Reisebericht Vogelsberg - Holland - Vogelsberg

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Nidda-Rhein-Ijsselmeer-Weser-Fulda

2 Wochen mit dem Go-One3 auf Tour





Montag, 25. August 2014, Feldatal – Hofheim/Taunus 135 Km



Es regnet mal nicht an diesem Sommertag. Im Moment jedenfalls. Frohgemut starte ich meine Urlaubstour, von der ich im Moment noch nicht weiß, wohin sie mich führen wird. Ich plane zunächst an den Main zu fahren und dann zu entscheiden, ob ich diesem Fluss auf- oder abwärts folgen werde. Nach den ersten 30 Kilometern ist klar, ich werde dem Main abwärts folgen und dann am Rhein entscheiden, ob ich mich nach Norden oder Süden orientiere. Irgendwo in der Wetterau treffe ich auf den kleinen Fluss„Nidda“ und folge der Beschilderung in Richtung „Niddamündung“. Diese Mündung befindet sich im Frankfurter Stadtteil „Höchst“; das weiß ich noch aus dem Heimatkundeunterricht. Der Himmel wird immer grauer. Irgendwo in Frankfurt verliere sich die Beschilderung des Radweges und ein Drängelgitter zwingt mich dazu, aus dem VM auszusteigen und unter den kritischen Augen einer alten Frau, mein Fahrzeug mühsam durch die Barriere zu bugsieren. Sie keift los, ich dürfe nicht auf dem Radweg fahren. Sie lässt sich in keiner Weise überzeugen, dass ich mit einem Fahrrad unterwegs sei und ruft mir, als ich weiterfahre hinterher: „Das ist kein Fahrrad, das sieht man doch!“ Nun ja, kurze Zeit später treffe ich auf eine Gruppe älterer und jüngerer Menschen, die mich in eine angeregte Diskussion über die Vorzüge meines Fahrrades verwickeln.

Trotz fehlender Beschilderung finde ich die Niddamündung und suche nun den Main-Radweg. Es beginnt zu regnen. Ich suche Zuflucht unter einem Baum und versuche einem Mann undefinierbaren Alters die Information zu entlocken, wo denn nun der Main-Radweg sei. Doch er ist eher an dem Inhalt seiner Flasche als an einem Gedankenaustausch interessiert und so folge ich Straßenschildern, die andeuten, dass es dort in Richtung Wiesbaden gehe. Ich entferne mich immer weiter vom Main und gelange schließlich nach Hofheim und bin froh, dort ein Hotelzimmer für die Nacht zu bekommen. Mein Fahrrad, dass nach Meinung des Hoteliers im Flur übernachten könne, bekommt nach näherer Betrachtung dann doch einen Garagenplatz.





Dienstag, 26. August, Hofheim – Mainz – Rüdesheim, 90 Km



Es regnet. Erst kurz vor Mainz hat der Himmel ein Einsehen und eine der wenigen Dürreperioden meiner Fahrt bricht an. Im Mainz finde ich den Rhein-Radweg problemlos und rattere endlos durch durch einige Industriegebiete um endlich in den Rheinauen zu landen. Ich folge zwar dem Rhein-Radweg, doch für ein VM ist der Weg hier nicht sonderlich geeignet. Auf nassen Sand- und Graswegen quäle ich mich langsam voran und bin froh am Ende der unwegsamen Strecke ein geöffnetes Wirtshaus direkt am Rheinufer zu finden, in dem ich zu einem heillos überhöhten Preis Spaghetti Bolognese verzehre. Ich komme mit einem anderen Tourenfahrer ins Gespräch, der mit seinem Mountain-Bike ebenfalls Probleme hatte, der Piste von Mainz bis hierher zu folgen. Ich fahre weiter, komme nach Bingen und überquere mit der Fähre den Rhein, um nach Rüdesheim zu gelangen. Ich war noch nie in Rüdesheim und ich denke, so bald werde ich dort auch nicht wieder hinwollen. Ein Quartier ist schnell gefunden und ich mache mich auf den Weg, das viel besungene Rüdesheim zu betrachten. Auf dem Marktplatz spielt eine Gruppe norwegischer
 
Rentner muntere Volksweisen zum Mitklatschen für die dort sitzenden Rentner aus aller Herren Länder. Die Umgangssprache auf dem Marktplatz ist Englisch. Bald finde ich eine Buchhandlung. Dort kaufe ich einen RheinRadweg-Führer von Mainz nach Rotterdam und erfahre nebenbei von der Buchhändlerin, dass sie den Tag herbei sehnt, an dem sie in Rente gehen und Rüdesheim verlassen kann. Ähnliches berichtete übrigens auch meine Quartiergeberin.

Ich mache noch einen Ausflug zur „Germania“ und lasse den Tag in der Drosselgasse ausklingen. Sehr bald packt mich das Grauen und ich suche mein Quartier auf.





Mittwoch, 27 August, Rüdesheim – Weißenthurm, 100 Km



Es regnet nicht und der Weg ist auch gut befahrbar. Immer am Rhein entlang. Gegenüber der Loreley mache ich eine ausgedehnte Pause und lasse mich weiter rheinabwärts treiben. Irgendwann erreiche ich Koblenz und lerne, dass Fußgänger recht eigenartige Wesen sind und zu aggressiven Reaktionen neigen, wenn sich ein Radfahrer auf dem Radweg nähert und dort flanierende Spaziergänger überholen will. Doch auch das ist irgendwann überstanden und als in Weißenthurm direkt am Rhein die Leuchtreklame eines Hotels Gastlichkeit verspricht, zögere ich nicht lange und mache von dem Angebot Gebrauch. Ich nehme auf der Hotelterasse Platz, genieße den Blick auf den Rhein und sehe ein WAW in schneller Fahrt auf dem Radweg vorbei fahren. Nun versuche ich, dem Hotelier noch ein Abendessen zu entlocken, werde aber wegen einer Familienfeier an die örtliche Döner-Bude verwiesen und erfahre, dass mir der Wirt am nächsten Morgen das Frühstück auf dem Zimmer servieren werde. Ich suche also die Döner-Bude auf und gehe sehr früh ins Bett. Am nächsten Morgen wache um 05.30 Uhr auf, dusche schnell und mache mich schleunigst auf den Weg. Ohne Früstück.





Donnerstag, 28. August, Weißenthurm –Zons, 120 Km



Ich erreiche Remagen und will mir das Friedensmuseum (direkt am Rhein-Radweg) betrachten als plötzlich das WAW vor mir steht. Der Fahrer (ein Belgier) und ich kommen ins Gespräch und ich darf das WAW mal fahren. Danke dafür.

Nach einiger Zeit will der nette Belgier, dessen Namen ich mir leider nicht gemerkt habe, weiter und ich besichtige das Museum. Zum Glück leben wir hierzulande in einer friedlichen Zeit...



Weiter geht die Fahrt. Irgendwo am Rhein wird der Weg durch einen Radlader versperrt. Eine Ausweichstrecke gibt es nicht und ich stehe ein wenig ratlos vor dem Hindernis. Einspurer können sich mit Mühe an der Maschine vorbei zwängen. Die Bauarbeiter betrachten sich mein Dilemma und beschließen kurzerhand, mein VM über ihr Arbeitsgerät hinweg zu heben.

Bad Godesberg und Bonn sind schnell erreicht. In Bonn verwickeln mich zwei Passanten in ein langes Gespräch über Mobilität im Allgemeinen und die Vorzüge des Radfahrens im Besonderen. Ich will weiter und gelange nach Köln. In Köln wichen die alten Hafenanlagen einer schicken und sicher teuren Wohnbebauung an der Rheinpromenade, über die hier der Rhein-Radweg führt. Warum die Planer dieses Weges aber Kopfsteinpflaster für den Radweg verwendet haben, bleibt dem geneigten Nutzer verschlossen. Es handelt sich hier nicht etwa um historischen
 
Straßenbelag, sondern eher um eine historisierende Rüttelstrecke. Schleunigst sehe ich zu dem Pflaster und dem Trubel zu entkommen und erreiche den Ort Zons. Zons ist ein wirklich sehenswerter Ort, der allerdings seine touristischen Glanzzeiten hinter sich zu haben scheint. Es gibt im wunderschönen alten Ortskern einige Häuser, die von sich behaupten Wirtshäuser oder gar Beherbergungsbetriebe zu sein, doch bei näherem Hinsehen fällt auf, dass die meisten dieser Häuser zu verpachten sind oder zum Verkauf stehen, folglich geschlossen sind und dem müden Radwanderer deshalb auch kein Quartier bieten. Ich finde ein zwar teures aber sehr angenehmes Quartier und außer der obligatorischen Döner-Bude ein wirklich gutes Restaurant.





Freitag, 29. August, Zons – Xanten, 130 Km



Der Morgen sieht mich gut ausgeruht wieder auf dem Rhein-Radweg. Es geht gut voran, wären da nicht diese vermaledeiten Drängelgitter. Diese Dinger sind so konstruiert, dass ich an jeder dieser Absperrungen gezwungen bin auszusteigen, mein VM durchzuecken um dann nach gefühlten 100 Metern die Prozedur zu wiederholen.

Also, es gibt Drängelgitter, die ich wenn auch langsam durchfahren kann, es gibt Absperrungen unter denen ich hindurch passe und es gibt diese völlig überflüssigen und sinnlosen Konstruktionen, denen ich hier begegne. Vorher habe ich allerdings noch das zweifelhafte Vergnügen Neuss, Meerbusch und Krefeld zu durchqueren. KATASTROPHAL. Die Beschilderung ist bestenfalls bruchstückhaft vorhanden und ich bewege mich im dichten Verkehr. Entgegen der Behauptung meines Bikeline Radwegführers verläuft der Weg eben nicht direkt am Rhein sondern weiß der Himmel wo. Ich habe den Weg jedenfalls nicht gefunden und bin froh, diese Odyssee unbeschadet überstanden zu haben. Kurz vor Rheinhausen begegnet mir ein Tourenfahrer, der mir völlig entsetzt von Schrecknissen berichtet, die ihm in Rheinhausen widerfahren seien. Ein interessanter Mensch übrigens; gebürtiger Brite in New York lebend der mit seinem Fahrrad auf dem Weg von Amsterdam nach Budapest ist, um eine Radtour aus seiner Jugendzeit zu wiederholen.

Mir graut ein wenig vor der Durchquerung von Rheinhausen, die mir aber wider Erwarten gut gelingt. Nicht zuletzt dank der ortskundigen Unterweisung eines Tankwartes, den ich kurzerhand um Rat bitte. Zu allem Überfluss regnet es wie aus Eimern und hört erst auf, als ich wieder unbehelligt am Rhein entlang rolle. In Xanten finde ich ein kleines aber schönes und gemütliches Hotel. Mein VM darf im noch auszubauenden Wohnzimmer übernachten und ich genieße einen lauen Sommerabend auf der Außenterasse eines Restaurants am Xantener Marktplatz.





Samstag, 30. August, Xanten – Maarsbergen (NL), 150 Km



Als ich losfahre regnet es (noch) nicht. Der Weg ist sehr gut ausgeschildert und ich komme gut vorwärts. Die Freude wird bald durch Schafgatter getrübt. Aussteigen, das Tor öffnen, das Tor mit einer Hand festhalten und mit der anderen Hand das VM durch das Tor manövrieren, das Tor wieder zufallen lassen (dank Schließfeder funktioniert das reibungslos) und nach kurzer Zeit wiederholt sich die Prozedur. Mittlerweile regnet es. Unterwegs finde ich ein Restaurant, in dem ich etwas esse und trocknen kann. Der Regen gönnt sich eine kurze Pause und ich fahre weiter nach Millingen(NL) um dort mit einer Fähre den Rhein zu überqueren. Dumm ist nur, dass ich die Fähre wegfahren sehe, als ich ankomme und dann erfahre, dass sie erst
 
in einer Stunde wieder übersetzt. Warten ist angesagt. Im Fährrestaurant gibt es Kaffee und Kuchen (Zufälle gibt’s, da wird doch wohl nicht etwa eine Absprache zwischen Fährmann und Wirtsleuten bestehen?) und die Wartezeit geht recht schnell vorrüber. Auf den famosen holländischen Radwegen erreiche ich bald Arnhem und verliere prompt den bis dato gut beschilderten Rhein-Radweg. Ich gerate in Arnhems Villengegend und muss erkennen, dass Holland zumindest in dieser Region verblüffend hügelig und bewaldet ist. Ein bezahlbares Quartier ist überdies weit und breit nicht in Sicht. Es wird dunkel, der Regen gönnt sich ab und zu eine Pause und ein Quartier ist nicht zu finden. Nachfragen in diversen Restaurants bringen lediglich die Antwort, dass es in der Nähe kein Hotel gebe. Ich mache mich darauf gefasst die Nacht durchzufahren und unternehme bei einer Tankstelle, die von einem älteren Mann betrieben wird der seine Zeit gerne mit jüngeren Menschen verbringt, die die Tageseinnahmen mit Bierkonsum aufbessern, den Versuch einen Hinweis zu einer Unterkunft in erreichbarer Nähe zu erhalten. Heureka, er weiß etwa und verweist mich nach Maarsbergen, hin zu einem Autobahnhotel. Mir ist mittlerweile alles egal und ich mache mich auf den Weg. Es regnet, es ist stockdunkel und der Weg führt durch Wald. Etwa eine Stunde später sehe ich die Lichter einer Autobahnraststätte und eines dazu gehörigen Hotels. Ich checke ein, trinke in der Bar noch ein Bier und gehe schlafen.





Sonntag, 31. August, Maarsbergen – Lelystad, 140 Km



Am Sonntagmorgen scheint die Sonne. Ich kaufe an der Autobahnraststätte noch einen Straßenatlas der Niederlande und mache mich wieder auf den Weg. Die Radwege sind fantastisch allerdings sollten die Holländer darüber nachdenken, etwas gegen den ständigen Gegenwind zu unternehmen. Der bläst nämlich kräftig und auf Dauer ist es ermüdend dagegen anzustrampeln. Ich komme nach Amersfoort und sehe eine große Gewitterfront heranziehen. Ich halte nach einer Unterstellmöglichkeit Ausschau. Bestimmt hätte ich auch etwas gefunden, doch das Schicksal hatte andere Pläne. Ein Plattfuß durchkreuzt meinen Plan, das Gewitter halbwegs trocken abzuwettern und stattdessen stehe ich in einem Wolkenbruch und wechsele einen Fahrradschlauch. Den nächsten Gewitterguss überstehe ich unter dem Vordach eines Möbelhauses. Da ich dank Straßenatlas mittlerweile weiß wo ich bin, beschließe ich den Ort Nijkerk zu suchen und von dort aus schnurstracks nach Lelystad zu fahren. Auf dem Weg nach Nijkerk begenet mir ein holländischer Strada-Fahrer, der durch einen Reifenplatzer zum jähen Stillstand gebracht wird. Wir kommen ins Gespräch und er meint ich solle nicht über Nijkerk fahren, sondern durch die Felder zu einem Deich, der mich direkt zu einer Brücke führe. Dort mpsse ich dann nur noch geradeaus nach Lelystad fahren. Er beschreibt mir den Weg und ich fahre los. Natürlich gegen den Wind. Nach etwa 20 Kilometern regnet es mal wieder kräftig und ich suche Schutz unter einem Baum. Auch dieser Regenguss hat irgendwann ein Ende und ich sehe den Deich, den es zu erreichen gilt in etwa 5 Kilometer Entfernung. Ich fahre los und werde nach kurzer Zeit von dem Strada-Fahrer eingeholt, der mir sagt, ich solle doch den Weg fahren, den er vorgeschlagen habe. Er bringe mich jetzt auf den rechten Weg. Ich denke, er wird sich hier auskennen und folge ihm. Prompt fährt er die 20 Kilometer zurück und bedeutet mir an einer Kreuzung, hier solle ich nach links fahren. Dann werde alles gelingen. Mittlerweile regnet es wieder. Ich mache mich auf den Weg und stehe nach etwa 20 Kilometern wieder vor dem Deich, den ich schon fast erreicht hatte. Traue niemals Ortskundigen!!
 
Ich schaue sorgfältig in die Landschaft, ob nicht etwa ein Strada irgendwo lauert und fahre auf dem Deich einer Brücke entgegen. Die Brücke, eine Hubbrücke, ist gerade geschlossen und im strömenden Regen entdecke ich den Hinweis, dass es bis Lelystad noch 32 Kilometer sind. Ich überquere die Brücke, treffe wieder einen Strada-Fahrer, der mich allerdings nicht vom Wege abbringen will und suche unter der Brücke Schutz vor dem Regen. Unter der Brücke steht auch eine Würstchenbude. „Frikandel-Special“ und eine Dose Heineken versöhnen mich wieder mit meinem Umweg und dem Wetter.

Der Regenschauer ist vorüber und weiter geht`s nach Lelystad. Unterwegs betrachte ich das Schauspiel eines Drachenfestivals (ach ja, dieser Gegenwind), sehe den nächsten Schauer heranziehen und kann rechtzeitig unter einer Brücke Zuflucht finden. Dort leistet mir ein netter Holländer Gesellschaft, der lange Zeit in Deutschland gearbeitet hat.

In Lelystad angekommen bietet sich mir das Bild einer gesichtslosen Stadt. Neubauten, Reihenhäuser, ein ultramoderner Bahnhof, eine trostlose Einkaufspassage und wenig Menschen. Entnervt nehme ich bei strahlendem Sonnenschein Platz an einem der Tische, die ein Restaurant auf dem Bahnhofsvorplatz aufgestellt hat. Ich habe großen Hunger und bestelle Spareribs. Die sind erstaunlich lecker und preiswert. Etwa 20 Meter von mir entfernt führt ein Mensch eine lautstarke telefonische Auseinandersetzung in einer mir unbekannten Sprache (holländisch war`s nicht, das kann ich so halbwegs, Englisch und Deutsch war`s auch nicht). Nun ja, Ich finde ein Hotel in Lelystad, das ebenso gesichtslos ist wie der Rest des Ortes erscheint. Rincewind (mein VM) darf in der Lobby übernachten und ich im gemütlichen Bett.





Montag, 1. September, Lelystad – Harlingen, 150 Km



Das Ijsselmeer besteht eigentlich aus zwei Teilen, die durch einen Deich getrennt sind. Südwestlich liegt das Markersmeer und nordöstlich das Ijsselmeer. Dieser Deich führt von Lelystad nach Enkhuizen und nach der Überquerung des Deiches ist der Ort „Den Oever“ recht gut zu erreichen. In „Den Oever“ kann dann fröhlich auf dem Ijsselmeer-Abschlussdeich gen Osten geradelt werden. Und genau das will ich. Es bläst immer noch ein frischer Nordwestwind und von Lelystad nach Enkhuizen geht es halt nach Nordwesten. Ich strampele also fröhlich gegenan –es regnet übrigens nicht- und freue mich auf den Abschlussdeich, der ja im Wesentlichen nach Osten verläuft und hoffe auf Rückenwind. Enkhuizen ist rasch durchquert und weiter geht die Reise nordwärts in Richtung „Den Oever“. Ich genieße den Blick auf`s Ijsselmeer, auf Schiffe auf die Landschaft und komme bald nach „Medemblik“. Die Sonne scheint. In Medemblik sitze ich auf der Terasse eines Restaurants, freue mich am Blick auf den Hafen und esse Muscheln. Währenddessen kommt ein Paar vorbei, beide etwa 50 Jahre alt, unüberhörbar aus dem Ruhrgebiet stammend und von recht untersetzter Statur. Er meint Rincewind wäre das richtige Fahrzeug für ihn woraufhin sie entgegnet, er passe da wegen seiner Körperfülle ohnehin nicht herein. Das hindert ihn aber nicht daran mit fachmännischem Blick um Rincewind herumzugehen, eine Roloff-Nabe zu erkennen (Rincewind hat eine Kettenschaltung) und Mutmaßungen über die Funktion des Tiller_Lenkers anzustellen. Ich sage kein Wort und betrachte lediglich amüsiert das Spektakel.

Irgendwann sind auch die leckersten Muscheln verzehrt und ich fahre weiter. In „Den Oever“ ist eine große Polizeisperre in einer Baustelle. Die Beamten stoppen den Verkehr in beiden möglichen Richtungen. Ich fahre an die Absperrung heran, doch
 
die Polizisten haben keinerlei Interesse an mir. Im Gegenteil, sie sind recht erstaunt als ich anhalte und frage, ob ich auf dem rechten Weg in Richtung „Harlingen“ sei. Nach einem kurzen Blick meint einer der Polizisten, „Fahrradfahrer dürfen hier fahren“ und fordert mich mit einer unmissverständlichen Handbewegung auf, schleunigst weiterzufahren.

Jetzt bin ich also auf dem Abschlussdeich. Oft habe ich diesen Deich entweder hier in „Den Oever“ oder auf der anderen Seite in „Kornwerderuand“ durch die Schleusen mit einem Schiff passiert, um auf die Nordsee zu kommen. Jetzt also mit dem Fahrrad. Auf dem Deich verläuft eine 4-spurige Autobahn, die von einem Radweg begleitet wird. Topfeben und ideal zum Radfahren, wenn dieser Wind nicht gedreht hätte. Er bläst jetzt aus dem östlichen Quadranten. Weiter gegenan heißt die Devise.

Etwa nach der Hälfte des Deiches ist eine Raststätte erreicht. Sie heißt „Monument“. Hier ist ein kleines Restaurant und Museum sowie ein Aussichtsturm zu finden. Der Besuch lohnt sich. Auch wenn die Preise im Restaurant exorbitant überhöht sind.

Weiter auf dem Deich, in „Kornwerderzand“ ist er dann zu Ende, der Deich und es geht einfach geradeaus nach „Harlingen“. Irgendwann nimmt der Radweg eine etwas überraschende Wende und wird zum „Steilwandweg“. Er führt auf der Seeseite des Deiches auf der aspahltierten Schräge entlang zuverlässig nach „Harlingen“.

Dort finde ich schnell ein Quartier, rufe meinen Freund „Wim“ an, den ich aus einem völlig anderen Zusammenhang kenne und genieße ein leckeres Abendessen. Anschließend treffe ich mich mit „Wim“ am Hafen und genieße mit ihm zusammen eine Flasche Wein, mit Blick auf`s Meer.





Dienstag, 2. September, Harlingen (NL)- Dörpen(D) , 200 Km



Irgendwo in Holland. Ich mache eine Pause als eine Gruppe südländisch wirkender Männer vorbei kommt. Einer fragt ob er wohl ein Bild von meinem Fahrrad mit seinem Handy knipsen dürfe. Selbstverständlich darf er. Ob ich wohl auch ein Bild von ihm und meinem Fahrrad knipsen würde. Klar doch. Er drückt mir sein Handy in die Hand und posiert neben Rincewind. Ich betrachte sein Handy und entdecke neben einigen mit arabischen Schriftzeichen versehenen Icons auch ein Kamerasymbol. Gut, dann knipse ich. Er nimmt sein Handy wieder an sich und fragt nun, ob er wohl auch mal fahren dürfe. Ich erkläre ihm, dass es sich beim Rincewind-Inneren um meine Privatsphäre handele und enttäuscht zieht er ab. Hätte ich ihn mal fahren lassen sollen?



Der Weg erscheint endlos und ist durch einige wenige Häuser gekennzeichnet, die offenbar sehr wohlhabenden Bauern gehören. An diese großen Häuser schließen sich in langer Reihe ärmliche „Kotten“ an, die vermutlich dereinst von Landarbeitern bewohnt wurden und deren überwiegende Zahl heute zum Verkauf steht. Menschen sind fast keine zu sehen und Zwiebelfelder wechseln sich mit Kartoffelfeldern und den Anbaugebieten anderer Feldfrüchte ab. Einzig Schafe scheinen sich hier wohlzufühlen. Allerdings, statt Toren zwischen den Schafsgattern, die die Fahrt ausbremsen, sind hier „Cattle-Grids“ zu finden, die einem zumindest die ungestörte Weiterfahrt –oder Flucht- ermöglichen. Ich bin auf dem „Küsten-Radweg“ unterwegs und die Vorstellung bis zum „Dollart“ diese Trostlosigkeit sehen zu müssen, lässt mich über eine Routenänderung nachdenken. Ich halte mich weiter südwärts in Richtung „Groningen“ und peile „Bourtange“ als Grenzübergangsort an. Kurzentschlossen drehe ich am „Tiller-Lenker“ hane nun keinen Gegenwind mehr sondern einen eher freundlichen Seitenwind und steuere „Groningen“ an. Es gelingt
 
mir bedrohlich heranrückenden Regenwolken davon zu fahren und plötzlich bin ich in Groningen. Radfahren in holländischen Städten ist eine spezielle Erfahrung. Die Holländer fahren offenbar im Schwarm und jedes Schwarmmitglied fährt mit. Auch ich befinde mich bald in einem Schwarm, erhasche gerade eben noch wichtige Richtungshinweise und werde bald unfallfrei wieder aus Groningen herausgeschwemmt. Der Schwarm löst sich auf und ich kann wieder meine Generalrichtung „Ost“ einhalten. Der Abend senkt sich auf das Land und icg folge den Richtungshinweisen nach „Bourtange“. Sorry, Bourtange, als ich dort ankomme ist es bereits stockfinster und ich kann kaum etwas von dieser sicherlich sehenswerten Festungsstadt erkennen. Ich fahre mitten durch die Festungsanlagen , passiere die Grenze nach Deutschland und muss nun den Weg nach „Dörpen“ finden. Garmin sei Dank, gelingt das auch. Ich bin ja wieder in Deutschland und habe wieder ein funktionierendes Navigationssystem. Für den Kauf außerdeutscher Karten war ich zu geizig. Exakt am Hotel in Dörpen teilt „Garmin“ mir mit, dass seine Batterie nun wirklich am Ende sei. Egal, das Hotel hat Platz für Rincewind und mich und frischen Strom gibt’s aus der Stecjdose. Im Schankraum des Hotels sitzt eine Gruppe Radfahrer, die voller Stolz verkünden, sieseien heute 87 weit Kilometer gefahren. Sie wollen zunächst nicht glauben, wo ich heute gestartet bin und wollen anschließend Rincewind gegen ihre E-Bikes eintauschen.Es wird noch ein sehr vergnüglicher Abend....





Mittwoch, 3. September, Dörpen – Cloppenburg, 130 Km


Morgens treffe ich die Radfahrer wieder, die immer noch Rincewind haben wollen. Im örtlichen Supermarkt kaufe ich eine Flasche Wasser und erstehe eine Radwanderkarte des „Ems-Radweges“. Meine Idee ist, der Ems aufwärts zu folgen, und in der Nähe von Ibbenbüren nach Osten abzubiegen, um in Minden, dem Mittellandkanal folgend, auf die Weser zu treffen. Ich vertraue der Radwanderkarte und lande bald am „Dortmund-Ems-Kanal“. Die Betriebswege entlang des Kanals sind überwiegend wassergebundene Schotter- oder Sandwege und machen mit einem VM nur begrenzt Spaß. Deshalb denke ich bald über eine Planänderung nach, doch dazu brauche ich eine Deutschlandkarte. Auf Nachfrage während einer Pause in einem Café erfahre ich, dass die Stadt „Meppen“ in ihren Mauern eine Buchhandlung beherbergt. Also auf nach „Meppen“. Dort finde ich auch die Buchhandlung, werfe einen Blick in eine Deutschlandkarte und stelle fest, dass „Cloppenburg“ auf dem Weg zur Weser ein gutes Ziel ist. Von dort nach „Nienburg/Weser“ ist eine ebenfalls überschaubare Entfernung und wenn ich erst mal an der Weser bin ist der Rest ein Spaziergang. Der Weser bis nach „Hannoversch-Münden“ folgen, dort den „Fulda-Radweg“ nehmen und Fuldaaufwärts bis nach „Schlitz“ fahren. Dann weiter nach „Lauterbach“ und dann noch 22 Kilometer bis nach Hause.

„Cloppenburg“ heißt folglich das nächste Ziel. „Garmin“ erfährt das Ziel „Cloppenburg“ und los geht`s. Endlos erscheinen die Wege durch die Geest. Oder heißt es „das Geest“? Abwechslung bietet die „Megalithenstraße“ ansonsten geht es den einen Geestrücken hoch und den anderen weder runter. Maisfelder und vereinzelte Gehöfte laden auch nicht zum Verweilen ein. Über alldem ruht schwer ein deftiger Gülleduft. Ich gelange nach „Cloppenburg“, finde dort ein Hotel und erfahre einiges über den „Pingel-Anton“. „Pingel-Anton“ ist für mich Inbegriff eines pedantischen Menschen, doch in Cloppenburg ist dieser Begriff Synonym für eine
 
Torf transportierende Lokomotive, die bei der Durchquerung des Ortes mit „Pingeln“ (vermutlich „bimmeln“) andere Verkehrsteilnehmer auf sich aufmerksam machte.





Donnerstag, 4. September, Cloppenburg –Nienburg/Weser, 95 Km



Zunächst erwerbe ich eine Flasche Cola für den Tag. Und das ist auch gut so! Es regnet nicht. Ich fahre frohgemut ostwärts und treffe auf Geestrücken nach Geestrücken. Meine Hoffnung unterwegs auf einen gastlichen Ort zu treffen schwinden von Kilometer zu Kilometer und der Ostwind bläst. Ich halluziniere einen Weserdeich herbei, doch der vermeintliche Deich entpuppt sich als Maisfeld an einem Geestrücken. Irgendwo im Nirgendwo entdecke ich einen Dorfkrug, vor dem ein älterer Mann steht. Ich frage ihn, ob diese gastliche Stätte geöffnet sei und erhalte zur Antwort, wenn er aufschlösse, dann sei eben offen. Ob es denn dann auch Speis und Trank gebe, möchte ich wissen. Als Antwort erhalte ich: „Nö, die sind in Urlaub.“

Resigniert fahre ich weiter und finde kurz vor Nienburg eine Tankstelle nebst Schnellimbiss/Döner-Bude. Welche Labsal, welche Freude, die nur unwesentlich durch die Schilder getrübt wird, dass Nienburg wegen einer Baustelle auf diesem Wege nicht zu erreichen sei. Während ich meinen Gyros-Teller verzehre fährt auf der Straße ein „Milan“ vorbei. Der Fahrer bemerkt mich nicht, er ist zu schnell. Wie der Ort heißt weiß ich nicht, aber ein Küchenstudio und eine VW/Audi-Werkstatt teilen sich einträchtig die Straßenfront, gekrönt von einem Storchennest.

Egal, ich fahre in die Baustelle und komme ungehindert nach „Nienburg“.

Dort finde ich auch schnell ein Hotel und habe direkt vor dem Hotel einen „Plattfuß“.

Ich habe ja noch einen Reserveschlauch und kann dieses Problem schnell beheben. Einchecken, Rincewind unterbringen und schon steht einem geruhsamen Abend nichts mehr im Wege.





Freitag, 5. September, Nienburg – Porta Westfalica, 100 Km



Jetzt kann ja nichts mehr schiefgehen. Einfach dem Weser-Radweg folgen, der direkt am Hotel vorbei führt und gut ist. Zügig gelange ich nach Stolzenau und erwerbe beim Fahrradhändler zwei Ersatzschläuche. Ich rolle weiter Weseraufwärts und habe nach etwa 7 Kilometern den nächsten Plattfuß. Die Reifen sind wohl erneuerungsbedürftig. Mit Donnergetöse hat sich der Schlauch verabschiedet , Ich habe keine Idee über welchen Reifenkiller ich da gefahren bin. Aber ich habe ja Ersatz. Den Weserradweg habe ich mittlerweile verloren. Das macht aber nichts, da zwei Tourenfahrer mir erzählen, ich müsse nur dem „Storchenweg“ bis nach „Petershagen“ folgen und träfe dann meinen Weg wieder.

Der Storchenweg ist schön. Jedoch, ein gefühlt 20 Kilometer Teilstück führt über reifenmordende, zwerchfellerschütternde Schotterstrecke. Wie gesagt, gefühlt. Wahrscheinlich sind es nur 3 Kilometer, aber die sind vollauf genug. Wie vorhergesagt treffe ich wieder auf den Weser-Radweg und rolle frohgemut in Richtung Minden. Bis nach Minden läuft es gut. In Minden treffe ich auf eine Großbaustelle, die allerdings vortrefflich für Radfahrer ausgeschildert ist. Die Wegführung bringt mich einen recht steilen Schotterhang hinauf, der direkt an einer Straße liegt und in einen etwa 40x40 Meter messenden Platz mündet. Ich kurbele mich den Hang hinauf und sehe ein Auto auf mich zukommen, das direkten Kollisionskurs hält. Ich schreie, stoße wüste Beschimpfungen aus, doch der irre
 
Autolenker fährt weiter. Ich schreie noch lauter, schimpfe noch übler und als der Autodepp endlich merkt, dass er auf ein Hindernis trifft, hat er mich schon getroffen, der Depp. Rincewind ist nichts passiert, mir auch nicht und dem Autofahrer sitzt ein kräftiger Schrecken in den Gliedern; mir übrigens auch. Im Mindener Biergarten an der Weser trinke ich ein Alster und beschließe dann weiter zu fahren. Doch nun wird die Wegführung abenteuerlich. Es geht zunächst eine steile Rampe hinauf, über eine Autobahnbrücke, dann wieder herunter um dann an einem Fähranleger zu enden. Doch die Fähre fährt nicht., und das offenbar seit längerer Zeit nicht mehr. Ich drehe um, folge roten Fahrradwegsymbolen und finde einen üblen Anstieg. Dieser Anstieg hat den Vorteil, mir eien Blick über das Tal zu ermöglichen und ich entdecke am Gegenhang ein Hotel. Ich kehre um, finde das Hotel und finde ein

Quartier, Rincewind schläft im Weinkeller, ich in einem behaglichen Zimmer.





Samstag, 6. September, Porta Westfalica – Bevern,, 130 Km



Ich fahre zurück suf die andere Weserseite und gelange problemlos wieder auf den Weser-Radweg. Was die ulkige Beschilderung soll bleibt dem Radwegnutzer verschlossen. Der Weg nach Rinteln ist unproblematisch und die Weiiterfahrt ein purer Genuss. Hameln ist schnell durchquert, auch die „Löwenbrücke“ kann ich meistern. (Andreas weiß was ich meine). Der Weg ist eigentlich ereignislos. Doch, kurz vor Bodenwerder fahre ich mit recht hoher Geschwindigkeit durch eine Bodenwelle und höre ein entsetzliches Knallgeräusch. Im ersten Moment denke ich, Rincewind sei ein ernsthaftes Leid widerfahren. Es gelingt mir anzuhalten und ratlos um Rincewind herumzugehen. Bei näherem Hinsehen erkenne ich, dass beide Streben, die den Gepäckträger halten gebrochen sind. Meine Gepäckbox fiel deshalb auf das Schutzblech und blockierte damit das Hinterrad. Was tun? Samstagnachmittag in der Nähe von Bodenwerder. Zwei Kabelbinder, zwei Päckchen Taschentücher, ein Stück Kupferrohr und ein Gepäckspanner aus Gummi lösten das Problem. Danke an dieser Stelle für den Gepäckspanner und den zweiten Kabelbinder.

Ich fahre vorsichtig weiter. Ob die Konstruktion wohl hält? Sie hält. In Bevern habe ich keine Lust mehr und finde Quartier. Rincewind schläft in einer Scheune Ich in einem schlichten Zimmer.





Sonntag, 7. September, Bevern – Roter Kater, 120 Km



Meine Konstruktion hält. Fröhlich rolle ich Weseraufwärts, habe endlich mal Rückenwind und komme bald in die Nähe von „Bad Karlshafen“. Es zieht mal wieder Regen auf. Unter einer Brücke finde ich Schutz. Bald gesellt sich ein Tourenfahrer aus Hamburg zu mir, der den Regenguss ebenfalls unter der Brücke abwettert. Wir unterhalten uns recht angeregt, Der Schauer zieht vorbei, wir fahren weiter. Unterwegs treffe ich auf einen Hang, der mir die Grenzen von Rincewind zeigt. Nasses Laub, steile Bergauffahrten und Heckantrieb passen einfach nicht zusammen. Ich steige aus und schiebe. In „Bad Karlshafen“ freue ich mich über ein nettes Mittagessen und unterschätze die Entfernung nach Kassel. .Ich fahre weiter, komme nach Hannoversch-Münden und denke noch ein gutes Stück Weg nach Süden gutzumachen. Plötzlich höre ich ein seltsames Geräusch aus dem linken Vorderrad. Ich halte an, nehme die Radabdeckung ab und finde ein Radlager nebst
 
Befestigungsschraube, die glücklicherweise an die Radabdeckung fallen und nicht durch die Speichen. Na, noch mal Glück gehabt.

Ein wenig angespannt fahre ich weiter und hoffe bald ein Quartier zu finden. Beim „roten Kater“ bekomme ich ein wunderschönes Zimmer mit Blick auf die Fulda, einen Vorzugspreis für Radfahrer und alle Ruhe dieser Welt. (Etwas Werbung muss sein, ich bin mit dem Hotelier weder verwandt noch verschwägert und ich genieße auch keinerlei Vorteile durch diesen Werbeblock), einfach toll.





Montag,, 8. September, Roter Kater – Feldatal, 170 Km



Heimatrevier. Weiter geht es südwärts nach Kassel. Die Durchquerung Kassels auf dem Fulda-Radweg ist auch in Richtung Süden ein Genuss. Ob die anderen Radwege in Kassel ebenso gut ausgeschildert und durchdacht sind, wei0 ich nicht.

Es wäre jedenfalls für einige Orte durchaus wünschenswert, zumindest die Fernradwege nutzerfreundlich auszuschildern. Sei es wie es sei, ich gelange bald nach „Melsungen“ und stelle fest, dass diese nordhessische Kleinstadt Radwege nicht ausschildern kann. Weiter geht es gen Süden, meine Reparaturen halten und ich schwinge so langsam auf die Zielgerade ein. Die Seilfährenüberquerung der Fulda bei Beisefötth mit geöffneter Tür habe ich an anderer Stelle bereits beschrieben. Erwähnenswert ist noch meine Mittagspause im Kloster Haydau.

Die hessische Vesperplatte war einfach lecker.

Nach einigen Kilometern komme ich nach „Schlitz“ und mache dort noch einmal Pause. Ein reisender Wursthändler schenkt mir eine Kartoffelwurst. Ich fühle mich willkommen zu Hause.

Die letzten Kilometer sind übles Bergauf Gekurbel, es ist dunkel, aber ich kenne den Weg.





Fazit



1.980 Km einer wunderschönen Tour liegen hinter mir.

Der Morgennebel an der Fulda, der Blick auf die Nordsee, der skurrile Opa in der Geest und unendlich viele Geschichten, die ich nicht erzählt habe, weil der Bericht dann noch endloser geworden wäre und weil ganz viel Atmosphärisches einfach meine erzählerischen Fähigkeiten überfordert.



Stellt Euch eine wirklich runtergekommene Tanke irgendwo im Nirgendwo vor. Ein reichlich unrasierter Typ hockt hinter der Andeutung eines Tresens und ist umringt von einer Horde Jugendlicher beiderlei Geschlechts. Diese Szenerie betritt ein durchnässter Radfahrer und fragt nach einem Hotel. Die Jugendlichen trinken Bier. Das Wesen hinter dem Tresen hat eine Zigarette im Mundwinkel hängen. Die Jugendlichen schlürfen Bier. Der Radler fragt, ob er denn auch ein Bier bekäme. Im daraus folgenden Gespräch kommt dann die Information, wo denn das nächste zu finden sei.



Solche und ähnliche Geschichten stecken hinter jedem einzelnen Tag meines Reiseberichtes.

Diese Tour war mein Urlaub, und ich möchte keinen Tag davon missen. Ich hätte mich auch mit meiner liebsten Gattin an einen sonndurchglühten Strand legen können. Doch das wäre uns beiden wohl schnell viel zu langweilig geworden.

Rincewinds Gepäckträger ist repariert und nach ein paar Ruhetagen könnte ich nun sofort wieder los fahren.

Aber, mein Urlaub ist vorbei.



Ich habe jedoch schon eine Idee, welche Tour ich im nächsten Jahr fahren könnte.
 
Moin Ridcully,

Vielen Dank für diesen toll geschriebenen Reisebericht. Ich habe ihn mit Freude und viel Lächeln gelesen. Wenn du das nächste Mal in den Bereich Hameln kommst melde dich vorher bei mir zwecks Technischen Support und sonstigen Begleitungen.
Übrigens es gibt eine Alternative zur Löwenbrücke die nur 500 m weiter ist; aber das ist immer der Vorteil der Ortskundigen

Weliandy
 
Es hat Spaß gemacht deinen Reisebericht zu lesen. Davon könnte es gern mehr geben.

Gruß
Andreas
 
Vielen Dank für den kurzweiligen und teilweise sehr erheiternden Bericht! :)
Einiges erkannte ich wieder, da ich mit dem Velayo letztes Jahr ab Verden das Wesertal, dann das Fuldatal nach Fulda und abschließend ins Kinzigtal gefahren bin.
 
Wirklich eine klasse Tour und ein sehr schön geschriebener Bericht.
Danke das du uns so an deiner Reise hast teilnehmen lassen.
 
Ridcully
Hatte eine fast Ähnliche Runde gefahren wie ich vor 2Jahren mit dem FlevoBike, nur bis zum Meer wollte ich nicht.
Es ist wie eine Kur eine solche Fahrt.
Werde es nun auch mit meinem Mango+ eine solche fahrt machen.
Habe Deswegen deinen Reisebericht gelesen, weil ich noch nicht klar komme mit den Radwegen oder auf Nebenstraßen ausweichen muss.
Nach 2Monaten Velomobil Erfahrung, muss ich mir mehr Routine bei bringen.

Wünsch dir noch sehr viele schöne Touren.
Gruß Jürgen
 
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