Brevet-Berichte 2015 [Sammelthread]

400er Köln/Bergisches Land "Rund ums Ruhrgebiet", 30.05.15.
Samstag haben wieder rund 40 Teilnehmer von Troisdorf/Spich aus die abwechslungsreiche Runde "Rund ums Ruhrgebiet" angetreten. Liegend noch PeterF ebenfalls im MilanSL, wobei das ja Rainers am kompatibelste Strecke für die liegende Fraktion ist. Erst auf der linken Rheinseite von Bonn aus über gute Landstraßen und ein paar schmalere Wege nach Norden, bei Wesel über den Rhein und dann ostwärts durchs wellige Münsterland und dann südwärts durch Dormund etawas Sauerland und Bergisches Land am Schluss.

Am letzten Tag hatte sich die Wetterprognose etwas eingetrübt und sollte leider Recht behalten. Auf dem Weg zum Start noch den letzten Schauer des durchgezogenen Tiefs genossen und dann aber die ersten 4 Stunden in der Morgensonne bis zur neuen Brücke bei Wesel. Es rollt gut und ein paar geschwungene Sträßchen mit superglattem Asphalt sorgen für gute Stimmung. Ein Rumpelstück durch ein Wäldchen bei Issum zerreißt die Speiche, an der der Tachomagnet hängt, Ersatzspeichen habe ich dabei - aber jetzt keine Lust - 27 Speichen werden's auch noch tun.
Die Zickzack-Auffahrt zum Radweg über die Rheinbrücke ist wie die in Bonn nicht VM kompatibel. Dabei laufe ich einem Fotografen vor die Linse, der auf der Suche nach Motiven zu "Wesel und die Moderne" ist und Milan und Brücke in einem Bild haben möchte. Da es gerade mit starken Böen anfängt zu regnen, kürzen wir die Session ab und ich trolle mich hinter einer Horde PedelecsSenioren über die Brücke nach Wesel. Es fängt an zu stürmen und zu prasseln, Wasser, Sand, Äste. Wie von Rainer morgens angekündigt, ist die Route durch Wesel etwas wuselig und bei der schlechten Sicht bin ich froh, wieder Land zu gewinnen.
Von jetzt an hält sich der Regen bei unterschiedlichen Intensitäten über 6 h bis hinter Lüdenscheid. Dabei wird mir auch etwas kalt - die armen Socken, die außerhalb eines VMs alles abkriegen.

An der bekannten und beliebten Kontrolltankstelle in Lüdinghausen, wo Rainer morgens empfohlen hatte, für das Gespräch mit dem Tankstellenbesitzer samt Familie und Dackel etwas Zeit einzuplanen. Jetzt ist der Chef nicht da und Frau hat Probleme 2 Kunden, die Ihre Tankfüllungen überkreuz bezahlt haben auseinanderzusortieren. Dackel guckt dem Regenwetter entsprechend.

Weiter geht's auf schmalen Pisten entlang von Kanälen und dann durch Orte, die sich alle schon Ortsteil von Dormund nennen - die Straßenzuständen entsprechen wohl der Stadtkasse. Im Heck fliegt und klöttert mein Proviant. Im Gegensatz zum Championsleague-Finale vor 2 Jahren, ist zum DFB-Finale am frühen Nachmittag noch nichts los - dafür viel Verkehr und ab und zu Stau ;-(

Bin froh, dann die 2. Tankstellenkontrolle am Flughafen zu erreichen. Hier wieder Theater wg. falsch abgerechneter Tanksäulen, Kunden ohne Bargeld und einem Tankstellenjobber, der den Differenzbetrag nach 20-maliger Rechnung per Taschenrechner statistisch abschätzt. Es ist anstrengend & nervig, ihm jetzt noch mit ganz einfachen Worten zu erklären, wozu ich einen Stempel brauche - mit 8-10 genervten Kunden im Rücken.

Aber jetzt auf Richtung Lenne, Lüdenscheid und Heimat. Bei den Abfahrten bremse ich vor Kurven noch mehr ab als sonst - noch ganz frisch in Erinnerung wie mir heute morgen beim Durchrollen der ersten Kurve das Hinterrad wegdriftete und mich daran erinnerte, dass ich wieder den uralten Kojak hinten drauf hab, den ich letztes Jahr vor HBK wg. Traktionsprobleme im Nassen ersetzt hatte. Der neue ist aber bei DD im Test. Bergauf muss ich bei Nässe ab 7-8% gaanz behutsam und gleichmäßig pedalieren.
Die Umfahrung bei Lüdenscheid und die Abfahrt begeistern mich wieder wie bei der letztjährigen Premiere - aber leider wieder Nässe.
Den Anstieg nach Halver fahre ich wg. Vollsperrung bei Oberbrügge wieder über die B229 und dann bin ich wieder im heimischen Trainingsgebiet - auf trockenen Straßen ;-))

18:25, nach knapp 12,5 h und 415 km bin ich wieder am Vereinsheim am Waldstadion in Spich und erwartete hier die Stammgäste des Clubs vor dem Finale - aber alles leer. Die Tür zur Jugendetage ist aber offen -dort stehen einladend Weizen, Frikadellen und Brötchen ... etwas frisch machen und dann einfach still genießen.

Wer die Runde auch fahren möchte, hat in 3 Wochen beim 600er die Gelegenheit. Nach einer Schleife in die Eifel wird diese Runde das Finale bilden.
Grüße - Hajo
 
@jostein hier fahre ich immer auf der Fahrbahn!

ich auch, wenn ich allein bin; wenn mit anderen VM Richtung Wesel unterwegs, dann nehme ich das Z – mit dem Quest geht das. Auf der Nordbrüsk in Bonn übrigens auch gut, wenn man die 180° Kehre hoch fährt: rein, zurückrollen lassen, rum
runter sind beide blöd, aus Wesel kommend würde ich immer Straße fahren, aus Bonn kommend nicht die Nordbrücke sondern die Kennedybrücke nehmen
 
@jostein:
"Die Umfahrung bei Lüdenscheid und..."
Hallo Hajo,
hat Rainer evtl die Durchfahrt durch das Militärgelände vor dem Flugplatz auf der Nordroute vor Lüdenscheid aufgenommen?
Ich habe ihm das mal als Empfehlung geschickt: Super Asphalt , 4 km nix los und dafür 100-200m fest gestampfter Weg.
 
Hallo,

die Sperrung in Oberbrügge kann man ignorieren, da geht's auch mit dem Velomobil gut durch. Aber das nützt Dir jetzt wenig..

Grüße
Andreas
 
hat Rainer evtl die Durchfahrt durch das Militärgelände vor dem Flugplatz auf der Nordroute vor Lüdenscheid aufgenommen?
Ne, da ist mir keine Änderung untergekommen, meintest Du Lüdenscheid oder Lüdinghausen?? Schick mir doch bitte den entsprechenden Trackschnippsel fürs nächste Mal.

die Sperrung in Oberbrügge kann man ignorieren, da geht's auch mit dem Velomobil gut durch. Aber das nützt Dir jetzt wenig..
Danke für den Hinweis, hatte aber schon letztes Jahr eingesehen, dass die vollflächige Schotterpiste nix für den MilanSL ist. Werde spätestens vor dem 600er Peter Mal fragen, ob er da und wie durchgeschrappt ist.
 
Moin,
bei mir stand am Samstag morgen (23.5.) der 600er am Niederrhein aufm Plan.

zum angegebenen Brevet habe ich übrigens noch eine Nette Karte (ja so was gibts noch (y)) von einem Brevetkollegen bekommen.
Mit einer Botschaft an@bike_slow :
 

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Der Wind kommt immer von vorn, kalte Sonne und eine kostenlose Hotelübernachtung

Am vergangenen Wochenende bin ich den 600er in Ostende gefahren. Ich kannte den schon aus 2003 und so wusste ich, was mich erwartet: Sehr viele Wege an Kanälen, wenige Hügel und viel Wind.

Doch vor dem Brevet steht die Anreise, die diesmal beschwerlich war. Ich bin mit dem Zug nach Aachen, dann mit dem Rad 17 km ins belgische Eupen, um von dort den durchgehenden Zug nach Ostende zu fahren. Doch schon beim ersten Umsteigen in Solingen hieß es, die Strecke nach Köln sei gesperrt (wohl ein Selbstmörder bei Langenfeld). Es würde Busse nach Leverkusen geben, ab dort weiter mit dem Zug. Die Bahnmitarbeiterin meinte, am schnellsten würde ich wohl über Düsseldorf nach Aachen kommen. Das hat gut geklappt, aber ich war 45 Später in Aachen als geplant. Nun denn. Mit einer schnellen Fahrt nach Eupen hätte ich dort den geplanten Zug noch erreichen können. Aber das hätte Zeitdruck und Hektik beim Fahrkartenkauf in Eupen bedeutet. Also bin ich gemütlich gefahren und habe geplant, den Zug eine Stunde später in Eupen zu nehmen.
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Auf dem Weg von Aachen nach Eupen

Ankunft in Ostende mit dem späteren Zug wäre um 17:20 gewesen. Also noch früh genug, um dort zu essen und früh ins Bett zu gehen. In Eupen angekommen hatte ich dann reichlich Zeit, den belgischen Railpass und Fahrradkarten zu kaufen. Der Railpass kostet 74 EUR und bietet zehn innerbelgische Fahrten innerhalb eines Jahres, gültig in allen IC- und Nahverkehrszügen. Die Fahrradkarten für je 5 EUR kann man im Voraus kaufen; man muss sie nur vor der Fahrt ausfüllen. Praktisch und günstig.

Aber leider, so der Verkäufer am Bahnschalter, würde der direkte Zug nach Ostende ausfallen. Ich könnte stattdessen eine Verbindung mit viel Umsteigen nehmen oder (noch) eine Stunde später abfahren. Ich habe mich für das erste entschieden. Und das war auch gut, denn der noch spätere direkte Zug fiel ebenfalls aus. Also ging es über Welkenraedt, Gent und Brügge. Recht problemlos, aber doch nervig.

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Nahverkehrszug nach Welkenraedt

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Im Intercity von Welkenraedt nach Gent - Ausstattung und Komfort ähnlich einem Regionalexpress
der DB

Die 30 Minuten Aufenthalt in Brügge habe ich genutzt, um in einem netten Lokal direkt neben dem Bahnhof Spaghetti zu essen. Die waren lecker, aber kleingeschnitten. Um 19 Uhr war ich dann endlich (statt wie geplant um 16:20) in Ostende. Dann 500 Meter zum privaten Gastgeber, duschen, etwas plaudern und ins Bett. Denn um 4:30 klingelte der Wecker.

Lange oder kurze Sachen? Die Wettervorhersage versprach einen wolkenlosen Tag, aber es war noch recht frisch. Also kurze Sachen und Armlinge. Fünf Kilometer zum Start. Dort standen gut 35 Randonneure bereit, darunter nur ein anderer Liegeradfahrer (aus den niederländischen Breda). Trotz der weitgehend flachen Strecke kaum Liegeradfahrer. Es war etwas unklar, wo Kontrollen sind und wo nicht. Die Liste der Kontroll-Orte auf der belgischen Randonneurs-Internetseite wich von den Orten ab, die in der Wegbeschreibung standen. Der flämische Organisator erklärte dann, welche Kontrollen wichtig sind, und welche man auch weglassen kann :) Und das in einem lustigen Misch aus niederländisch, französisch und englisch. Ich hoffe (und glaube), alles richtig verstanden zu haben.

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Start in Ostende

Wie immer war der Start recht unspektakulär, wir fuhren einfach los. Zunächst mit Rückenwind flott in Richtung Osten. Ziemlich lange in einer Gruppe. In Ostende zum Teil abseits des Tracks, der ohnehin nicht übermäßig genau war und an ein paar Stellen von der Wegbeschreibung abwich. Über lange Strecken ging es an extrem verkehrsarmen Straßen neben Kanälen entlang. An einer Gruppen-Pinkelpause habe ich mich mangels Notdurft nicht beteiligt, sodass ich vorgefahren bin. Zehn Minuten darauf hatte ich mich 200 Meter verfahren (was öfter passierte, denn die Sonne kam fast den ganzen Tag von vorn und blendete etwas). Als ich drehte, rauschte die Gruppe gerade vorbei. Ich bin dann langsam an sie herangefahren, sie aber eine halbe Stunde später auf einem kurzen Stück des fiesen belgischen Kopfsteinpflasters verloren, kurz vor der Grenze zu den Niederlanden.
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Belgien verabschiedet sich mit Kopfsteinpflaster

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Perfekter Asphalt in den Niederlanden. Ich fahre auf einer sehr ruhigen Landstraße, links ein Radweg und wieder links davon (nicht zu sehen) die Landstraße, zu der der Radweg gehört.

Ein Vorteil die Niederlande: Dort gibt es kein Kopfsteinpflaster, sondern Pflaster mit flacher Oberfläche. Diese Art heißt dort Klinker und beschreibt die Sache ganz gut. Aber auch davon wenig, viel perfekter Asphalt. Der gesamte niederländische Teil war hervorragend zu fahren. Ganz anders als beim 400er von Zwolle, wo mir die vielen Klinkerwege gehörig auf den Sack gingen. Entsprechend schnell habe ich die erste Kontrolle erreicht. Es war inzwischen 08:30 Uhr und wirklich an der Zeit, die Armlinge auszuziehen und die Sonnencreme erneut zu applizieren. So richtig warm wurde es aber nicht. Das Thermometer kletterte über den Tag auf 24 Grad, trotzdem blieb es an Armen und Beinen leicht kühl.

Vor der Querung des Kanals Terneuzen-Gent, ein kleines Malheur: Die Brücke ist weg! Einfach zu Seite gedreht. Und, wie der Zufall es will, kommt kurz nach mir die große Gruppe an. Die muss irgendwo abseits des Weges eine Pause gemacht haben, vielleicht an der ersten Kontrolle. Nach der Passage einer erstaunlich kleinen Yacht steht nach 13 Minuten die Brücke wieder richtig.

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Drehbrücke


und es geht weiter mit Rückenwind bis kurz vor die zweite Kontrolle bei Kilometer 129. Bis dahin ein Schnitt von fast 26 km/h, und das mit insgesamt 26 Minuten Pause. Dennoch, die Gruppe war etwas schneller und ich sollte sie erst viel später wieder sehen. Wenige Kilometer nach der zweiten Kontrolle die nächste Grenze: Vom niederländischen Dorf Clinge ging es direkt ins belgische De Klinge. Hier habe ich den optionalen Bahntassenradweg gewählt, der aber leider nicht asphaltiert war. Also nach einem guten Kilometer zurück zur Straße, die verkehrsarm und prima befahrbar war. Bis zur dritten Kontrolle in Dendermonde kam der Wind mehr oder weniger von der Seite, mal leicht von schräg vorne, mal von schräg hinten.

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Und wieder nach Belgien

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Schmaler Rad- und Wanderweg auf der Trasse einer ehemaligen Schmalspurbahn


Und jetzt kam der Wind von vorne. Es ging erstmal zurück zum Startort nach Ostende. Unterwegs stand ein Randonneur am Wegesrand, der mich bat anzuhalten. Sein GPS spann und so fuhren wir zusammen. Er war 64 Jahre alt und fuhr sein erstes Brevet-Jahr. Allerdings schon länger Rennrad. Er sagte, er habe noch ein zweites Rennrad zu Hause, damit wäre er schon 180.000 km gefahren. Nicht schlecht! Nervig auf der Etappe waren die Fahrten mitten durch die Großstädte Gent und Brügge. Das lief zwar relativ flüssig, aber ich musste ständig gucken, wo wir fahren sollten. Rechts oder links der Kanäle, Radwege rechts oder links der Fahrbahn. Zum Teil nicht asphaltiert durch einen Park und in Brügge ging der Track über eine Straße mit Radverbot, sodass wir uns erstmal einen legalen Weg suchen mussten. Insgesamt war die Radverkehrsführung in Brügge blöd und wenn ich alleine gewesen wäre, hätte ich den einen oder anderen Radweg ignoriert. Immerhin kann ich mich nicht über die Autofahrer beschweren. Die sind alle rücksichtsvoll gefahren und haben uns oft die Vorfahrt geschenkt. Danke! Die letzten 30 km bis Ostende auf dem selben Weg wie am Morgen. Fast. Nämlich auf der anderen Seite des Kanals Brügge-Ostende. Die Kontrolle in Ostende bei Kilometer 307 war eine reine Durchfahrtskontrolle. Man musste nur die Uhrzeit aufschreiben (19:50 Uhr). Ich bin ohne Halt Durchgefahren, der 64-jährige bog zu seinem Auto ab, in dem Reserve-GPS-Gerät lag.

Weiter in Teil 2
 
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Teil 2

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Der LKW von derselben Firma wie mein Fahrrad?

So langsam war es an der Zeit, etwas zu essen, zumal in Kürze der dünn besiedelte Teil der Strecke vor mir lag. Hier an der Küste war es sehr touristisch und schon im nächsten Ort fand sich ein Imbiss mit weggeklappten Türen. So konnte ich drinnen sitzen und das Rad stand draußen, aber trotzdem direkt neben mir. Wieder Spaghetti. Und wieder kleingeschnitten. Aber gut. Also weiter, wieder an Kanälen.
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Eine sehr schöne Abendstimmung, so langsam wurde es dunkel. Wobei ich den Einbruch der Dunkelheit noch um 45 Minuten verzögern konnte - durch das Abnehmen der Sonnenbrille :rolleyes:

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Verrückte Welt: Ich bin in Belgien, die Sonne hingegen ist in Frankreich

Mit den letzten Sonnenstrahlen ging es innerhalb eines Naturschutzgebietes nach Frankreich, ohne das sich das Landschaftsbild änderte. In der Dämmerung waren große Mengen an kleinen Hasen zu sehen, die eifrig die Straßenseite wechselten. Nun war es Zeit, Arm- und Beinlinge anzuziehen. Ich glaube, dabei habe ich einen der kurzen Handschuhe verloren. Blöd war, dass der Tacho nicht mehr richtig lief. Bei jeder Radumdrehung klickte es schön im Sensor, aber der Tacho bekam kein Signal. Blöd! :mad: Aber besser als eine Reifenpanne!

Um 23:30 habe ich die Kontrolle in Bourbourg erreicht. Wie zu erwarten, war alles längst geschlossen. Immerhin war der Ort groß genug, dass es mehrere Bankautomaten gab, und so habe ich etwas Geld abgehoben, wobei man in Frankreich auf Knopfdruck immer eine Quittung bekommt. Ich hatte noch überlegt, das Randonneurshotel einer Bank zu nehmen, die ja in Frankreich sehr selten sind. Die meisten Geldautomaten sind zur Straße hin. Aber ich fühlte mich noch gut und so fuhr ich weiter, die nächste Kontrolle in Wissant war ohnehin nur 49 km weit entfernt. So langsam begann auch der hügelige Teil. Zunächst kaum wahrnehmbar wurden die Hügel ganz langsam immer spürbarer. Aber nie schlimm, alle Steigungen deutlich im einstelligen Bereich. Schnitt bis Wissant rund 20 km/h. So langsam ließ auch der Gegenwind nach. In Wissant dasselbe Bild wie in Bourbourg. Nichts mehr offen. Wie auch, um halb drei morgens in einem Ort mit gut 1.000 Einwohnern. Nicht mal einen Geldautomaten gibt es hier. Und so langsam wurde ich müde. Außerdem war es kalt. Unter 5 Grad. Kleidung hatte ich genug, eine schöne warme Jacke. Zumindest, solange ich in Bewegung blieb. Schlafen wäre jetzt gut, bis eine Stunde nach Sonnenaufgang. Dann würde es wieder etwas wärmer sein. Für ein Bett im Kornfeld war es doch zu kalt. Gibt es Hotels im Ort? Das GPS findet mehrere, schließlich liegt der Ort am Meer und hat einen großen Strand. Also erstmal hin. Vielleicht kann man klingeln und es gibt noch ein Bett. Aber nein, man konnte nicht klingeln. Und die Tür war zu. Was nun? Erstmal ums Haus gehen. Und siehe da, der Hintereingang war nicht abgeschlossen. Also Fahrrad von vorne geholt und rein in das warme Foyer. Sofas? Nein! Sessel? Nein! Aber einen schönen Fliesenboden. Direkt neben der Heizung. Mit der Reserve-Hose als Kissen und der Jacke als Decke. Geht. Erstaunlich gut sogar. Nach zwei Stunden kam jemand die Treppe runter. Und nun? :unsure: War "nur" ein Gast, der zur Toilette wollte und sich nicht ernsthaft für mich interessierte. :whistle: Nach kurzen Wortwechsel verschwand er wieder und ich habe noch eine Stunde geschlafen. Und zwar gar nicht so schlecht, die Erholung hat wirklich gut getan.

Kurz nach sechs ging es weiter, ohne dass mich jemand bemerkt hätte. Oder man war gnädig und ließ mich schlafen. Wer weiß. Jedenfalls, die Morgenstimmung war phantastisch, Bodennebel über den grünen Feldern und der Himmel zartblau. Und mit der Sonne im Rücken sah alles noch viel schöner aus. Und ich konnte das GPS gut sehen. :rolleyes: Und der (Gegen)wind hatte eine Ruhepause eingelegt. Sehr gemütlich fuhr ich durch die hügelige Dünenlandschaft zum Wendepunkt in Boulogne-sur-Mer.
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Morgennebel

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Dünenlandschaft

Boulogne-sur-Mer ist eine Küstenstadt, in dem es auch Bäcker gibt. :) Und Einbahnstraßen. Durch eine solche führte der Track. Falschherum. An dieser Stelle ein Danke an die französischen Autofahrer, die ganz entspannt waren und ein Engstellen auch mal einen Moment gewartet haben. Über einen ordentlichen Hügel mit schneller Abfahrt ging es aus Boulogne heraus. In der Talsohle links ab auf den nächsten Hügel. So reihte sich ein Hügel an den anderen. Endlich wieder eine Landschaft mit Abwechslung. Die vielen Kilometer an den Kanälen können ganz schön eintönig sein. Der Wind nahm wieder Fahrt auf, aber diesmal kam er aus Osten. Oh Nein! 150 km Gegenwind. Wieso? Am Ende konnte mich der Wind nur bremsen, nicht aufhalten.
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Irgendwann rächte es sich, dass ich beim Bäcker in Boulogne nicht daran gedacht hatte, Wasser zu kaufen. Mein Vorrat ging langsam zur Neige und Orte mit Geschäften lagen nicht auf der Strecke. Doch wenn Du denkst es geht nicht mehr, kommt irgendwo ein Lichtlein her. In Form einer RTF-Kontrollstelle. Die Leute dort waren so nett, mir 1,5 Liter Wasser nachzuschütten, dazu gab es zwei halbe Orangen (superlecker!) und einen Becher Pfefferminzsaft, den ich so gerne mag! DANKE! Und wenn es gut läuft, geht auch mal was daneben. Nur wenige Kilometer später passierte, was eigentlich nicht passieren kann: Der Camelbak-Schlauch verknotete sich im Hinterrad, riss ein und etwas des kostbaren Wassers lief auf die Straße. Zum Glück nicht viel. Dachte ich. Ich habe den Schlauch dann so abgerissen, dass noch während der Fahrt trinken konnte, mit etwas zur Seite gedrehtem Kopf und ohne das Ventil. Nicht komfortabel, aber es ging. Nach der letzten Kontrolle in Watten habe ich dann endlich das (leckere) Sandwich vom Bäcker aus Boulogne gegessen, jetzt waren es nur noch gut 100 km zum Ziel. Bald war auch wieder Belgien erreicht. Die Landschaft war inzwischen wieder ganz flach, man sprach wieder flämisch/niederländisch.

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Der letzte Grenzer

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Belgisch-Flandern: Flach, grün, Felder

Es kam, wie es kommen musste, nach einer guten Stunde war das Wasser leer und ich hatte in Watten kein neues gekauft. Zuerst hatte ich die Idee, die letzten vier Stunden ohne Getränk zu fahren. Das war natürlich blöd. Also 50 km vor dem Ziel an einem Café gehalten und einen halben Liter Cola in den Kopf geschüttet. Wasser und etwas schnelle Energie, das erschien mir sinnvoll. Woran ich nicht gedacht habe, der Magen war längst leer. So veranstaltete die Cola eine schöne Brodelparty und ein Aufstoßen folge dem nächsten, immer mit etwas Magensäure in der Speiseröhre. Aber mit etwas reduziertem Tempo war auch der Magen einigermaßen ruhig. Und dann, ein Kilometer vor dem Ziel in Ostende, sehe ich eine große Gruppe Radfahrer im Rückspiegel. Kaum zu glauben, es waren die Randonneure! So kamen wir fast alle zusammen an, sehr schön! Einige wenige waren vorher bzw. nachher im Ziel.

Große Freude: Ich bin jetzt internationaler Superrandonneur, denn ich habe die Serie in vier Ländern gemacht (UK, D, NL, B). :):LOL:(y)

Kurz nach der Ankunft habe ich die Magensuppe erstmal mit Fleischabfällen (Frikandel speciaal) beruhigt, was sogar funktioniert hat. Trotz der Zwiebeln. :oops: Später gab es noch eine Pizza. Und dazu Orangensaft, Fanta und Kakao. Also mein Magen möchte ich nicht sein. :sneaky:

Die Rückfahrt mit der Bahn am nächsten Tag verlief ganz pünktlich und wie geplant. Mit vielen Fahrscheinkontrollen, nämlich in jedem Zug. Die letzte kurz vor dem Aussteigen in Remscheid. Da meinte der Apparat, dass meine Fahrkarte nicht in Ordnung wäre, obwohl mit die Schaffnerin bestätigte, das die Preisstufe korrekt ist. Wie auch immer, die Schaffnerin blieb im Zug und wir konnten die Sache nicht klären.

Mein Fazit, was war gut, was nicht: Das Rad funktionierte ohne Probleme, keine Panne, keine komischen Geräusche. Schön! Ich muss mehr essen. Und vor allem, Möglichkeiten zum Wasser- und Lebensmitteleinkauf beim Schopfe packen. Und: Paris-Brest-Paris kann ich nicht mit ausreichend Schlaf packen. Aber vor allem: Mir fehlt mir bei längeren Strecken ab dem zweiten Tag Leistung! Das ist schon länger so. Ich fühle mich dann gut, aber der Puls geht kaum über 115. Damit komme ich aber nicht über Hügel. Flach kann ich aber lange und problemlos fahren. Vielleicht muss ich einfach nur von Anfang an mehr essen?

Grüße
Andreas
 
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Mein Fazit, was war gut, was nicht: Das Rad funktionierte ohne Probleme, keine Panne, keine komischen Geräusche. Schön! Ich muss mehr essen. Und vor allem, Möglichkeiten zum Wasser- und Lebensmitteleinkauf beim Schopfe packen. Und: Paris-Brest-Paris kann ich nicht mit ausreichend Schlaf packen. Aber vor allem: Mir fehlt mir bei längeren Strecken ab dem zweiten Tag Leistung! Das ist schon länger so. Ich fühle mich dann gut, aber der Puls geht kaum über 115. Damit komme ich aber nicht über Hügel. Flach kann ich aber lange und problemlos fahren. Vielleicht muss ich einfach nur von Anfang an mehr essen?

Ich glaub, ohne dir näher treten zu wollen, ein paar Kilo weniger am Berg würde auch nicht schaden.;)
Und klar wird es für PBP reichen, wenn es 2003 auf dem gelben Treckerchen gelungen ist.:cool:
 
Hallo Rene,

Ich glaub, ohne dir näher treten zu wollen, ein paar Kilo weniger am Berg würde auch nicht schaden.;)
Und klar wird es für PBP reichen, wenn es 2003 auf dem gelben Treckerchen gelungen ist.:cool:
Du hast vollkommen Recht! In beiden Punkten. PBP würde schon gehen, aber mit ähnlich wenig Schlaf wie 2003. Das muss ich nicht nochmal haben. Das heißt, falls ich in 2 Monaten 20 Kilo abnehme, dann überlege ich es mir nochmal :)

Grüße
Andreas
 
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