Reparatur eines Carbonrahmens

Jack-Lee

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Servus,
nachdem ich mein RazzFazz beim anfahren erstmal zu teurem Kohlenstoffbrösel verwandelt hatte, musste ich den Schaden natürlich ordnungsgemäß reparieren.
Zuerst wurde inspiziert was überhaupt kaputt gegangen war.
Auf der Antriebsseite hat sich der Schwingenarm zusammengestaucht (Durch den Kettenzug beim Antritt). Dadurch war das Material nicht glatt gebrochen sondern über mehrere Centimeter unsauber gestaucht. So entschied ich mich, den Teil komplett herauszutrennen.
Auf der Nichtantriebsseite gab es einen Riss, durch das verbiegen des Ausfallendes wegen dem Bruch auf der rechten Seite.
Der Rahmen wurde nun auf eine Lehre eingespannt und ausgerichtet. Nun konnte gesägt werden.

DSC_0008.JPG DSC_0009.JPG

Nachdem das schadhafte Stück herausgetrennt wurde, musste natürlich ein passender Kern hergestellt werden, um anschließend darüber zu laminieren.

DSC_0010.JPG DSC_0012.JPG

Nach einiger Schleifarbeit war der Kern fertig und passte perfekt in den Schwingenarm. Anschließend wurden die Stellen, an denen Laminat aufgelegt werden soll, angeschliffen (bis auf die Faser).
Nun konnten die Faserverstärkungen zugeschnitten werden. Der Aufbau soll halbwegs leicht, aber deutlich fester als vorher sein. Soweit ich erkennen konnte, waren die mittleren Teile der Schwingenarme mit nur 2 Lagen Carbon hergestellt, ca. 0,6mm Wandstärke. Der restliche Rahmen ist aber deutlich solider ausgelegt.
Also wurde für die rechte Seite zurechtgeschnitten:
2Lagen 400g Carbongewebe
4Lagen UD-Gelege 145g
4Abschnitte Glasgewebeband

und für die linke Seite:
2Lagen 400g Carbongewebe
2Lagen UD Gelege 145g
2Abschnitte Glasgewebeband

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Es konnte nun das Harz angerührt und die Faserverstärkungen getränkt werden. Dann wurden diese aufgelegt und angetupft. Zum Schluss wurde noch Abreissgewebe darübergewickelt um eine einheitliche Oberfläche zu erhalten.

Materialeinsatz: 124g inkl. Harz und Schaumkern
Vorher konnte man mit leichtem Druck das Rohr seitlich eindrücken, nun ist es brettsteif. Das bricht so leicht nicht nocheinmal..

Zudem wurden auch die Laufräder neu aufgebaut, da die alten schon Risse um die Nippellöcher (Hinterrad) aufwiesen und 32L vorn doch etwas oversized war.

DSC_0007.JPG

Gruß,
Patrick
 
schöner Bericht und schön zu lesen, dass du es reparierer konntest.
Konntest du mit dem neuen LRS noch etwas Gewicht sparen? Wie schwer ist der Rennhobel nun?
 
@hering : Leichter bekommt man den Laufradsatz nur noch mit Carbon. Vorn ist es 16Speichen leichter geworden, hinten 90g schwerer. Die original verbaute Felge unbekannten Typs wog 260g.. Auf 571mm! Bringt aber auch nicht so viel, wenn sie dann nicht hält und keine Bremsflanke besitzt (aber das Hinterrad Felgengebremst ist). Mit 16/8 Einspeichung hinten sollte das Laufrad nun eine lange Lebensdauer aufweisen.

@Micha13 : War rundrum relativ gleichmäßig. Das Gewebe endet sogut wie "grade", dafür nicht alles an einer stelle sondern jede Lage ist etwas kürzer als die darunter. So werden apprupte Dickensprünge vermieden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich frage nicht wegen deiner Reparatur. Folgendes Scenario auf MTB-News: Carbonexpertenthread, Bike kippt um, knallt mit Oberrohr gegen Laternenpfahl. Oberrohr beschädigt. Selbsternannte Carbongurus empfehlen eine Firma die sich auf solche Reparaturen spezialisiert hat. Mein Einwand, daß der Rahmen nun nicht mehr so belastbar sei, wie vor dem Schaden, da die Fasern der auflaminierten Reparaturflicken ja nur durch das Harz mit der ursprünglich durchgehenden Originalfaser verbunden sei, wurde von den "Experten" regelrecht niedergebrüllt.
 
Ich frage nicht wegen deiner Reparatur. Folgendes Scenario auf MTB-News: Carbonexpertenthread, Bike kippt um, knallt mit Oberrohr gegen Laternenpfahl. Oberrohr beschädigt. Selbsternannte Carbongurus empfehlen eine Firma die sich auf solche Reparaturen spezialisiert hat. Mein Einwand, daß der Rahmen nun nicht mehr so belastbar sei, wie vor dem Schaden, da die Fasern der auflaminierten Reparaturflicken ja nur durch das Harz mit der ursprünglich durchgehenden Originalfaser verbunden sei, wurde von den "Experten" regelrecht niedergebrüllt.

Die durchgehende Faser halte ich beim Oberrohr für ziemlich irrelevant, weil dieses (so lange sich keiner auf's Rohr draufsetzt) nur auf Druck belastet ist.
Wenn nun eine Lage drüber laminiert wird, nimmt der Durchmesser (und entsprechend auch die Festigkeit auf Druck so deutlich) zu, dass ich mir da keinerlei Sorgen machen würde.

Gruß, Harald

PS:
Ja, bei starkem Einsatz der Vorderbremse kann auch mal kurzfristig eine Zugbelastung im Oberrohr auftreten. Ich vermute aber, dass diese nicht auslegungsrelevant wird.
 
@independent mechanic : Weil die Gurus auch recht haben...
Auch ein "unverletztes" Laminat halt in der Z Ebene einzig und allein durch das Harz. Und auch Monocoquerahmen sind nicht aus einer Endlosfaser gelegt, sondern mehrere kleine Stückchen die Schicht für Schicht auflaminiert wurden.
Eine reparierte (sauber verarbeitete und dimensionierte..) Stelle kann problemlos genausogut halten wie vorher ohne nennenswertes Zusatzgewicht.
 
Mein Einwand, daß der Rahmen nun nicht mehr so belastbar sei, wie vor dem Schaden, da die Fasern der auflaminierten Reparaturflicken ja nur durch das Harz mit der ursprünglich durchgehenden Originalfaser verbunden sei, wurde von den "Experten" regelrecht niedergebrüllt.
Wenn die Klebefläche groß genug ist sollte sie mehr halten als die Fasern, auch bei Zugbelastung.

Stimmt ja auch beides. Der reparierte Rahmen hat keine durchgehenden Fasern und muss eben an der Klebenaht über den Kleber halten, ist also theoretisch nicht so hoch belastbar.
Aber jede Belastung muss ja real in das Rohr eingekoppelt werden und wird zwischen den Fasern ausgeglichen, also auch dort nur über das Harz übertragen, selbst bei unbeschädigter Faser.
Die relevanten Belastungen sind eh die, die quer zu den Fasern gehen, in Faserrichtung ist es damit eh überdimensioniert. Eindimensionale Last ist illusiorisch beim Fahrradrahmen, gegen knicken/beulen muss ja auch vorgesorgt werden.

Gruß,

Tim
 
Sogar die schwingen halten wenn ich sie Verlängere. Eigentlich gedanklicher Horror, verständlich.
Aber auch der EifetTurm hält. Ein Hanfseil hält auch
 
Die Stärke von Klebstoffen/Harz ist die Belastung auf Schub, und genau so wird das Harz bei so einer Reparatur ja belastet und kann so gut die Kräfte auf die Fasern übertragen, die sich dann um Zug/Druck/Torsion kümmern.
Ein anschauliches Beispiel für die Schubfestigkeit von Klebstoff sind Panzerbandfesseln aus nur einer Lage... selbst mit nur ein paar cm Überlappung reissen eher die Fasern im Tape als die Klebestelle.
 
Stimmt ja auch beides. Der reparierte Rahmen hat keine durchgehenden Fasern und muss eben an der Klebenaht über den Kleber halten, ist also theoretisch nicht so hoch belastbar.
Aber jede Belastung muss ja real in das Rohr eingekoppelt werden und wird zwischen den Fasern ausgeglichen, also auch dort nur über das Harz übertragen, selbst bei unbeschädigter Faser.

Die Rohrknoten werden bei Rahmenkonstruktionen zusätzlich mehrfach umwickelt. Wenn die Kräfte nur über das Harz eingeleitet würden, könnte man ja auf die Faser ganz verzichten. Grundsätzlich dient das Harz doch nur dazu, die Fasern in ihrer vorgesehenen Lage zu fixiern?

Ich bezweifle nicht, daß die oben beschrieben Repatur hält oder alltagstauglich ist, ich bezweifele nur das man mit so einer Reparatur die ursprüngliche Festigkeit wieder erreicht. Es sei denn, man macht es wie Jack-Lee und fügt zusätzliche Lagen hinzu. Das war bei dieser Reparatur aber nicht der Fall. Muß ja schön aussehen.

Ich merk schon, ich muß auf meine alten Tage noch mal bei einer Carbonbude anheuern.
 
Ich merk schon, ich muß auf meine alten Tage noch mal bei einer Carbonbude anheuern.

Oder schauen ob in der Nähe ein Segelflugverein ist und nachfragen ob der Werkstattleiter
mit ein paar Tipps aushilft.

Hier gibt es was zum lesen

vieles davon wird so noch heute genutzt.

Und CFK Rahmen werden repariert seit es welche gibt und wenn man nicht völligen Blödsinn bei macht halten die weiterhin,
mein ältester CFK Rahmen ist von ca. 1994 den würde ich doch nicht entsorgen nur weil der nen Riss oder Bruch hat.
 
Es sei denn, man macht es wie Jack-Lee und fügt zusätzliche Lagen hinzu. Das war bei dieser Reparatur aber nicht der Fall.


Naja wenn man stumpf klebt ist die Klebefläche halt zu klein. Genauso wenn man das Oberrohr stumpf an das Steuerrohr klebt. Durch das umwickeln mit Roving wird auch nur wieder die Klebefläche erhöht. Die Fasern werden ja nicht mit dem vorhandenen Material verknotet ( was dann eben Reibung wäre) oder verschweißt oder so.
 
Es sei denn, man macht es wie Jack-Lee und fügt zusätzliche Lagen hinzu. Das war bei dieser Reparatur aber nicht der Fall. Muß ja schön aussehen.
Wenn man es optisch schön haben will, reicht es theoretisch, dass der Reparaturbereich um eine Lage dicker ist als das Ursprungsmaterial. Das Endergebnis wäre so ähnlich wie >hier< bei einer Schäftung oder bei einer Überlappung mit abgeschrägten Enden, aber das Anschrägen des alten Teils ist ziemlich aufwendig. Bei @Jack-Lee dürfte es eine Zwischenform sein, bei der das eine Teil stumpf und das andere schräg ist.
 
Hallo, ich kenne mich mit den Kraftflüssen in Fahrradrahmen noch nicht so gut aus aber ich setze Kraftfahrzeuge mit Carbonstrukturen instand und halte eine Instandsetzung mit partiellem Ersatz für problematisch, wenn der neue Teil mit Harz/Härter eingefügt wird. Wie vorher richtig erwähnt wird beim teilweise Ausschneiden die GelegeFaserstruktur entkoppelt. Da es sich meistens um mehrschichtige Gelege handelt kann man durch Sichtprüfung die Schadstelle nur schwierig genau eingrenzen. Die KFZ Hersteller von denen ich weiß,daß sie Carbonteile einsetzen schreiben meist vor, daß beschädigte Teile möglichst komplett zu ersetzen sind. Wer wissen will, wie das aussehen kann sollte sich mal den aktuellen 7er BMW ansehen (Stichwort: Carbon Core). Wenn der eine Verformung im Bereich der A-Säule hat, dann mach ich das komplette Auto auf, aber richtig auf.


Die polydimensionale Aufnahme der Kräfte in der E-Modulmatrix ist nicht mehr gewährleistet. Bei einem Teilersatz muß dieses durch ein geeignetes Fügeverfahren wieder hergestellt werden. Ich verwende hierfür normalerweise eine Überlappung. Je nach Sichtbarkeit auch eine zweiseitige Überlappung mit geeignetem Material, was nicht immer auch unbedingt Ein Carbonfaserteil sein muß. Da kommt dann auch mal Aluminium oder ein Kunststoff zum Einsatz. Wichtig ist nur der Umgang mit der Fügestelle. Harz Hält nicht! Bei Gelegen immer bis auf die Gelegeschicht schleifen, weil die Stabilität aus dem Verbund von Harz und Faser kommt. Im KFZ Bereich kommt zum Fügen ein 1K PU Kleber zum Einsatz. Ko- und Adhäsion müssen hier zusammenspielen, dementsprechend auch die Klebstoffschichtdicke.
PU hat den Vorteil dauerelastische Fügestellen auszubilden.
Wäre ich unbedarft würde ich einen Fahrradrahmen folgendermaßen reparieren: Schadstelle durch Klopftest eingrenzen; Schadstelle austrennen; Fügestellen bearbeiten; Ersatzteil als Carbongelege beschaffen/fertigen; Alurohr als Überlappung innenliegend mit PU Kleber verbinden; Fugen der Nahtstelle zum Schutz vor Korrosion mit PU verfüllen.
Da ich aber weiß, wie Carbon funktioniert und es meistens um Sicherheit geht Empfehle ich den Ersatz der kompletten Einheit, was in diesem Fall der komplette Rahmen wäre. Zumal ich auch schon gesehen habe wie umschön sich ein vermeintlich geflickter Carbonrahmen durch Ihre Besitzer bohren kann. Die waren dann den Rest ihres Lebens mit ihrem Bike verbunden, weil die Fasern wirklich lange zum rauseitern brauchen.
Zum Thema unschön: Die Schutzbekleidung zur Carbonbearbeitung sieht echt Horror aus, macht aber absolut Sinn. Bevor ich die weglasse, dämme ich im Hochsommer nackt unseren Dachboden mit Glaswolle! Zur Carbonbearbeitung bitte keine Elektrowerkzeuge verwenden, die halten nämlich dann nicht mehr lange und machen auch hässliche Brandflecken, Kohlefaser ist dann halt doch leitfähig.
Mein Fazit lautet daher: Steht er oder geht er. Bei Beschädigung Austausch! Klar sind die Dinger teuer, aber überlegt mal bitte welchem Risiko ihr euch mit so einem geflickten Rahmen aussetzt und versucht euch vorzustellen, wie ihr mit euerm Bike mit Vmax einen Berg abfahrt und feststellen müßt, daß die xxxx € für einen neuen Rahmen doch nicht zuviel gewesen wären, während sich die Faserbündel gerade in eueren Innereien verteilen.
Gute fahrt!

Horst
 
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