Hallo Leonardi,
@MontyPythagoras : Wieviel % kürzt sich ein 3mm Abschnitt auf einem 28 Zoll Rad unter realen Verhältnissen ? Bogen zu Sehne. Ich glaube nicht, das dass wirklich so drastisch ist, das da ein Reifenwulst überhaupt zu sehen ist.
Da bist Du einem typischen Denkfehler aufgesessen. Eine große Abplattung sorgt nur für eine kleine Längendifferenz zwischen Bogen und Sehne. Im Umkehrschluss sorgt aber auch eben diese kleine Differenz für ein deutliches Ausbauchen, wenn ich den Reifen als nicht stauchbar betrachte.
Ich habe das mal am CAD dargestellt, einmal für realistische 5mm Abplattung und einmal für 15mm:
Ich habe einige Annahmen treffen müssen, denn ich habe ja nun einmal keine FEM-Berechnung. Also habe ich an der Aufstandsfläche eine Gerade gezeichnet, gefolgt von einem Kreisbogen (dem Wulst), der dann wieder übergeht in eine tangentiale Gerade an den originalen Kreis, und dann habe ich das System die Werte so berechnen lassen, dass sich die gleiche Gesamtlänge ergibt wie der nicht verformte Viertelkreis. Das bedeutet also, in diesen Bildern wird die Lauffläche in Längsrichtung nicht verformt, sondern "wulstig" nach außen verschoben. Man erkennt, dass sich eine Ausbauchung ergibt, die in etwa genauso groß ist wie die Abplattung selbst. Das können wir daher getrost vergessen, glaube ich, denn das könnte man sehr wohl an einem platten Reifen mit bloßem Auge sehen. Zumal diese Ausbauchung in der Querschnittsebene für eine deutlich längere Querschnittslinie sorgen würde.
Das war es also nicht. Also muss der Reifen in Längsrichtung gestaucht werden. Nach meiner Berechnung wird er das ja auch, nämlich über die Aufstandsfläche in Summe genau soviel, wie die Differenz zwischen Bogen und Sehne ausmacht. Bei meiner Berechnung im Artikel verändert sich halt die relative Stauchung während der Rollbewegung, und diese Veränderung führt zu dem mikroskopischen Rutschen.
Wenn man das nicht glaubt, sondern davon ausgeht, dass die Aufstandsfläche "entspannt" abgerollt wird, muss zwangsläufig die Stauchung in Längsrichtung anderswo, sprich: außerhalb der Aufstandsfläche stattfinden. Direkt daneben, wäre wohl anzunehmen. Jetzt kommt der Knackpunkt:
Auf einen Viertelkreis wie oben käme bei 5mm Abplattung eine Differenz von etwa 0,29mm. Nehmen wir noch mal das Beispiel von oben mit den zwei Punkten, die auf dem freien Reifen 3mm voneinander entfernt sind. Wenn diese beiden Punkte jetzt kurz davor sind, auf der Straße aufzusetzen, kommen sie in den Stauchungsbereich vor der Aufstandsfläche und sind plötzlich nur noch 2,9mm oder 2,8mm voneinander entfernt, weil an dieser Stelle der Reifen eben den Längenunterschied durch Stauchung kompensiert. Dann setzt der erste Punkt auf und ist fest, und danach der zweite. Irgendwas muss aber bewirken, kurz bevor der zweite Punkt aufsetzt, dass er wieder den originalen Abstand von 3mm zum ersten Punkt einhält. Warum sollte sich der Reifen aber freiwillig wieder entspannen, kurz bevor er aufsetzt? Das widerspricht völlig den physikalischen Gesetzmäßigkeiten hinsichtlich minimaler Verformungsenergie, etc. Ein solcher Zustand ließe sich vielleicht durch Aufdrücken eines künstlich vorgedehnten Reifens auf die Straße erzeugen, der dann in dem Zustand verharrt, wenn die Reibung groß genug ist. Aber es herrscht mit Sicherheit kein Zustand minimaler Verformungsenergie, d.h. sobald der Reifen rollt, wird sich das von allein entspannen. Eine permanente, umlaufende Stauchung außerhalb der Aufstandsfläche bei gleichzeitig in Längsrichtung völlig entspannter Lauffläche ist daher physikalisch einfach nicht plausibel.
Ciao,
Thomas