- Beiträge
- 1.086
Wir hatten ja hier an der Nordseeküste einen Traumsommer, aber wie alles geht auch das vorbei. Neulich war ich abends in Bielefeld verabredet und der Blick auf die Wettervorhersage legte nahe, dass es einer der letzten schönen Tage, wenn nicht gar der letzte, für die nächste Zeit werden könnte. Hmmmm, ob ich wohl mit dem Rad…? Wenn da nicht die Baustelle und andere Verpflichtungen wären…
Der Gedanke hatte sich aber seinen Platz erobert und als ich mit allen Terminen am Vormittag des besagten Tages durch war, war halb elf Uhr durch, gepackt hatte ich auch noch nicht und es waren schließlich über 200km, war das so eine gute Idee? Auf der Feier einschlafen wollte ich ja schließlich nicht.
Aber Gründe, die dagegen sprechen gibt es immer, also habe ich kurzentschlossen bei komoot.de Anfangs- und Zielpunkt eingegeben, die Tour aufs Handy geladen und saß kurz drauf auf meinem Ruderrad und los ging’s. Naja, wenigstens bis zur Doppelschleuse, da war Zwangspause angesagt, da beide Tore offen und dementsprechend die Straße gesperrt war, obwohl weit und breit kein Schiff in Sicht war. Am Ende habe ich da fast eine halbe Stunde verloren (!), wenn ich das gewusst hätte, wäre ich gleich woanders lang gefahren. Um nicht völlig ausgepumpt anzukommen und von der Feier nichts mehr zu haben, hatte ich mir folgende Strategie ausgedacht: Zügiges, aber ruhiges Tempo und wenig Pausen. Im Gegensatz zu früheren Touren gab es nur wenige, aber entscheidende Änderungen in meiner Ausrüstung, an dieser Stelle noch mal vielen Dank für Tipps von anderen Leuten, u.a. @ReneF und @Jedrik. Ich habe eine Deuter Trinkblase mit 3l Wasser und etwas Natron in der Hecktasche und das Mundstück an einer Gummischlaufe um den Hals hängen, so dass ich während der Fahrt immer trinken kann. An Proviant viel weniger als früher: Zwei Bananen, ein paar Müsliriegel und ein bisschen Traubenzucker. So passt mit Reparaturkrams und etwas Wechselkleidung noch alles in die nicht allzu große Hecktasche. Irgendwann war die Straße wieder frei und ich fuhr eine Weile zusammen mit einer Rennradlergruppe, die ich aber um ein weniges zu langsam fand und wir uns ohnehin gegenseitig keinen nennenswerten Windschatten boten. Bei längeren Strecken habe ich gelernt, nur auf mein eigenes Tempogefühl zu achten, also habe ich sie hinter mir gelassen und bin bei bestem Wetter und konstant leichtem Gegenwind Richtung Süden gefahren. Diesen Anfangsteil der Strecke kenne ich gut, so dass ich die komoot Route ein paar Male verlassen habe wo es mir sinnvoll erschien. Bei der mitscrollenden Karte sieht man in diesen Fällen, wo man ist und auch in welcher Richtung man fahren muss, um wieder auf die Route zu treffen, das reicht eigentlich völlig aus. Zwei Baustellen mit angekündigter Vollsperrung habe ich ignoriert und bin wie erhofft mit dem Fahrrad problemlos daran vorbei gekommen. Bei Blumenthal bin ich auf die andere Weserseite übergesetzt und habe während der Fährüberfahrt die erste (und einzige) Banane gegessen und die Sonne genossen. Der folgende Teil der Strecke war mir größtenteils unbekannt und ich bin einfach stur der Route nachgefahren, die komoot für mich rausgesucht hatte, das habe ich früher schon öfter getan und auch diesmal war es größtenteils in Ordnung. Sicher ersetzt so ein Online Router nicht die Ortskenntnis, aber auf Sightseeing hatte ich es ohnehin nicht abgesehen und besonders verkehrsreich war die Strecke nicht, von einigen längeren Landstraßen mal abgesehen, also keine größeren Probleme. Durch Wildeshausen ging es dann weiter nach Süden und von einem Stopp für einen Kaffee abgesehen habe ich ansonsten kein Mal angehalten, allerdings tat mir nach 120km der linke Fuß etwas weh. Ich hatte alles an Werkzeug dabei, bloß den blöden Inbus für den Cleat unter dem linken Schuh nicht (den rechten natürlich auch nicht, aber der saß ja auch richtig). Notiz an mich selbst: Der muss auch mit beim nächsten Mal.
Einen kleinen Schnitzer hat sich komoot bei dieser Route dann aber doch erlaubt: Höhenmeter gehen offenbar nicht in die Auswahl der Route ein. Ich kenne das Wiehengebirge von früher und dachte beim Näherkommen “Er wird doch nicht…”, hatte aber keine Lust, spontan nach einer Ausweichroute zu suchen und tatsächlich wurde ich zur Kahlen Wart raufgescheucht, das ist viel steiler und höher als zur Querung unbedingt nötig und außerdem genau genommen für Fahrräder verboten. Bergrunter auf der anderen Seite habe ich den desolaten Zustand der Fahrbahnoberfläche verflucht und auf 70km/h abgebremst. Das war auch mal gut, da eine Querstraße mit Vorfahrt eine ungebremste Weiterfahrt ohnehin nicht erlaubt hätte. Das tut einem in der Seele weh, die mit dem Anstieg mühsam erkämpfte Energie nicht laufen lassen zu können. Immerhin war ich froh, zwei anständige Scheibenbremsen am Thys 209 zur Verfügung zu haben und nicht wie bei meinem alten 222 auf die kleinen Felgenkneiferchen vertrauen zu müssen.
Am Ende ging die Rechnung aber prima auf, ich war nach weniger als sieben Stunden am Ziel und hätte bis auf meine selbstverschuldeten Probleme mit der linken Ferse gefühlt auch noch viel weiter fahren können. Drei Liter war ein bisschen knapp bei der Hitze, aber ich habe nicht mal den ganzen Proviant gegessen und kam zwar mit Appetit, aber auch ohne das unangenehme Druckgefühl im Magen an. Ich hatte früher angenommen, dass dies wohl vom andauernden Druck der Bauchmuskulatur auf den Magen durch die Ruderbewegung käme, im Rückblick hatte ich bei diesen Touren aber einfach aus Sorge vor dem Mann mit dem Hämmerchen nur zu viel und vor allem zu schwer verdauliche Sachen gegessen, die liegen dann halt wie ein Klumpen im Magen.
Und noch zwei Sachen: Gute Navigation macht schnell und entspannt die Fahrt. Ich hatte das Handy mit mitscrollender Karte am Lenker und habe exakt null Kartenstopps eingelegt. Bei jeder sich nähernden Kreuzung im Vorfeld zu wissen, wo man langfahren muss, entspannt ungemein und man fährt allein deshalb schon schneller, weil man sich nicht ständig fragt, ob man nicht in die falsche Richtung unterwegs ist und gleich in umgekehrter Richtung alles wieder zurückrudern muss (im wahrsten Sinne des Wortes). Und ich kann mir einfach unbekannte Strecken schlecht merken, gerade wenn es viele kleine Straßen und Wege sind, da lässt man sonst unnötig Zeit liegen, das läppert sich nämlich unheimlich. So kam ich nach 210km mit einem 26er Schnitt an und war in keinster Weise abgekämpft, eher euphorisch.
Und der beste Tipp zum Schluss: Wenn man mit längeren Touren liebäugelt, kann man schon hilfreiche Tipps im Internet finden, hoffentlich sind hier auch ein paar dabei gewesen. Aber man muss auch rechtzeitig wieder damit aufhören, sich aufs Rad setzen und einfach hinfahren, darum geht es doch eigentlich.
Prion
Der Gedanke hatte sich aber seinen Platz erobert und als ich mit allen Terminen am Vormittag des besagten Tages durch war, war halb elf Uhr durch, gepackt hatte ich auch noch nicht und es waren schließlich über 200km, war das so eine gute Idee? Auf der Feier einschlafen wollte ich ja schließlich nicht.
Aber Gründe, die dagegen sprechen gibt es immer, also habe ich kurzentschlossen bei komoot.de Anfangs- und Zielpunkt eingegeben, die Tour aufs Handy geladen und saß kurz drauf auf meinem Ruderrad und los ging’s. Naja, wenigstens bis zur Doppelschleuse, da war Zwangspause angesagt, da beide Tore offen und dementsprechend die Straße gesperrt war, obwohl weit und breit kein Schiff in Sicht war. Am Ende habe ich da fast eine halbe Stunde verloren (!), wenn ich das gewusst hätte, wäre ich gleich woanders lang gefahren. Um nicht völlig ausgepumpt anzukommen und von der Feier nichts mehr zu haben, hatte ich mir folgende Strategie ausgedacht: Zügiges, aber ruhiges Tempo und wenig Pausen. Im Gegensatz zu früheren Touren gab es nur wenige, aber entscheidende Änderungen in meiner Ausrüstung, an dieser Stelle noch mal vielen Dank für Tipps von anderen Leuten, u.a. @ReneF und @Jedrik. Ich habe eine Deuter Trinkblase mit 3l Wasser und etwas Natron in der Hecktasche und das Mundstück an einer Gummischlaufe um den Hals hängen, so dass ich während der Fahrt immer trinken kann. An Proviant viel weniger als früher: Zwei Bananen, ein paar Müsliriegel und ein bisschen Traubenzucker. So passt mit Reparaturkrams und etwas Wechselkleidung noch alles in die nicht allzu große Hecktasche. Irgendwann war die Straße wieder frei und ich fuhr eine Weile zusammen mit einer Rennradlergruppe, die ich aber um ein weniges zu langsam fand und wir uns ohnehin gegenseitig keinen nennenswerten Windschatten boten. Bei längeren Strecken habe ich gelernt, nur auf mein eigenes Tempogefühl zu achten, also habe ich sie hinter mir gelassen und bin bei bestem Wetter und konstant leichtem Gegenwind Richtung Süden gefahren. Diesen Anfangsteil der Strecke kenne ich gut, so dass ich die komoot Route ein paar Male verlassen habe wo es mir sinnvoll erschien. Bei der mitscrollenden Karte sieht man in diesen Fällen, wo man ist und auch in welcher Richtung man fahren muss, um wieder auf die Route zu treffen, das reicht eigentlich völlig aus. Zwei Baustellen mit angekündigter Vollsperrung habe ich ignoriert und bin wie erhofft mit dem Fahrrad problemlos daran vorbei gekommen. Bei Blumenthal bin ich auf die andere Weserseite übergesetzt und habe während der Fährüberfahrt die erste (und einzige) Banane gegessen und die Sonne genossen. Der folgende Teil der Strecke war mir größtenteils unbekannt und ich bin einfach stur der Route nachgefahren, die komoot für mich rausgesucht hatte, das habe ich früher schon öfter getan und auch diesmal war es größtenteils in Ordnung. Sicher ersetzt so ein Online Router nicht die Ortskenntnis, aber auf Sightseeing hatte ich es ohnehin nicht abgesehen und besonders verkehrsreich war die Strecke nicht, von einigen längeren Landstraßen mal abgesehen, also keine größeren Probleme. Durch Wildeshausen ging es dann weiter nach Süden und von einem Stopp für einen Kaffee abgesehen habe ich ansonsten kein Mal angehalten, allerdings tat mir nach 120km der linke Fuß etwas weh. Ich hatte alles an Werkzeug dabei, bloß den blöden Inbus für den Cleat unter dem linken Schuh nicht (den rechten natürlich auch nicht, aber der saß ja auch richtig). Notiz an mich selbst: Der muss auch mit beim nächsten Mal.
Einen kleinen Schnitzer hat sich komoot bei dieser Route dann aber doch erlaubt: Höhenmeter gehen offenbar nicht in die Auswahl der Route ein. Ich kenne das Wiehengebirge von früher und dachte beim Näherkommen “Er wird doch nicht…”, hatte aber keine Lust, spontan nach einer Ausweichroute zu suchen und tatsächlich wurde ich zur Kahlen Wart raufgescheucht, das ist viel steiler und höher als zur Querung unbedingt nötig und außerdem genau genommen für Fahrräder verboten. Bergrunter auf der anderen Seite habe ich den desolaten Zustand der Fahrbahnoberfläche verflucht und auf 70km/h abgebremst. Das war auch mal gut, da eine Querstraße mit Vorfahrt eine ungebremste Weiterfahrt ohnehin nicht erlaubt hätte. Das tut einem in der Seele weh, die mit dem Anstieg mühsam erkämpfte Energie nicht laufen lassen zu können. Immerhin war ich froh, zwei anständige Scheibenbremsen am Thys 209 zur Verfügung zu haben und nicht wie bei meinem alten 222 auf die kleinen Felgenkneiferchen vertrauen zu müssen.
Am Ende ging die Rechnung aber prima auf, ich war nach weniger als sieben Stunden am Ziel und hätte bis auf meine selbstverschuldeten Probleme mit der linken Ferse gefühlt auch noch viel weiter fahren können. Drei Liter war ein bisschen knapp bei der Hitze, aber ich habe nicht mal den ganzen Proviant gegessen und kam zwar mit Appetit, aber auch ohne das unangenehme Druckgefühl im Magen an. Ich hatte früher angenommen, dass dies wohl vom andauernden Druck der Bauchmuskulatur auf den Magen durch die Ruderbewegung käme, im Rückblick hatte ich bei diesen Touren aber einfach aus Sorge vor dem Mann mit dem Hämmerchen nur zu viel und vor allem zu schwer verdauliche Sachen gegessen, die liegen dann halt wie ein Klumpen im Magen.
Und noch zwei Sachen: Gute Navigation macht schnell und entspannt die Fahrt. Ich hatte das Handy mit mitscrollender Karte am Lenker und habe exakt null Kartenstopps eingelegt. Bei jeder sich nähernden Kreuzung im Vorfeld zu wissen, wo man langfahren muss, entspannt ungemein und man fährt allein deshalb schon schneller, weil man sich nicht ständig fragt, ob man nicht in die falsche Richtung unterwegs ist und gleich in umgekehrter Richtung alles wieder zurückrudern muss (im wahrsten Sinne des Wortes). Und ich kann mir einfach unbekannte Strecken schlecht merken, gerade wenn es viele kleine Straßen und Wege sind, da lässt man sonst unnötig Zeit liegen, das läppert sich nämlich unheimlich. So kam ich nach 210km mit einem 26er Schnitt an und war in keinster Weise abgekämpft, eher euphorisch.
Und der beste Tipp zum Schluss: Wenn man mit längeren Touren liebäugelt, kann man schon hilfreiche Tipps im Internet finden, hoffentlich sind hier auch ein paar dabei gewesen. Aber man muss auch rechtzeitig wieder damit aufhören, sich aufs Rad setzen und einfach hinfahren, darum geht es doch eigentlich.
Prion