Die
Eurotour 2014 ist seit 10 Tagen beendet, am Freitag, dem 1. August kamen wir in Berlin an. Archetyp hat den Verlauf sehr gut dokumentiert. Da bleibt mir eine kurze, persönliche Zusammenfassung. Velomoblisten könnte interessieren die Streckenführung, der Verkehr, die Fahrt in der Gruppe und meine Erfahrung mit der Orca.
Die Gruppe
Die Tour war sehr frei und minimalistisch organisiert. C.G. Rasmussen hatte eingeladen. Fest stand: Wir treffen uns um high noon am Rathaus von Oslo. Wer wie mit seinem VM dahin kommt, blieb jedem selbst überlassen. Und es klappte: Um 13:30 waren alle 14 Teilnehmer da, darunter 6 Dänen, 3 Deutsche, 2 Norweger, 2 Niederländer und 1 Neuseeländer, der in GB wohnt. Genau, es waren alles Männer. An VMs waren vertreten: 4 Quest, 3 Strada, 3 Orca, 1 Milan, 1 go-one Evo-Ks (in den ersten Tagen), 1 Mango und 1 Leitra (ab Rostock eine 2. Leitra).
Während der Fahrt fuhren wir nur selten und dann nur kurz mit allen gemeinsam. Es bildeten sich kleine Gruppen von 2 bis 4 Fahrern, andere fuhren lieber allein. Das wechselte aber auch im Laufe eines Tages. So fuhr ich vielleicht allein los, traf unterwegs jemanden und wir fuhren ein Stück zusammen, bis wir einen anderen trafen ... etc. Für den Notfall hatte ich ein paar Mobilnummern, aber der trat bei mir nicht ein.
Abgesprochen war für jeden Tag ein Campingplatz als Zielort. Außer am 2. Tag, in Grebbestad - dieser Platz war so voll, dass zwischen die Wohnwagen und -mobile kein Handtuch mehr passte - klappte das auch. Nach Grebbestad hatte ich zuerst ein wenig Sorge, dass es so weiter gehen könnte, aber das war nicht der Fall. Die kommenden Plätze waren überwiegend recht schön, wir konnten nach der Fahrerei schwimmen und/oder uns bei einem gemeinsamen Bier abkühlen. Zumeist waren am Abend auch alle da. Wenn einer fehlte, erschien er am übernächsten Tag wieder. Am Abend gab es interessante Gespräche, nicht nur über VMs. Insgesamt habe ich die Gruppe als recht unterstützend und dabei als überhaupt nicht aufdringlich erlebt. Jeder konnte seinen Interessen nachgehen, und doch gab es einen Zusammenhalt. Ich finde schön, dass das geht.
Während der Tour kam es zu einigen schwierigen Momenten, das bleibt auf einer solchen langen Fahrt nicht aus. Bert hatte sich mit seinem Mango überschlagen und machte mit Schürfwunden an beiden Schultern und Armen weiter. Mein Respekt. Peter aus den Niederlanden riss bei seinem Quest die Umlenkrolle am Berg. Er hatte aber für sein VM so etwas wie eine ADAC-Rückholversicherung. (Weiß jemand, ob es sowas auch in Deutschland gibt???) Er ließ sich nach Göteborg bringen. Und André, vom Velomobilcenter DK bei Kopenhagen, brachte ihm persönlich eine neue Rolle und er konnte die Fahrt zuende machen. Der Service hat mich sehr berührt.
Überhaupt André, Yoan und Pernelle vom Velomobilcenter DK in Ganløse, nördlich von Kopenhagen. Sie haben die Halle von C.G. Rasmussen übernommen, in der er früher seine Leitra-Werkstatt hatte. Sie organisierten für uns ein BBQ und schraubten für die, die es nötig hatten, die ganze Nacht durch. Die Begeisterung dieser jungen Leute für VMs war eine wahre Freude und ich kann sie nur anerkennen und ihnen viel Erfolg wünschen.
Die Strecke
Auf dem Hinweg von Köln bin ich über die Niederlande, Ostfriesland, Niederelbe und Holstein nach Kiel gefahren. Da ich Zeit hatte, habe ich mir nicht die kürzeste Verbindung, sondern möglichst wenig verkehrsreiche Strassen, die aber geteert sind, ausgesucht. Das Ziel habe ich fast erreicht und ich bin insgesamt mit meiner Streckenplanung zufrieden. Ich weiss, für manchen VM-Fahrer gibt es immer Streckenbedarf, wen es interessiert, dem biete ich die Strecke zum Download:
1. Köln-Winterswijk (170 km)
2. Winterswijk-Leer (190 km)
3. Leer-Wanna (150km)
4. Wanna-Lübeck (180 km)
5. Lübeck-Kiel (95 km)
Von Kiel bin ich mit der Fähre übergesetzt, nicht billig, aber komfortabel. Ich fand es schön, mir mit Peter, der auch eine Orca fährt, ein Zimmer zu teilen. Und so gestaltete sich diese Etappe als recht kurzweilig.
Ab Oslo begann die offizielle Strecke, die C.G. und Peer geplant hatten. Beide haben, glaube ich, die Philosophie der kürzesten Verbindung von A nach B. Das war für mich z.T. recht abenteuerlich; doch besonders in Norwegen/Schweden und hinter Rostock, war mir die Strecke definitiv zu verkehrsreich.
Die Etappen waren gemütlich zu bewältigen. Allein die Strecke Kopenhagen-Gedser fuhr ich -für meine Verhältnisse - richtig schnell. Ich wollte die Fähre um 15:30 Uhr bekommen. In 6 1/2 Stunden schaffte ich es , war sogar noch eine Stunde vorher da. Und wen treffe ich ? C.G.!
Nach der Erfahrung mit Etappe 7 (Rostock-Ziernsee auf sehr enger, stark mit LKW-Verkehr befahrener Bundesstrasse) habe ich die Etappe 8, nach Berlin rein, noch einmal selbst, für mich gestaltet. Die anderen waren aber mit der Ursprungsstrecke zufrieden, und so fuhr ich diese allein. Ich wollte etwas mehr von den schönen Mecklenburger Seen, ohne vom Verkehr zu sehr gestört zu werden, mitbekommen. Die letzten 20 km in Berlin fuhr ich aber wieder den „offiziellen Weg“. Der war o.k. und ich traf Peter in seiner Orca wieder. Vielleicht liegt es an meinem Kölner Alltag oder es liegt an meinem Alter: Verkehrsreiche Strassen kenne ich, und das geht ja in der Regel auch mit dem VM ganz gut zu bewältigen, aber in den Ferien mag ich es lieber etwas ruhiger.
Die Orca
Die Orca habe ich seit Dezember 2013 und es war meine erste grosse Tour mit ihr. Die letzte EuroTour fuhr ich noch mit meiner alten Leitra; musste aber leider nach der Hälfte wegen eines schweren Defektes abbrechen. Unter den Teilnehmern war ich zunächst der einzige mit E-Ünterstützung. (C.G. tauschte in Kopenhagen seine Leitra und fuhr dann eine mit Bion X- Unterstützung). Daß sich VM-Puristen darüber zunächst etwas lustig machen, kenne ich, aber ich kann gut mitlachen. Die Unterstützung schätze ich sehr. Mit über 10kg Gepäck sind lange Steigungen oder kurze Rampen keine große Anstrengung mehr. Und dennoch, man muss schon selbst treten. Und am Ende eines Tages weiß ich, was ich geschafft habe. Die Batterie der Orca reichte auch für lange Etappen, bis fast 200 km. In dem Fall muss man allerdings „taktisch“ fahren. So habe ich den Antrieb erst ab Mittag, wenn weniger als 100 Rest-km zu fahren waren, ganz auf die mittlere Stufe zugeschaltet. Bis dahin habe ich ihn nur an Anstiegen im eco-Modus angeschaltet. So reichte der Saft immer bis zum Schluss. Zuhause, mit nur wenig oder gar kein Gepäck, schafft die Batterie im mittleren Modus ca. 140 km. Wie das andere Orca-Fahrer machen, daran wäre ich interessiert.
Vorn habe ich mir vorher 2 neue Kojaks aufgezogen, hinten war der Marathon plus noch in Ordnung. Ich hatte keinen Platten und auch sonst keinen Defekt. Das VM fuhr Spur-stabil auch bei holperigen Teilstücken, schnellen und steilen Abfahrten. Mit Gepäck traute ich mich bis zu 65 km/h. Die Durchschnittsgeschwindigkeit lag am Ende des Tages so bei 27 km/h. Die Trommelbremsen taten ihren Dienst. Ich hatte noch ein Europa-Fähnchen angebracht und wurde gut gesehen; auf der ganzen Tour habe ich keine wirklich gefährliche Situation bemerkt. Auch bei der z.T. grossen Hitze (bis zu 35 Grad, fast immer um die 30 Grad) war es im Inneren des Gefährtes o.k. An manchen Tagen musste ich aber unterwegs bis zu 8l Wasser trinken. Das Verdeck hatte ich zuhause gelassen. Dank an die Vrielings für ein solch schönes und zuverlässiges Teil!
Zum Schluß kann ich nur sagen, die Tour war für mich ein Abenteuer. Jeder Tag war anders und brachte neue Überraschungen. Dabei war es aber im Rahmen, ich fühlte mich nie überfordert. Was bleibt sind sicher die Begegnungen mit Menschen, die versuchen, neue Wege, abseits von immer stärkerer Motorisierung zu gehen. Und das sind interessante Leute, die sich auch über andere Fragen sozialer Organisation Gedanken machen. Ich habe Gegenden kennengelernt, wo ich zuvor noch nie war und die ich mir ganz anders vorgestellt hatte. Und ich bin froh, daß ich dieses Mal die Tour zu Ende fahren konnte. Wer weiß, vielleicht fahre ich noch einmal mit. C.G. deutete an, es gebe bereits Pläne für das nächste Jahr...
Thomas