Knicklenker im Vergleich

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Liebes Forum,

ich verdanke Euch vieles an Erkenntnissen, nicht zuletzt den Zugang zum und den Spaß am Knicklenkerfahren: Flevo bike, Flevo racer und airbike.

Deshalb kurz meine Knicklenkergeschichte.
Ich habe mir vor etwa drei Jahren einen Flevo Racer angeschafft. Wie hier an der einen oder anderen Stelle sehr plastisch geschildert habe ich die verschiedenen Lernstufen durchgemacht, nicht zu rasch aber auch nicht zu ungeschickt, wie ich denke. Nach 500 km Praxis dachte ich, ganz gut im normalen Verkehr zurecht zu kommen. Aber hin und wieder begann ich zu eiern, vor allem in der tiefen Sitzeinstellung.
Na gut, ich dachte, nicht so begabt zu sein. Nach 700 km immer noch dasselbe, ich wurde skeptisch.
Irgendwann fuhr ich durch eine Pfütze, und ein hinter mir fahrender Radfahrer wies mich darauf hin, das die Spur nicht stimmt.
Ich nahm das Flevo auseinander und stellte fest, dass das Blech mit dem Loch, wo der Zapfen des Gelenkes eingeführt wird, exzentrisch angeschweißt ist.

flevo kaputtes hinterteil.JPG

Ich hoffe, das ist auf dem Bild zu sehen.
Mein racer hatte also "X-Beine". Ich habe den Lieferanten angesprochen. Es stellte sich heraus, dass die ganze Serie diesen Fehler hatte. Somit hatte ich zu warten, bis eine neue Serie gefertigt wurde.
Ich hatte aber schon den Narren am Knicklenkerfahren gefressen und keine Geduld mehr zu warten, bis die Ersatzteile kamen. Das dauerte dann insgesamt noch ein dreiviertel Jahr.
Ich schaute mich also nach einem gebrauchten Knicklenker um und ergatterte einen Flevo bike nachbau aus Holland. Mit dem bin ich dann tagtäglich gefahren, mit viel Spaß und ohne Geeiere.
Wie es der Zufall will, konnte ich dann, womit ich ja gar nicht gerechnet hatte, auch noch ein gut erhaltenes airbike erstehen, mit dem ich dann auch sehr gerne gefahren bin.
Als die Ersatzteile meines racer endlich kamen, hatte ich dann drei Knicklenker, die mir Spaß machten. Das flevo bike verschenkte ich also an meinen Schwager in München, damit er fahren lerne, und ich, wenn ich ihn besuche, dort was zu radeln habe.
Jetzt aber habe ich mir doch wieder ein flevo bike bestellt, da ich ein vollgefedertes Fahrrad haben wollte. Manche Strecken bei uns sind so voll mit Schlaglöchern, dass mir die Knie rappeln.
Das airbike muss leider weichen. Nicht genug Platz für ein Fahrradmuseum. Es soll lieber von einem Fän gefahren werden.

Und nun, nach langer Einleitung zum (rein subjektiven) Vergleich:

Der flevo racer ist das schnellste Gerät, sehr wendig, aber auch sehr ungestüm. Etwas schwieriger zu lernen. Ich finde es gut, so flach zu liegen, nachdem ich mich daran gewöhnt habe. Er ist sehr reaktionsfreudig, was in brenzligen Situationen gut kommt. Vorne aber sehr hart für die Beine - keine Federung.

Das flevo bike ist voll gefedert. Es steigt ganz gut, vor allem, wenn man neben der Federung vorne noch einen Waschmaschienendämpfer anbringt. Dann hoppelt es nicht so.

Das airbike ist ein gemütliches Reiserad, nicht sehr wendig aber bei einer schnellen Abfahrt sehr stabil. Zum Fahrenlernen ist das airbike am gutmütigsten. Der Sitz war für mich gewöhnungsbedürftig, andere finden ihn richtig klasse.
Ich habe einen Sitz gefunden, der mir am besten passt: Der Holzsitz für das Flux.
Daher habe ich mich für die Flevos entschieden.
ABER: Eines fehlt hier noch. Ein python bike konnte ich noch nicht ausprobieren.
So viel erst mal von meiner Seite.
Noch eins fehlt natürlich, das racertje, das habe ich auch leider noch nicht ausprobiert.

liebe Grüße
Christian
 
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Hallo Christian,

was meinst Du beim Flevobike mit "es steigt ganz gut"? Die Berggängigkeit? Ich hab schon von anderen gehört, dass das Bike besser die Hügel raufkommen soll als z.B. der Racer, was sicherlich auch an der Gewichtverteilung liegt. Ansonsten ist die Vorderradfederung aber selbst mit Dämpfer noch ein wenig hinderlich für gutes Bergauffahren, weil das Rad halt immer schaukelt beim Treten an steilen Bergen. Das ist bei mir erst mit dem vorn ungefederten Racertje besser geworden, das durch sein langes Heck aber auch noch mehr Druck aufs Vorderrad bringt. Aber auch das ist auf guten Belag angewiesen. Auf Kopfsteinpflaster ist bergauf leider ebenfalls recht schnell Schluss...

Python ist aus meiner Sicht kaum zu vergleichen mit Flevobike und Co., weil man den Vorlauf statt Nachlauf eben doch recht deutlich merkt. Während es beim Flevobike schwierig ist, das Rad geradeaus zu bekommen, braucht's beim Python des Self Centering Effects wegen einen gewissen Krafteinsatz, wenn man in die Kurve hinein möchte.

Racertjes zum Probieren sind wohl recht rar gesät. In Sachsen stehen mindestens zwei, vielleicht ist das verkaufte Rad von @mwrsa im Land geblieben. In NRW gibt's den Nachbau von @michaelw. Und ansonsten verstauben in den Niederlanden ein paar originale Miniracer (mindestens einer davon in/bei Den Haag). Sonst fällt mir erst mal keins mehr ein...

Gruß,
Martin
 
Ich fahre sowohl Racer als auch Bike und finde nicht, dass der Racer wendiger ist. Für den Stadtverkehr zB nehme ich lieber das Bike, da ich es als flexibler und agiler empfinde. Gerade beim Racer finde ich es schwerer auf unvorhergesehenes zu reagieren.
 
Das mit dem Blech und den X-Beinen ist interessant. Gibt's da einen Thread zu? Hatten andere das Problem auch, oder woher weist du, das es eine ganze Serie betrifft?
 
Hi Martin,

das flevo bike hat nach meinem Eindruck am Hügel noch länger Grip als der racer, Anfahren ist aber mit dem racer etwas einfacher. Allerdings: Man muss unterscheiden, ob man in der hohen oder der niedrigen Sitzposition fährt. Der racer verliert in der niedrigen, also flachen Sitzposition auf losem Untergrund sehr schnell den Grip, das Vorderrad dreht durch, man muss anhalten. Beim flevo bike ist der Unterschied nicht ganz so stark zwischen hoher und niedriger Sitzposition.
Übrigens steigt nach meinem Gefühl das airbike fast noch am besten von den dreien. Und man kann damit auch recht gut anfahren. Und es ist vorne nicht ganz so hart wie der racer.

@doob

Wie wendig ein racer sein kann, kann man hier sehen:
Vielen Dank dafür an gasi.
Zu den x-Beinen weiß ich nur das oben ausgeführte.

herzliche Grüße
Christian
 
Naja. So Kunststückchen kann ich auch ;-), das hat aber mit der Alltagswendigkeit im Sinne von schnell ausweichen müssen wenig zu tun. Dafür sind imho die Flevos im Allgemeinen und besonders der Racer viel zu träge. Ist einfach zuviel Masse die da für eine Lenkbewegung in Gang gesetzt werden muss im Vergleich mit einer konventionellen Lenkung.
 
zum Thema: "Spur stimmt nicht":
hatte ich bei meinem (ein privat gefertigter Eigenbau) ebenfalls und gar nicht groß analysiert wo's hergekommen ist.

Ich habe hinten in die (recht weich gebaute) Schwinge anstelle des Hinterrads einen Hebel drangehalten und mal einfach nachgebogen, bis die Spur wieder OK war. Kraftbedarf dazu war recht gering, ich kann mir vorstellen, dies das nächste Mal (wenn notwendig) auch ohne Hebel über direktes Angreifen am Hinterrad zu tun.

Gruß, Harald
 
Ich habe hinten in die (recht weich gebaute) Schwinge anstelle des Hinterrads einen Hebel drangehalten und mal einfach nachgebogen, bis die Spur wieder OK war.
Das hätte in meinem Fall nichts eingebracht, denn dann wären zwar beide Räder zueinander gerade, aber der Sitz wäre insgesamt schief.

Viele Gr.
Christian
 
das hat aber mit der Alltagswendigkeit im Sinne von schnell ausweichen müssen wenig zu tun. Dafür sind imho die Flevos im Allgemeinen und besonders der Racer viel zu träge. Ist einfach zuviel Masse die da für eine Lenkbewegung in Gang gesetzt werden muss im Vergleich mit einer konventionellen Lenkung.

Nicht unbedingt. Bei jedem einspurigen Fahrrad mußt du immer die gesamte Masse bewegen. Vielleicht etwas mehr oder weniger, je nach Fahrrad. Sonst fällst du in der Kurve um.
Mit meinem Aufrecht-Fahrrad kann ich auch nicht "schnell" ausweichen.

Vielleicht spielt es eine Rolle, dass Langsamfahren mit dem Flevo schwieriger ist, zumindest für mich...

bergauf
 
Nicht unbedingt. Bei jedem einspurigen Fahrrad mußt du immer die gesamte Masse bewegen. Vielleicht etwas mehr oder weniger, je nach Fahrrad. Sonst fällst du in der Kurve um.
Mit meinem Aufrecht-Fahrrad kann ich auch nicht "schnell" ausweichen.
Ich meinte auch nicht die Masse der Rades für die Ausweichbewegung, sondern die Masse, die du für einen Lenkausschlag in Bewegung setzen musst.
Beim UP drehst du nur eine relativ geringe Masse (Lenker, Gabel, Vorderrad) um eine Achse, die nahe durch den Schwerpunkt dieser Masse geht.
Beim Racer hingegen musst du für jede Lenkbewegung den gesamten Antrieb, 2 Beine, ein 28" Rad und die Hälfte des Rahmengewichtes in Bewegung setzten, wobei die Beine und der obere Teil der Gabel, bzw. alle Massen welche deutlich von der Drehachse entfernt liegen, den Löwenanteil ausmachen werden.
Wir wissen ja, Kraft=Masse*Beschleunigung.
Um schnell reagieren zu können will man große Ausschläge im Lenkwinkel schnell durchführen. Da die Entfernung wesentlicher Massen zum Drehpunkt relativ weit ist, müssen diese Massen einen langen Weg zurücklegen. Um trotzdem zügige Winkeländerungen vollführen zu können, müssen diese Massen also schnell beschleunigt respektive abgebremst werden.
 
Zuletzt bearbeitet:
was imho da noch dazukommt:

Am Lenker kann ich mehr oder weniger sofort eingreifen.

Wenn ich mit den Beinen lenke, muss der Druck am Pedal dazupassen.
Ich lenke also bevorzugt bei bestimmten Pedalstellungen, bei denen dann auch ordentlich Druck am Pedal ist.

Gruß, Harald
 
Ich meinte auch nicht die Masse der Rades für die Ausweichbewegung, sondern die Masse, die du für einen Lenkausschlag in Bewegung setzen musst.
Beim UP drehst du nur eine relativ geringe Masse (Lenker, Gabel, Vorderrad) um eine Achse, die nahe durch den Schwerpunkt dieser Masse geht.

Schon klar. Lenker drehen ist schneller gemacht.

Aber das alleine hilft dir nix. Du mußt bei jedem Einspurer immer die gesamte Fuhre (Rollmaterial und Fahrer) in die Kurve legen, sonst verlierst du das Gleichgewicht. Das ist ausschlaggebend, nicht nur wie schnell du den Lenker rumkriegst.

bergauf
 
Ja, aber da das beim UP und beim knicklenker das gleiche ist, ist dieses Problem für den Vergleich beider Systeme nicht relevant.
 
Ihr solltet euch bei euren Überlegungen über das Lenken davon lösen dass beide Systeme sich beim Lenken gleichverhalten,
oder das auf die gleiche Weise die Lenkbewegungen eingeleitet werden.
Alles ist grundverschieden.

Um das Flevo perfekt zu beherschen braucht es mindestens genauso viele "erfahrene" Km wie man für ein Aufrechtrad braucht.

Wir haben aber alle das Radfahren auf einem UP gelernt und nicht auf einem Flevo-Racer,
daher fühlt man sich anfangs auf einem Up sicherrer als auf einem F-R.

Mit zunehmender Km "ERfahrung" auf dem F-R wird alles besser :)

Auch enge Kurven, rechte Winkel vor Ampeln oder Drängelgitter sind mit dem Flevo - Racer zu meistern.........

LG Thomas
 
Ich maße mir mit rund 90.000 Flevokilometern mal an, dass ich das Rad unter Kontrolle habe. Ich krieg Flevobike und Racertje aus gerader Fahrt sehr schnell in eine Kurve ausgelenkt, kein Thema. Dennoch würde auch ich sagen, dass das mit 'nem gewöhnlich gelenkten Rad (egal, ob aufrecht oder liegend) 'nen Tacken schneller geht. Und selbstverständlich verhalten sich alle diese Räder grundsätzlich gleich: Du willst vor irgendwas ausweichen? Dann musst Du erst mal den lenkbaren Teil des Rades (=Flevovorderteil bzw. Vorderradgabel bei den anderen Rädern) in die eigentlich falsche Richtung werfen, damit das Rad in die Kurve kippen kann. Erst danach lenkst Du in die Kurve. Und ja, das geht mit viel auszulenkender Masse schon träger als bei einer nackten, einfachen Vorderradgabel. Hängt man hingegen an ein Aufrechtrad Lowridertaschen dran, dann wird man meist immer noch ausweichen können, aber das geht dann halt schon träger.
Nur weil Knicklenker etwas merkwürdig sind im Vergleich zum Gewöhnlichen, heißt das ja nicht gleich, dass selbst die Physik einen Bogen um sie macht ;)

Gruß,
Martin
 
Ihr solltet euch bei euren Überlegungen über das Lenken davon lösen dass beide Systeme sich beim Lenken gleichverhalten,
oder das auf die gleiche Weise die Lenkbewegungen eingeleitet werden.
Das hat ja in diesem Thread auch niemand behauptet. Um die Unterschiede gings ja gerade.

Um das Flevo perfekt zu beherschen braucht es mindestens genauso viele "erfahrene" Km wie man für ein Aufrechtrad braucht.
Wir haben aber alle das Radfahren auf einem UP gelernt und nicht auf einem Flevo-Racer,
daher fühlt man sich anfangs auf einem Up sicherrer als auf einem F-R.

Naja, das klingt ein bisschen so, als ob man sein Leben lang dazu verdammt bleibt schlechter Flevo als Up fahren zu können, weil man den Unterschied in Jahren nicht mehr aufholen könnte. Irgendwann lernt man da aber auch nicht mehr viel dazu. Wenn du Up fahren kannst, kannst du's irgendwann. Da ist es egal, ob du das mit 10 Jahre oder 20 machst. Genauso ist das beim Flevo auch. Irgendwann kann man es einfach, da macht es keinen Unterschied, dass ich das erst 20 nach dem UP angefangen hab. Wenn man damit 2 Jahre lang jeden Tag zur Arbeit fährt kann man es irgendwann einfach behaupte ich mal.

Auch enge Kurven, rechte Winkel vor Ampeln oder Drängelgitter sind mit dem Flevo - Racer zu meistern.........
Klar geht das, aber eben anders und der Punkt war ja eben nicht, das das nicht geht, sondern wie die Unterschiede zwischen den Systemen in bestimmten Situationen sind.
 
Das flevo bike ist voll gefedert. Es steigt ganz gut, vor allem, wenn man neben der Federung vorne noch einen Waschmaschienendämpfer anbringt. Dann hoppelt es nicht so.
Was ist ein Waschmaschienendämpfer und wo muss man den anbringen? Hast du da zufällig ein Foto von?

Wie wendig ein racer sein kann, kann man hier sehen:
Was man in dem Video auch schön sehen kann ist, wie die Räder in der Kurve beim Flevo gegeneinander gekippt sind.
Keines der beiden Räder beim Flevo ist in einer Kurve jemals im Lot. Das Hinterrad schiebt immer und das Vorderrad ist immer stärker nach innen gekippt. Besonders bei engen Kurven und besonders am Vorderrad müssen da ganz andere Kräfte auf die Speichen und die ganze Radkonstruktion wirken als bei einem UP. Kann vielleicht mal jemand der sich mit Laufradbau auskennt kommentieren, was das bedeutet.
 
Was ist ein Waschmaschienendämpfer und wo muss man den anbringen? Hast du da zufällig ein Foto von?
Hier mal ein Bild von meinem alten Flevo, an das ich einen Waschmaschienendämpfer für Miele-Waschmaschienen angebracht habe. Die sollen die Waschmaschienentrommel bei schnellen Drehzahlen von schädlichem Aufschaukeln abhalten.
flevo bike 1.JPG
Über dem Vorderrad ist der Dämpfer parallel zur Gummifeder angebracht. Die Gummiteile haben je nach Härte unterschiedliches Dämpfungsverhalten, das aber in der Regel doch recht unzulänglich ist (meine subjektive Meinung!)
Gängige Federungen an Fahrrädern sind Kombinationen aus Feder und Stoßdämpfer, wie beim Auto.
An meinem Racer hatte ich zeitweilig einen solchen Dämpfer am Hinterrad, da ich mit Schlingern bei schnellen Bergabfahrten zu kämpfen hatte. Mit einem etwas härteren und 5 mm höheren Gummi ging es dann erst mal ohne zusätzlichen Dämpfer. Vielleicht haben die häufig beschriebenen Geschwindigkeitsschwellen beim Flevo-fahren-lernen, die in diesem Forum öfters beschrieben wurden, etwas mit Resonanzphänomenen zu tun. Dieses spezielle Problem ab ca.55 km/h hatte ich übrigens nur beim Racer, und da nur in der niedrigen Sitzposition, nicht aber beim airbike und auch nicht beim flevo bike.

resonante Grüße
Christian
 
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