Eurotour 2014

Wind Nordost, Startbahn 0 Hä? Ich bin doch noch in Hamburg Finkenwerder und nicht in Fuhlsbüttel. Was hat hier der Flughafen mit all den Hangars, dem Tower und 2 größeren Flugzeugen zu suchen? Ach so, die Beschilderung weist auf einen Hamburger Hersteller von fliegenden Reisebussen hin. Rätsel gelöst.
Heute stach der Stern, der mäßige Wind wehte von vorn, ein Bäcker warnte vor einer fürchterlichen Durststrecke
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Von 5 km, die Harburger Hügel habe ich verpasst, wurde aber auf der rechten Elbseite mit einigen Bodenunebenheiten und zwei Straßensperrungen entschädigt undfühle mich immer noch gut.
 
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Bei der erreichten Spitzengeschwindigkeit hat das rechte Fahrzeug einen kleinen Vorsprung von ca. 200 km/h. Aber beim fotografiert Werden einen uneinholbaren Rückstand. Hier warten wir in Kiel auf das Einschiffen nach Oslo.
 
Hallo Archetyp,

bitte gaanz viel solche Berichte, damit die "Daheimgebliebenen" (wie Pfriemler und ich) sehen was sie verpassen.(y)

Ja, auch ich werde Euch nicht in Rostock treffen. :cry: Eine 160 km -Tour schaff ich nicht, vor allem nicht schnell genug. Ich möchte nicht bei meiner ersten großen Tour als Bremse auffallen. :oops:
Irgendwann fahr ich auch so eine große Tour.

Der Orca sieht schickt aus.

viele Grüße Ute
 
Bitte gebt Bescheid, wann und wo Ihr in Rostock seid! Ich habe heute dort die GBSR-Fahrer getroffen (war seeehr nett:)) und würde auch Euch und eure VMs gern mal persönlich kennen lernen;)
 
Ich war die ersten beiden Tage bei der Eurotour dabei. Hier ein kurzer Bericht:

Die meisten Teilnehmer kamen vormittags mit den Fähren aus Kopenhagen und Kiel an. Treffpunkt war mittags vor dem Rathaus. Ich bin morgens zum Filipstad-Kai gefahren, wo die Fähre aus Kiel anlegt, um die Deutschen abzuholen. Die Fähre kam zwar früher als üblich an, aber es gab am Vortrag eine diffuse Terrorwarnung für Oslo - und entsprechend wurde jedes Fahrzeug penibel kontrolliert, was bei 700 Fahrzeugen eine Weile dauert. Nach eineinhalb Stunden kamen endlich zwei Velomobile in Sicht - Thomas und Peter mit ihren Orcas. Nach einigen Absagen waren sie die einzigen auf dieser Fähre.

Dann fuhren wir ins Zentrum, und trafen die Dänen vor dem Friedensnobelpreis-Museum. Kurz darauf tauchte dann Carl Georg Rasmussen auf. Dann fehlten nur noch die Teilnehmer, die via Jütland kamen. Sie sind gemeinsam per Fähre nach Larvik gekommen, und dann weiter über Numedalen nach Hurum, und von dort aus morgens nach Oslo. Weil dieses Stück sehr hügelig ist, hat es etwas länger gedauert. Nach dem Startfoto vor dem Rathaus ging es dann los. Carl Georg war schon vorher verschwunden.

Vorbei an Akershus festning und der Oper ging es Richtung Ekeberg; die Straße haben wir erst auf den zweiten Anlauf gefunden. Erste Lektion: Oslo ist Dauerbaustelle, und südlich des Hauptbahnhofs stimmen keine Karten, und alle paar Monate ändert sich die Straßenführung. Zweite Lektion: Norwegen hat Berge. Obwohl wir mehr oder weniger dem Fjord folgen, aber die Schnellstraße unten an der Küste meiden wollen, bleibt nur der Ekeberg, den wir in der Sommerhitze erklimmen. Auch dort wird gebaut; die Straße ist abgefräst, und Arbeiter räumen die Steine von der Straße auf den Radweg, damit die Autos nicht behindert werden.

Ab Liabru geht es auf den Radweg; dritte Lektion: Norwegische Radwege sind nichts für Velomobile. Oder überhaupt für Radfahrer. Sie sind unübersichtlich, steil, gelegentlich ungeteert, gelegentlich mit Engstellen, wo man ein Velomobil anheben muss ... aber wir haben ja Zeit.

Hinter Ski beschert uns die E18 viel Verkehr, bis dann bei Spydeberg endlich die Autobahn beginnt. Und dann geht es auf ruhigeren Straßen durch das Østfold; eine hügelige, sehr landwirtschaftliche Gegend. In Skiptvet kaufen wir ein, und dann geht es die letzten Kilometer zum Campingplatz. Vierte Lektion: Kleine Nebenstraßen folgen der Topographie, d.h. bei Quertälern geht es steil runter und auf der anderen Seite wieder steil hoch, garniert mit engen Kurven. Und danach wieder komplett runter bis ans Wasser, wo der Campingplatz ist. Es sieht aus wie ein Fjord oder See, ist aber die Glomma, Norwegens längster Fluss, der träge dahinfließt.

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Fortsetzung:

Obwohl wir wirklich nicht schnell gefahren sind, sind wir die ersten auf dem Campingplatz. Nach und nach trudeln die anderen Teilnehmer ein, irgendwann auch Carl Georg. Er fährt nicht vollverkleidet, sondern hat die Karosserie seiner Leitra zu Hause gelassen - er denkt, bis Kopenhagen wird es nicht regnen, und dort könnte er sie mitnehmen. Und auch sein sonstiges Equipment fällt aus dem Rahmen: Er hat einen riesigen Schlafsack dabei, der ihm seit 25 Jahren treue Dienste leistet, und ein sicherlich ähnlich altes Hauszelt, während wir Weicheier Hightech-Ausrüstung haben. Abends gehen die meisten von uns schwimmen, und später sitzen wir noch zusammen und trinken Bier.

Gegen halb acht morgens wird es unruhig, die Velomobilfahrer werden aktiv. Außer einer; der Platz neben mir ist leer, Carl Georg muss schon kurz nach Sonnenaufgang losgefahren sein. Bis wir uns dann auf den Weg machen, wird es trotzdem nach neun.

Hinter dem Campingplatz geht es erst einmal 100 Höhenmeter rauf, nur um einige Kilometer weiter die Glomma noch einmal zu queren. Und bald darauf bin ich in Sarpsborg, wo ich ein paar Dänen, die vorher losgefahren sind, eingeholt habe. Wir setzen uns in ein Café. ich erfahre, dass es den ersten Ausfall gibt - Peter aus Holland, in seinem Quest ist die Umlenkrolle gebrochen. Vermutlich an dem Berg hinter dem Campingplatz. Er muss wohl irgendwie die 20 km bis Sarpsborg kommen, kann dort einen Zug nehmen bis Göteborg, und vielleicht dort eine Ersatzrolle bekommen.

Ich zumindest verlasse die Tour schon wieder - erstens kenne ich die Strecke, zweitens ist die Hitze brutal (über 30°C, eine solche Hitze hat es in Norwegen seit Jahren nicht mehr gegeben), außerdem haben mich Freunde eingeladen. Und so drehe ich um, fahre nach Moss, mit der Fähre nach Horten, und weiter über Drammen und Spikkestad nach Oslo. Trotz meines kurzen Gastspiels: War sehr schön, habe viele nette Leute kennen gelernt, und bin bei der nächsten Tour länger dabei.

Meine GPS-Aufzeichnung: http://christoph-moder.de/hobbies/fahrrad/tracker/tracker_eurotour_oslo-berlin_2014.php

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High noon in Oslo
Die Temperatur lag bei über 30 grad und doch fuhren wir los in den sonnigen Süden nach Glennetange an der Glomma, nur 90 km. Gleich beim ersten Anstieg dachte ich an Aufgabe, aber dieses Mal nicht mit mir! Zusammen mit Bert (lila-gelbes Mango) und John (Carbon Quest xs) navigierten wir uns aus der Osloer Gegend heraus. Dann musste ich beide ziehen lassen. Aber ich kam gut bis Skiptvet. Jetzt nur noch die zwei Kilometerchen zum Fluss runter und .... 14 km später war ich am Ziel, mal mit 60, mal mit 3 km/h; denn die Landschaft war extra für uns nachonduliert...
 
26.7.2014 Glennetangen — Strömstad 70 km
Jeder wählte seine Abfahrtszeit und sein Tempo, Carl-Georg Rasmussen fuhr besonders früh los und war Abends auch rechtzeitig am Tagesziel. Weil ich nach 70 km die Nachricht bekam, dass der vorgesehene Campingplatz voll war und ich nichts riskieren wollte, nahm ich den Campingplatz, an dem ich gerade vorbeikam.

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27.7.2014 Dynecamping (40 km N von Strömstad) — Göteborg 100 km
Ich fuhr mal los und erwischte nach 70 km die ersten Tropfen einer Gewitterzelle, entschied mich nahe einem Dorf für einen Cheat mit der schwedischen Staatsbahn, fragte an einer Tankstelle Sonntagmittag um halb 2 einen Vitofahrer im Dienst nach dem nächsten Bahnhof. "Der ist noch einige km entfernt", war seine Antwort, aber bot mir an, mich samt ORCA ins Auto zu packen, und so erhielt ich einen Lift von 40 km nach Uddevalla durch den strömenden Regen, dann einen Zug nach Ytterby, nach dem das Element Ytterbium benannt ist, dann noch 40 km bis zum Campingplatz bei Göteborg.
 
28.7.2014 Göteborg — Halmstad 167 km
Jetzt mal ganz ehrliche 160 km (Es wurden 167). Langsam hatte ich mich an die Naturdrempels (Hügel) Schwedens gewöhnt. Ich fuhr Wieder mit John und Bert die ersten km zum gemeinsamen Herausnavigieren aus der Stadt, beide zischten dann ab und ich hielt mich erfolgreich an die gleichmäßige Fahrweise, die mir CG letztes Jahr gezeigt hatte. Etwas habe ich doch gemogelt. Denn ich hatte noch früh am Morgen eine Mütze voll Rückenwind bestellt. Und: die Bestellung wurde ausgeführt!ImageUploadedByTapatalk1406984405.829753.jpg
Das war noch der Cheat vom Vortag.
 
29.7. Halmstad — Toppevad 128 km
Weil es schon erste Entzugserscheinungen in Sachen ordentliche Anstiege gab, haben die Schweden nahe bei Ängelholm extra noch eine Bodenunebenheit mit 200 hm in die Landschaft gestellt. Auch die war zu überwinden. Auf der Fähre von Helsingborg nach Helsingør ist eine Schiene eingelassen, um Fahradreifenproduzenten zu unterstützen. Der erste Kojak war hinüber, trug mich allerdings trotz eingerissener Flane bis zum Tagesziel. In Toppevad trafen wir uns alle beim Onkel Velomobildoktor im dortigen Velomobilcenter. Das Famen vulgare (gemeiner Hunger) wurde mit einem großartigen Barbequeue, der Sitis maximus (gewaltige Durst) mit Tuborg, H2 O, und anderem behandelt. Im großen OP-Saal war die ganze Nacht Betrieb. Denn es waren nicht nur Zipperlein an einigen Velomobilen zu behandeln ...

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Auf der Fähre mit dem Kojakkiller im Boden

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In der Werkstatt

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Zisch!!!

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Leitraproduktionsstisch

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ORCA-Endmontage

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Schau mir in die Augen ...
 
30.7.2014 Toppevad — Rostock ... 105 km
... Haste dir wohl gedacht. Leichter Regen und die berüchtigten Flintstones, die sich dank der Oberflächenspannung des Wassers aufrichteten, bescherten mir drei Plattfüße und einen nicht mehr verkehrssichern Hinterreifen. So blieb ich nach 100 km über Nacht in Vordingborg. Dort nahm ich als Quartier ein Hotel, wo es sowohl eine Waschmaschine als auch einen Trockner gab. Am nächsten Vormittag war ich mit Flicken und dem Erstmaligen Aufziehen eines Marathon plus beschäftigt.
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Bus stop?

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Pit stop!
 
31.7.2014 Vordingborg —Rostock 80 km oder so
Auf flacher Strecke fühlte ich richtig schnell (Tacho hat gerade Urlaub), und ich glaubte sogar, noch die 15:30h-Fähre nach Warnemünde zu erreichen, bis dass 10 km vor Gedser der Radverkehr auf eine hügelige und extrarauhe Straße umgeleitet wurde. So gönnte ich mir den letzten dänischen Kaffee und für die Nacht in Rostock ein etwas teureres Quartier.
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Alter Markt in Rostock
 
1.8.2014 (Rostock) Glansee — Berlin 70 km
Mit dem Zug ging es nach Glansee, denn ich wollte gerne wieder den Rest der Truppe sehen. Nach 40 km traf ich Thomas, mit dem zusammen ich bis zum Campingplatz in Berlin-Siemensstadt fuhr. Zweimal wunderte ich mich, dass ich fürchterlich schwächelte. Kein Wunder, wenn der rechte Vorderreifen platt ist. Mit dem vorletzten Flicken kam ich im Quartier an.
Jetzt noch auf zum Brandenburger Tor!
Dort gab es die letztes Erinnerungsphotos und die ersten Abschiede.
Beim Abendessen zischte es irgendwo von den geparkten Velomobilen her. Wieder der rechte Vorderreifen! Das Ventil war leck.
Summa summarum: Verloren habe ich einige Kilogramm, gewonnen habe ich einige Erfahrungen mit einer guten Truppe von Velonauten, ich fühle mich großartig und hänge jetzt meine kleine Heimreise an.
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Der Mann, der das angezettelt hat

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Schöner Parkplatz für mein Velomobil

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Teilgruppenbild

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Hosanna John in the Highet

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Wir sind angekommen

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Danke, Carl Georg (Bild von 2013)

Dank an alle Teilnehmer und Unterstützer!
 
Die Eurotour 2014 ist seit 10 Tagen beendet, am Freitag, dem 1. August kamen wir in Berlin an. Archetyp hat den Verlauf sehr gut dokumentiert. Da bleibt mir eine kurze, persönliche Zusammenfassung. Velomoblisten könnte interessieren die Streckenführung, der Verkehr, die Fahrt in der Gruppe und meine Erfahrung mit der Orca.

Die Gruppe
Die Tour war sehr frei und minimalistisch organisiert. C.G. Rasmussen hatte eingeladen. Fest stand: Wir treffen uns um high noon am Rathaus von Oslo. Wer wie mit seinem VM dahin kommt, blieb jedem selbst überlassen. Und es klappte: Um 13:30 waren alle 14 Teilnehmer da, darunter 6 Dänen, 3 Deutsche, 2 Norweger, 2 Niederländer und 1 Neuseeländer, der in GB wohnt. Genau, es waren alles Männer. An VMs waren vertreten: 4 Quest, 3 Strada, 3 Orca, 1 Milan, 1 go-one Evo-Ks (in den ersten Tagen), 1 Mango und 1 Leitra (ab Rostock eine 2. Leitra).

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Während der Fahrt fuhren wir nur selten und dann nur kurz mit allen gemeinsam. Es bildeten sich kleine Gruppen von 2 bis 4 Fahrern, andere fuhren lieber allein. Das wechselte aber auch im Laufe eines Tages. So fuhr ich vielleicht allein los, traf unterwegs jemanden und wir fuhren ein Stück zusammen, bis wir einen anderen trafen ... etc. Für den Notfall hatte ich ein paar Mobilnummern, aber der trat bei mir nicht ein.

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Abgesprochen war für jeden Tag ein Campingplatz als Zielort. Außer am 2. Tag, in Grebbestad - dieser Platz war so voll, dass zwischen die Wohnwagen und -mobile kein Handtuch mehr passte - klappte das auch. Nach Grebbestad hatte ich zuerst ein wenig Sorge, dass es so weiter gehen könnte, aber das war nicht der Fall. Die kommenden Plätze waren überwiegend recht schön, wir konnten nach der Fahrerei schwimmen und/oder uns bei einem gemeinsamen Bier abkühlen. Zumeist waren am Abend auch alle da. Wenn einer fehlte, erschien er am übernächsten Tag wieder. Am Abend gab es interessante Gespräche, nicht nur über VMs. Insgesamt habe ich die Gruppe als recht unterstützend und dabei als überhaupt nicht aufdringlich erlebt. Jeder konnte seinen Interessen nachgehen, und doch gab es einen Zusammenhalt. Ich finde schön, dass das geht.

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Während der Tour kam es zu einigen schwierigen Momenten, das bleibt auf einer solchen langen Fahrt nicht aus. Bert hatte sich mit seinem Mango überschlagen und machte mit Schürfwunden an beiden Schultern und Armen weiter. Mein Respekt. Peter aus den Niederlanden riss bei seinem Quest die Umlenkrolle am Berg. Er hatte aber für sein VM so etwas wie eine ADAC-Rückholversicherung. (Weiß jemand, ob es sowas auch in Deutschland gibt???) Er ließ sich nach Göteborg bringen. Und André, vom Velomobilcenter DK bei Kopenhagen, brachte ihm persönlich eine neue Rolle und er konnte die Fahrt zuende machen. Der Service hat mich sehr berührt.

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Überhaupt André, Yoan und Pernelle vom Velomobilcenter DK in Ganløse, nördlich von Kopenhagen. Sie haben die Halle von C.G. Rasmussen übernommen, in der er früher seine Leitra-Werkstatt hatte. Sie organisierten für uns ein BBQ und schraubten für die, die es nötig hatten, die ganze Nacht durch. Die Begeisterung dieser jungen Leute für VMs war eine wahre Freude und ich kann sie nur anerkennen und ihnen viel Erfolg wünschen.

Die Strecke
Auf dem Hinweg von Köln bin ich über die Niederlande, Ostfriesland, Niederelbe und Holstein nach Kiel gefahren. Da ich Zeit hatte, habe ich mir nicht die kürzeste Verbindung, sondern möglichst wenig verkehrsreiche Strassen, die aber geteert sind, ausgesucht. Das Ziel habe ich fast erreicht und ich bin insgesamt mit meiner Streckenplanung zufrieden. Ich weiss, für manchen VM-Fahrer gibt es immer Streckenbedarf, wen es interessiert, dem biete ich die Strecke zum Download:

1. Köln-Winterswijk (170 km)
2. Winterswijk-Leer (190 km)
3. Leer-Wanna (150km)
4. Wanna-Lübeck (180 km)
5. Lübeck-Kiel (95 km)

Von Kiel bin ich mit der Fähre übergesetzt, nicht billig, aber komfortabel. Ich fand es schön, mir mit Peter, der auch eine Orca fährt, ein Zimmer zu teilen. Und so gestaltete sich diese Etappe als recht kurzweilig.

Ab Oslo begann die offizielle Strecke, die C.G. und Peer geplant hatten. Beide haben, glaube ich, die Philosophie der kürzesten Verbindung von A nach B. Das war für mich z.T. recht abenteuerlich; doch besonders in Norwegen/Schweden und hinter Rostock, war mir die Strecke definitiv zu verkehrsreich.

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Die Etappen waren gemütlich zu bewältigen. Allein die Strecke Kopenhagen-Gedser fuhr ich -für meine Verhältnisse - richtig schnell. Ich wollte die Fähre um 15:30 Uhr bekommen. In 6 1/2 Stunden schaffte ich es , war sogar noch eine Stunde vorher da. Und wen treffe ich ? C.G.!

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Nach der Erfahrung mit Etappe 7 (Rostock-Ziernsee auf sehr enger, stark mit LKW-Verkehr befahrener Bundesstrasse) habe ich die Etappe 8, nach Berlin rein, noch einmal selbst, für mich gestaltet. Die anderen waren aber mit der Ursprungsstrecke zufrieden, und so fuhr ich diese allein. Ich wollte etwas mehr von den schönen Mecklenburger Seen, ohne vom Verkehr zu sehr gestört zu werden, mitbekommen. Die letzten 20 km in Berlin fuhr ich aber wieder den „offiziellen Weg“. Der war o.k. und ich traf Peter in seiner Orca wieder. Vielleicht liegt es an meinem Kölner Alltag oder es liegt an meinem Alter: Verkehrsreiche Strassen kenne ich, und das geht ja in der Regel auch mit dem VM ganz gut zu bewältigen, aber in den Ferien mag ich es lieber etwas ruhiger.

Die Orca
Die Orca habe ich seit Dezember 2013 und es war meine erste grosse Tour mit ihr. Die letzte EuroTour fuhr ich noch mit meiner alten Leitra; musste aber leider nach der Hälfte wegen eines schweren Defektes abbrechen. Unter den Teilnehmern war ich zunächst der einzige mit E-Ünterstützung. (C.G. tauschte in Kopenhagen seine Leitra und fuhr dann eine mit Bion X- Unterstützung). Daß sich VM-Puristen darüber zunächst etwas lustig machen, kenne ich, aber ich kann gut mitlachen. Die Unterstützung schätze ich sehr. Mit über 10kg Gepäck sind lange Steigungen oder kurze Rampen keine große Anstrengung mehr. Und dennoch, man muss schon selbst treten. Und am Ende eines Tages weiß ich, was ich geschafft habe. Die Batterie der Orca reichte auch für lange Etappen, bis fast 200 km. In dem Fall muss man allerdings „taktisch“ fahren. So habe ich den Antrieb erst ab Mittag, wenn weniger als 100 Rest-km zu fahren waren, ganz auf die mittlere Stufe zugeschaltet. Bis dahin habe ich ihn nur an Anstiegen im eco-Modus angeschaltet. So reichte der Saft immer bis zum Schluss. Zuhause, mit nur wenig oder gar kein Gepäck, schafft die Batterie im mittleren Modus ca. 140 km. Wie das andere Orca-Fahrer machen, daran wäre ich interessiert.

Vorn habe ich mir vorher 2 neue Kojaks aufgezogen, hinten war der Marathon plus noch in Ordnung. Ich hatte keinen Platten und auch sonst keinen Defekt. Das VM fuhr Spur-stabil auch bei holperigen Teilstücken, schnellen und steilen Abfahrten. Mit Gepäck traute ich mich bis zu 65 km/h. Die Durchschnittsgeschwindigkeit lag am Ende des Tages so bei 27 km/h. Die Trommelbremsen taten ihren Dienst. Ich hatte noch ein Europa-Fähnchen angebracht und wurde gut gesehen; auf der ganzen Tour habe ich keine wirklich gefährliche Situation bemerkt. Auch bei der z.T. grossen Hitze (bis zu 35 Grad, fast immer um die 30 Grad) war es im Inneren des Gefährtes o.k. An manchen Tagen musste ich aber unterwegs bis zu 8l Wasser trinken. Das Verdeck hatte ich zuhause gelassen. Dank an die Vrielings für ein solch schönes und zuverlässiges Teil!

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Zum Schluß kann ich nur sagen, die Tour war für mich ein Abenteuer. Jeder Tag war anders und brachte neue Überraschungen. Dabei war es aber im Rahmen, ich fühlte mich nie überfordert. Was bleibt sind sicher die Begegnungen mit Menschen, die versuchen, neue Wege, abseits von immer stärkerer Motorisierung zu gehen. Und das sind interessante Leute, die sich auch über andere Fragen sozialer Organisation Gedanken machen. Ich habe Gegenden kennengelernt, wo ich zuvor noch nie war und die ich mir ganz anders vorgestellt hatte. Und ich bin froh, daß ich dieses Mal die Tour zu Ende fahren konnte. Wer weiß, vielleicht fahre ich noch einmal mit. C.G. deutete an, es gebe bereits Pläne für das nächste Jahr...

Thomas
 
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