aber ich bin froh, dass dir scheinbar erst einmal nichts passiert ist!

Dirk, ich sach nur Anwalt
 
Auch wenn du den Radweg nicht benützt, was auch mit dem Geschwindigkeit vernünftig ist, darf jemand anders dich nicht den vorfahrt nehnen, hoffentlich hast eine gute Anwalt. Und ein Richter mit Hausverstand.
Mir hat es mal so mit ein Liegerad erwischt, da hat die Richterin gesagt das der unfallverursacher um 18.00 abend nicht mit so einen abstraktes gefahr auf der Strasse rechnen muss, und hat mich, obwohl ich den Radweg benutzt habe teilschuld gegeben und mein Anwalt was nicht gut.
Viel erfolg
 
Nun, als erstes gut, dass Dir nicht mehr passiert ist.
Wer wurde denn auf dem Unfallbogen als Verursacher aufgeführt? Auf welcher Seite liegt der Radweg, von welcher Seite kam der Passat? War es ein benutzungspflichtiger Radweg und war an der letzten Kreuzung auch wirklich ein Blauschild?
Generell gilt, die Vorfahrt gilt für die gesamte Straße und eine erhebliche Teilschuld sollte es lediglich geben, wenn die Nichtbenutzung des Radweges auch mit ursächlich war, also dadurch auch wirklich der Unfall begünstigt wurde.
Ein Anwalt wäre wohl eine gute Idee.
 
Zum Thema "Radwegebenutzungspflicht" gibt es hier und anderorts ausführliche Sach- und Meinungsdarstellungen.
Ein im Verkehrsrecht erfahrener Anwalt ist z.B. Dietmar Kettler aus Kiel, Herausgeber von "Recht für Radfahrer" (Dritte Auflage 2014 glaube ich).

Bei ihm kann man nachlesen, wie oft Polizisten, Anwälte und Richter nicht die genügende Sachkenntnis über das Verkehrsrecht besitzen und welche haarsträubenden Aufhebungen von absurden Gerichtsurteilen in den höheren Instanzen schon geschehen sind.
Beispiele: http://www.dietmar-kettler.de/Veroeffentlichungen.html

Ich spekuliere mal, ohne Deinen Fall näher zu kennen und ohne selbst Fachmann zu sein, dass Du mit sachkundiger Unterstützung mit nur minimalem Eigenanteil herauskommen kannst. Aber nicht ohne Fachanwalt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo,

auf jeden Fall zum Anwalt. Wenn der PKW-Fahrer im Unfallbogen als Verursacher aufgeführt ist, kommt es ja vielleicht gar nicht erst vor Gericht, sondern Dein Anwalt kann mit der gegnerischen Versicherung aushandeln, dass Dein Schaden auch übernommen wird. Kann ggf. noch die Verkehrsrechtsschutz empfehlen, die in der ADFC-Mitgliedschaft enthalten ist (dafür ist es wahrscheinlich jetzt zu spät). Weiterhin gilt ja die Verwaltungsvorschrift für Mehrspurer, nach der der Radweg nicht benutzungspflichtig ist, falls nicht zumutbar.
Bei meinem letzten Unfall hatte ich einen D*KRA-Gutachter, der sich auf Sonderfälle (Kraftwerke, Straßenbahnen, etc.) spezialisiert hat. Der ist dem Kostenvoranschlag von velomobiel.nl voll gefolgt.
Viel Erfolg bei der Schadensregulierung und alles Gute!

Dirk
 
Hi,
man gut das dir nicht passiert ist. Evtl. kann noch ein Schleudertrauma auftreten. Dann solltest du noch zum Arzt gehen. Zu deinem Tema: Laut StVO gibt es grundsätzlich eine Benutzungspflicht. Aber es gibt auch Ausnahmen. Wenn ein als benutzungspflichtig ausgeschilderter Radweg objektiv unbenutzbar ist, muss man ihn nicht befahren. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn er vereist, von Pflanzen überwuchert oder von falsch geparkten Autos blockiert ist. Auch wenn der Radweg nicht erreichbar ist (Beispiel: Liegedreirad oder Fahrradanhänger passt nicht durch eine vor dem Radweg angebrachte Umlaufsperre hindurch) muss er nicht benutzt werden. In solchen Fällen darf man auf die Fahrbahn (nicht aber auf den Fußweg!) ausweichen. Das mit der hohen Geschwindigkeit ist kein anerkannter Grund, auf die Fahrbahn auszuweichen. Am besten einen Anwalt fragen. Viel Erfolg.

PS: Falls du dein Strada am Ende nicht mehr haben möchtest, dann gib mir bescheid. Ich hätte da Interesse.
Gruß
Marek
 
An sich ist Geschwindigkeit, leider, kein rechtlicher Grund um vom benutzungspflichtigen Radweg (Zeichen 237, 240 und 241) auf die Fahrbahn zu wechseln. Dennoch gilt auf der gesamten Straße, also Gehweg, Radweg, Fahrbahn und Seitenstreifen hat man ggü dem Abbiegeverkehr Vorrang. Dies war auch hier der Fall. Glaskugelmodus: Daher ist im öffentlichen Recht der PKW-Führer zu 100% schuldig. Du hast dich nur mit der Nichtbenutzung des Radweges "schuldig" gemacht, aber dies ist erstmal keine Unfallursache. Im Zivilrecht, also wer ersetzt welchen Schaden, sieht das wieder anders aus. Hier zählt eben auch wie vermeidbar der Unfall gewesen wäre wenn du dich anders verhalten hättest. Ja ich weis Victim-Blaming ist Schei***, aber so ist nunmal die Rechtssprechung.
Die gegnerische Versicherung wird dir unterstellen, dass wenn du auf dem Radweg gefahren wärst, du nicht so schnell gewesen wärest und daher der Unfall vermieden worden wäre. Auch wird man dir vorwerfen, dass einer mit einem so schnellen Radfahrer nicht rechnet. Hierzu gibt es ein Urteil nachdem ein Rennradfahrer Teilschuldig gesprochen wurde, weil er keine "Radfahrer-Typische" Geschwindigkeit hatte. Ein Velomobil ist aber von aussen schlecht als Fahrrad erkennbar.

Daher rate ich dir in diesem Falle wie alle anderen auch. SOFORT zum Fachanwalt für Verkehrsrecht, am Besten nachfragen, ob dieser auch im Fahrradrecht versiert ist. Ausserdem bei den kleinsten Beschwerden sofort zum Arzt und alles dokumentieren und attestieren lassen. Stell dich schon mal auf einen langen Regulierungsprozess ein und auf viel Ärger, den du aber besser den Anwalt regeln lassen solltest.

Viel Glück und Erfolg. Gut, dass dir vorerst nichts passiert ist. Carbon/Glasfaser kann man ersetzen.

PS: Eventuell auch mal beim @guidolenz123 anklopfen, der ist Anwalt und kann dir vllt auch mal die ein oder anderen Tipps geben. Natürlich kein kostenfreies Beratungsgespräch ;)
 
Zumindest ist es erst einmal klasse, dass es Dir gut geht! Ich schließe mich den Vorrednern an: Anwalt einschalten. Wenn: was hast Du den Polizisten denn erzählt? Hoffentlich nicht, dass Du generell keine Radwege benutzt?. War der Radweg überhaupt benutzbar? Lag auf Deiner Auffahrt Glas? Ist es dort schon käufiger zu gefährlichem Begegnungsverkehr (z.B. mit Kinderanhängern; trotz reduzierter Geschwindigkeit und aller nötigen Vorsicht Deinerseits) gekommen? Das kannst Du mit einem Fachanwalt klären.
Assekuranzen sind i.d.R. raffgierig. Wenn die Haftpficht des Verursachers eine Möglichkeit abschätzen kann, durch Leistungsverweigerung Geld zu sparen, wird sie das wahrscheinlich versuchen. Auch diese Abschätzung kann mit Anwalt eher zu Deinen Gunsten ausfallen.

Gruß
Christoph
 
ABER! mich trifft eine gehörige Mitschuld, da ich den benutzungspflichtigen Radweg nicht benutzt habe. Von daher werde ich wohl einen großen Teil meines Schadens selber tragen müssen.
Hallo Harald,
sehe ich anders:
du musst zwar EIGENTLICH den RW benutzen, aber das Fahren auf der Straße ist ja nicht verboten.
Und es gibt Ausnahmegründe weshalb du auf der Straße fahren darfst.
Insofern muss ein Autofahrer auch mit einem Radfahrer dort rechnen.

Mal ein Auszug aus der VWV STVO:
Die vorgegebenen Maße für die lichte Breite beziehen sich auf ein einspuriges Fahrrad. Andere Fahrräder (vgl. Definition des Übereinkommens über den Straßenverkehr vom 8. November 1968, BGBl. 1977 II S. 809) wie mehrspurige Lastenfahrräder und Fahrräder mit Anhänger werden davon nicht erfaßt. Die Führer anderer Fahrräder sollen in der Regel dann, wenn die Benutzung des Radweges nach den Umständen des Einzelfalles unzumutbar ist, nicht beanstandet werden, wenn sie den Radweg nicht benutzen;

In der VWV STVO gibt es auch noch weiter Hinweise warum ein RW unzumutbar (ZB unzureichende RW-Breite, nicht straßenbegleitend, an Kreuzung uneinsehbar für Autoverkehr,..) ist.
daher würde ich dir diese Lektüre mal nahelegen:
http://www.verwaltungsvorschriften-im-internet.de/bsvwvbund_26012001_S3236420014.htm

Auch am Unfallort die exakte Beschilderung und Beschaffenheit der Fahrbahn und des Radweges untersuchen.
zB Muss ein RW die gleichen Vorfahrtsregeln wie die Fahrbahn haben, ansonsten ist er nicht mehr Fahrbahnbegleitend und somit auch nicht benutzungspflichtig.

Auf jeden Fall einen Fachanwalt für Verkehrsrecht beauftragen!
 
@schwimmrad
Bestell Dr. Reich einen schönen Gruß, mittlerweile kennt der sich rund um's Thema Velomobil aus (hat u.A. meinen Unfall sowie den von Jens Buckbesch abgewickelt) ;)

Zum Thema Sachverständigen: schick das Rad zum Hersteller sonst kann keiner den Schaden verlässlich beurteilen.
 
SChon ein bisl Dreist dir eine große Teilschuld zukommen zu lassen, weil du nicht auf dem Radweg warst..
Dort ist die Wahrscheinlichkeit zu verunfallen noch größer.. Und dort finden sie dann andere Gründe dir eine Teilschuld zuzuschieben (z.B: das du nicht auf deine Vorfahrt verzichtet hast, der Helm fehlt, oder dein Fahrzeug anders aussieht).

Anwalt nehmen (nen guten), und in die Offensive gehen. Die Gegenseite darf nicht auf den Gedanken kommen hier ein "Opfer" vor sich zu haben, dann knicken die recht fix ein.
 
Wie ist das nochmal mit der Benutzungspflicht für Radwege, die nur für Einspurer gilt? Damit wäre doch schon ein gewichtiges rechtliches Argument auf Haralds Seite.
 
Richtig. Siehe Punkt 23 im Anhang… Alles andere macht der Anwalt (y)

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Bezgl. Schadenbegutachtung: Du kannst das Ding auch nach Siedenburg zum Räderwerk schaffen… Das ist näher dran als NL.
 
Wer neugierig auf die Definition von "Fahrrad" in dem in RdNr 23 omimös genannten
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ist, wird ein wenig enttäuscht:
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Gruß
Christoph
 
Leute, abwarten und Tee trinken. Die Mitschuldzuweisung kommt von einem Schutzpolizisten, und die sind wie wir wissen in Sachen Rechtslage nicht immer helle.
 
zB Muss ein RW die gleichen Vorfahrtsregeln wie die Fahrbahn haben, ansonsten ist er nicht mehr Fahrbahnbegleitend und somit auch nicht benutzungspflichtig.
Wo kann ich diese Regeln denn finden? Hab ich schon ein paar mal gehört, aber nicht nicht in "offizieller" Formulierung.
 
Wo kann ich diese Regeln denn finden? Hab ich schon ein paar mal gehört, aber nicht nicht in "offizieller" Formulierung.
Ist auch keine offizielle Formulierung, sondern eine Auslegung.
Initial stammt diese Auslegung von Bernd Sluka:
Bernd Sluka schrieb:
Eine abweichende Vorfahrtregelung ist ein Hinweis darauf, daß der Radweg nicht zur Straße gehört. Denn gemäß § 8 StVO haben Fahrzeugführer auf der ganzen Straße Vorfahrt (und straßenbegleitende Radwege sind ein Straßenteil). Haben sie die nicht, kann der Radweg nicht zur Straße gehören. Gemäß § 9 Abs. 3 StVO haben Radfahrer auf Radwegen "neben der Fahrbahn" auch Vorrang vor auf der Fahrbahn abbiegenden Fahrzeugen. Auch der wird ihnen durch ein Zeichen 205 (Vorfahrt gewähren!) genommen.
Die Verwaltungsvorschrift zu § 9 Abs. 3 StVO meint dazu:
16 I. Der Radverkehr fährt nicht mehr neben der Fahrbahn, wenn ein Radweg erheblich (ca. 5 m) von der Straße abgesetzt ist. Können Zweifel aufkommen oder ist der abgesetzte Radweg nicht eindeutig erkennbar, so ist die Vorfahrt durch Verkehrszeichen zu regeln.​
Im Umkehrschluß (der voraussetzt, daß sich Straßenverkehrbehörden an ihre Vorschriften halten) bedeutet das, daß Zeichen 205 die Radwege anzeigt, die nicht mehr zur Straße gehören.
Und zwar mit der folgenden Einschränkung:
Bernd Sluka schrieb:
Aber wie schon geschrieben: Ein Gericht hat m.E. in dieser Sache noch nicht entschieden. Daher ist unklar, was dabei herauskommen würde, zumal jeder Fall eine Entscheidung im Einzelfall darstellt. Zum Bluffen genügt das auf jeden Fall.
Es reicht m.E. auch dazu aus, eine Straßenverkehrsbehörde auszuhebeln, denn die kann nicht zugeben, sich nicht an die Vorschriften zu halten. Moment, nein, das können die schon. Teilweise wurde das im Zusammenhang mit der StVO-Novelle klar zugegeben (z.B. daß man sich seine eigenen Vorschriften macht und um die des Bundes einen Dreck schert).
Gruß
Christoph
 
Wo kann ich diese Regeln denn finden? Hab ich schon ein paar mal gehört, aber nicht nicht in "offizieller" Formulierung.
Das ist nicht offiziell, aber es folgt aus den gültigen Regeln. Das Vorfahrtsrecht gilt für die gesamte Breite der Straße. Hat der Radweg eine andere Vorfahrtregelung kann er nicht zu dieser Straße gehören. Dann hat man einen Radweg ohne Straße und eine Straße ohne Radweg, das ist ja nicht unüblich.

Den Radweg darf man benutzen wie einen beschilderten Radweg durch den Park. Oder man fährt auf der Fahrbahn der Straße wie z.B. bei der Straße um den Park rum.
 
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